Bottrop/Oberhausen. Umstrittene Windrad-Pläne des Regionalverbandes (RVR) auf der Halde Haniel: Naturschutz könnte das Nachsehen haben. Das sagt die Stadtverwaltung.
Die Halde Haniel ist derzeit in der Übergangsphase von der Ruhrkohle AG an den Regionalverbund Ruhr, in dem sich elf kreisfreie Städte und vier Kreise des Ruhrgebiets zusammengeschlossen haben. Nun hat die Verbandsversammlung, das höchste Gremium des RVR, beschlossen, dass auf der Halde Haniel ein Windrad entstehen soll. Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler saß als Vorsitzender des RVR-Planungsausschusses wohl mit am Tisch.
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Der entsprechende Aufstellungsbeschluss zur „1. Änderung des Regionalplans Ruhr - Windenergie“ wurde bereits am 13. Dezember von der Verbandsversammlung und für das ganze Gebiet beschlossen. Auch für die Halde Haniel, die zum Großteil auf Bottroper Gebiet, aber auch in Oberhausen liegt, gibt es konkrete Pläne.
Auf einer Karte ist der Windenergiebereich (kurz: WEB) auf der nördlichen Seite der Halde verzeichnet, die unmittelbar an die Halde Schöttelheide grenzt. Dort wurde lange Zeit ebenfalls über eine Windkraftanlage diskutiert. Damals beendete die Stadt Bottrop die Diskussionen, indem sie das Gebiet der verwilderten Halde zum Naturschutzgebiet erklärte.
Nicht nur, weil dort Feld- und Heidelerchen brüten und es dort „die größten bekannten Vorkommen auf anthropogenen (von Menschen gemachten) Binnensalzstellen“ gibt, sondern auch, weil die Halde genau zwischen den Naturschutzgebieten Köllnischer Wald, Grafenmühle und Kirchheller Heide liegt. Damit konnten die Pläne nicht umgesetzt werden.
Umweltgutachten zum Windrad: „Erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten“
Auf der Halde Haniel startet der RVR nun den nächsten Versuch, Windenergie auf eine Halde im Stadtgebiet zu bringen – scheinbar trotz möglicher Umweltauswirkungen. Aus der 112-seitigen Begründung des Planungsentwurfs wird klar, dass der Standort des Windenergiebereichs „BOT_08“, wie er in den öffentlichen Dokumenten benannt wird, geprüft wurde.
Ergebnis: „Voraussichtlich bei einem Kriterium erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten.“ Dabei wird auch im Bericht auf die angrenzenden Naturschutzgebiete „Grafenmühle“ und „Köllnischer Wald“ hingewiesen. Aufgrund der besonderen Bedeutung soll den erneuerbaren Energien aber der Vorrang eingeräumt werden. Im Schreiben dazu: „Daher wird an dem WEB Bot_08 festgehalten.“
Das unterstreichen die RVR-Planer auch auf einer Karte, zu der es heißt, dass „innerhalb der zeichnerisch festgelegten Windenergiebereiche (WEB) die raumbedeutsame Nutzung der Windenergie Vorrang vor anderen Nutzungen“ hat. Heißt: Windkraft vor Naturschutz. Mit ihren Planungen reagiert der RVR auf den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, der im sogenannten „Wind-an-Land-Gesetz“ (genau: Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land) festgelegt worden ist.
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Das Gesetz wurde auch von weiteren Gesetzen wie dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) untermauert. Laut § 3 Absatz 1 des WindBG soll Nordrhein-Westfalen bis 2027 insgesamt 1,1 Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen ausweisen. Bis 2032 sollen es dann sogar 1,8 Prozent der Fläche sein. Bottrop soll dazu offenbar auch mit der Halde Haniel einen Anteil leisten.
Stadt Bottrop: Hürden für eine Ablehnung sind sehr hoch
Wie eine Stadtsprecherin bestätigt, will die Stadtverwaltung zu den aktuellsten Plänen eine Stellungnahme abgeben. Was konkret zum Windrad auf Bottrops höchster Halde kommuniziert wird, müsse aber zunächst verwaltungsintern abgestimmt und wiederum politisch beschlossen werden.
Angekündigt hatte der RVR die Pläne bei der Stadt Bottrop laut eigenen Aussagen bereits vor einigen Monaten. Am 21. März 2024 soll ein informelles Gespräch mit der Verwaltung stattgefunden haben, schreibt der er in seiner Begründung zur Planungsänderung. Ein förmliches Beteiligungsverfahren zu den Entwürfen soll am 20. Januar beginnen. Zuvor will sich der RVR nicht zu konkreten Plänen äußern. Vonseiten der Stadt heißt es, dass das Verfahren noch 2025 abgeschlossen werden soll.
Die Stadtsprecherin weist zudem darauf hin: „Wenn am Ende das Windenergiegebiet auf der Halde ausgewiesen würde, müsste ein Antrag nach Bundesimmissionsschutzgesetz gestellt und durch die Stadt Bottrop genehmigt werden. Innerhalb eines Windenergiegebietes sind die Hürden für eine Ablehnung allerdings sehr hoch.“
Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler hat als Planungsausschussvorsitzender beim RVR von den Plänen gewusst. Beim Jahresgespräch in der WAZ-Redaktion kurz vor Weihnachten äußerte er sich zur möglichen Windkraftanlage nicht. Auf Anfrage hat der OB keine aktuelle Stellungnahme abgegeben.
Für die Pläne im gesamten RVR-Gebiet gibt es zur „1. Änderung des Regionalplans Ruhr - Windenenergie“ eine digitale Informationsveranstaltung, zu der man sich auf der Website unter www.rvr.ruhr unter dem Bereich „Aktuelles“ online anmelden kann. Die Veranstaltung findet am 17. Januar um 14 Uhr statt.