Bottrop-Kirchhellen. Für das Stutzen einer Kopfweide braucht Kreisjäger Peter Kleimann zwei Stunden. Was die Bäume für die Natur so wertvoll macht.

Wer aufmerksam durch Bottrop läuft, hat an vielen Stellen Pflegemaßnahmen an Bäumen beobachten können. Oftmals erscheint das Kürzen der Äste rabiat. Der Grund dahinter: Erhaltung des Landschaftsbildes und Naturschutz.

Kreisjäger stutzt Kopfweiden in Kirchhellen schon seit 20 Jahren regelmäßig

An der Kreuzung Hoheheideweg und Burenbrock in Kirchhellen ist Kreisjäger Peter Kleimann an diesem Morgen im Einsatz. Heutige Aufgabe: die Kürzung der Kopfweiden auf knappe drei Meter. Seit zwanzig Jahren ist der Kreisjäger an dieser Stelle, und vielen weiteren in Kirchhellen, dafür da, dass die Kopfweiden gestutzt werden: „Jedes Jahr im Wechsel schneiden wir die Kopfweiden. Eine bleibt stehen, die andere wird gestutzt. Damit die Bäume sich entfalten können, werden sie jedes zweite Jahr geschnitten.“

Jagdpächter Peter Kleimann zum Kopfweiden-Schnitt: „Damit die Bäume sich entfalten können, werden sie jedes zweite Jahr geschnitten.“ 
Jagdpächter Peter Kleimann zum Kopfweiden-Schnitt: „Damit die Bäume sich entfalten können, werden sie jedes zweite Jahr geschnitten.“  © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Kopfweiden sind wahre Wunder der Natur, weiß der Experte: Das Schneiden schadet nicht der Umwelt, im Gegenteil. Durch die Abholzung können sich andere Samen verteilen und die Bäume gesund gehalten werden. Viele der Bäume seien über 80 Jahre alt, und die abgeschnittenen Äste werden entsorgt und weiter verarbeitet. Aus den Spänen könne beispielsweise Einstreu für Pferdeboxen oder Abdeckung für Rindenmulch gewonnen werden.

Viele Tiersorten finden in Kopfweiden Unterschlupf

Viele der Bäume sind bereits morsch und lückenhaft im Stamm. Was erstmal bedenklich klingt, ist für die Flora und Fauna besonders wichtig: „Verschiedene Moossorten, seltene Käfer oder auch Schmetterlinge oder Vögel nutzen die Löcher im Stamm, um behütet brüten zu können oder sich zu entwickeln. Bäume ohne Löcher sind eher nur Sitzstangen für die Vögel und eher ungünstig zum Brüten“, erzählt Manuel Goerke, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Umwelt und Grün in Bottrop.

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Mehr als 250 Bäume werden von Peter Kleimann allein jedes Jahr gepflegt. Viele Grundstückseigentümer kommen dabei auf ihn zu: „Seit über 20 Jahren kommen die Menschen auf mich zu, man ist ständig im Kontakt und man kennt sich einfach. So kann ich oft ohne Umwege auf die Flächen.“ Für eine Kopfweide brauche er ungefähr zwei Stunden, bei großen Bäumen auch mal deutlich länger.

Manuel Goerke von der unteren Naturschutzbehörde: „Bäume ohne Löcher sind eher nur Sitzstangen für die Vögel und eher ungünstig zum Brüten.“
Manuel Goerke von der unteren Naturschutzbehörde: „Bäume ohne Löcher sind eher nur Sitzstangen für die Vögel und eher ungünstig zum Brüten.“ © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die vielen Regenmassen des letzten Jahres hatten für die Pflanzen positive Auswirkungen: Selten sei die Natur so sehr gewachsen, betont Peter Kleimann. Wenn die Kopfbaumweiden nicht fachgerecht geschnitten werden, droht ein Zusammenbruch des Baumes.

Aber auch dann kann die robuste Art neu sprießen und Zweige entwickeln. Die Zucht selbst sei leicht, und nach vierzehn Tagen kann der kleine Baum bereits gepflanzt werden: „Die Kopfweiden können sich meist neu schaffen, bereits nach kurzer Zeit hat man einen kleinen Bubikopf. Man muss nur dranbleiben, um den Kreislauf zu erhalten“, so Manuel Goerke.

Kopfweiden in Kirchhellen: Ganze Gruppen kommen zum Schneiden zusammen

Das Schneiden der Äste ist für viele Bottroper eine Art Event: Ganze Jugendverbände oder Familien kommen zusammen, um bei der Arbeit zu helfen und etwas Holz mit nach Hause zu nehmen. Praktisch: Aus den Ästen können auch Reisigbesen entstehen.

Auch wenn der Schnitt die Landschaft kurz wieder kahl macht, die positiven Aspekte für die Natur und das Tierreich überwiegen. Um diese noch besser zu schützen, plant die Naturschutzbehörde im nächsten Jahr ein Programm zu entwickeln, durch das jeder Baum digital erfasst und der Zustand genau betrachtet werden kann – damit die Vielfalt noch lange erhalten bleiben kann.