Bottrop. Tina Stratmann hilft Frauen, die ihre Brust verloren haben. Neben speziellen Tattoos bietet sie jetzt auch realistische Brustwarzen-Prothesen an.

Seit über 20 Jahren ist Tina Stratmann selbstständig und für ihre Kundinnen und Kunden da, während in ihrem Studio die Nadel zum Einsatz kommt. Dann sticht die Bottroper Unternehmerin ihren Patientinnen und Patienten nicht nur filigrane Tattoos, sondern hilft mit speziellen Pigmentierungen auch bei medizinischen Problemen. So kann sie bei Patienten mit Haarausfall dafür sorgen, dass die Problemzonen mit Tinte unter der Haut verdeckt werden, oder ihnen im Gesicht täuschend echte Augenbrauen tätowieren.

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Auch Menschen, die an Brustkrebs erkrankt sind, hilft Stratmann. Mit ihrer Brustwarzen-Pigmentierung sorgt sie bei ihren meist weiblichen Patientinnen vor dem Spiegel für ein besseres Gefühl, denn sie kreiert mit Farbe und Tattoo-Nadel eine Brustwarze, die von vorne fotorealistisch aussieht. Einziges Manko: Die 3D-Optik fehlt, weil die Farbe nur unter die Haut geht. Die Brustwarze ist folglich von der Seite nicht zu erkennen. Hierfür hat Stratmann allerdings eine Lösung gefunden, denn es gibt ein neues Verfahren, in dem Brustwarzen-Prothesen vor Ort hergestellt werden können.

Neues Verfahren für künstliche Brustwarzen: „Wollte das unbedingt selbst anbieten“

„Ich habe das Verfahren im Oktober auf einer Fortbildung kennengelernt – und war total begeistert. Ich wollte das unbedingt selbst anbieten.“ Und genau das tut sie nun. Nach einem Kurs beim Italienischen Erfinder des Verfahrens startete Stratmann vor wenigen Wochen in ihrem Studio mit der neuen Behandlungsmethode. Dabei wird zunächst ein Abdruck der Brustwarze der Patientin genommen, sofern diese noch eine hat. Bislang kommen Frauen häufig, nachdem sie der schwere Schicksalsschlag ereilt hat.

Dank individueller Färbung sehen die Brustwarzenprothesen realistisch aus. Die Farben können an die Patientinnen und Patienten angepasst werden, die weiße Umrandung wird in Kombination mit dem Hautkleber auf der Haut durchsichtig.
Dank individueller Färbung sehen die Brustwarzenprothesen realistisch aus. Die Farben können an die Patientinnen und Patienten angepasst werden, die weiße Umrandung wird in Kombination mit dem Hautkleber auf der Haut durchsichtig. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Das ist schade“, erklärt sie, „denn eigentlich könnte es auch wieder aussehen wie vor der Diagnose, wenn die Frauen früh genug kommen würden.“ Dann könnten noch vor der bei einer Brustkrebs-Erkrankung üblichen Bestrahlung Abdrücke genommen werden. Die Strahlentherapie, so Stratmann, beschädigt die Haut oft, lässt diese dünner werden. Zudem wird die Pigmentierung des Brustwarzenhofs häufig beschädigt. „Sind bei Patientinnen dann beide Areolen (Brustwarzenhof samt Brustwarze, Anm. d. Red.) betroffen, kann kein Abdruck bei der Person selbst genommen werden.“

Reaktion auf künstliche Brustwarzen: „Für einige ist es wie ein Abschluss.“

Dann sind Spenderinnen gefragt. Schon 15 Frauen haben Stratmann ihre Brustwarze samt Brustwarzenhof für die Nachbildung zur Verfügung gestellt. Die Alginat-Abdrücke, die genommen werden, können dann mit speziellem, hautverträglichem Silikon gegossen werden. Dabei kann die künstliche 3D-Areola auch farblich individuell an die Hauttöne der Patientin angepasst werden. Das ist Stratmann besonders wichtig: „Denn ich will, dass Frauen sich mit ihren Prothesen absolut wohl fühlen.“ Mit demselben Material werden bereits Ohren- und Nasen-Prothesen hergestellt.

Wenn die künstliche Brustwarze dann fertig ist, kann sie mit einem verträglichen Hautkleber an die vorhergesehene Stelle geklebt werden. Dann kann man „alles mit ihr machen.“ Schwimmen, Duschen, Sport – sogar ein Sauna-Besuch ist mit dem Silikon-Modell problemlos möglich. Die Prothese kann dann laut Empfehlung der Expertin drei bis vier Tage getragen werden. „Dann sollte man sie über Nacht abnehmen, Luft an die Haut kommen lassen und die Prothese reinigen.“ Morgens könnte man sie dann wieder neu aufkleben - und wieder für ein paar Tage tragen.

Täuschend echt: Tina Stratmann hat zur Verdeutlichung Brustwarzen-Prothesen auf ihren Körper geklebt. In Kombination mit dem richtigen Kleber wird die weiße Umrandung durchsichtig.
Täuschend echt: Tina Stratmann hat zur Verdeutlichung Brustwarzen-Prothesen auf ihren Körper geklebt. In Kombination mit dem richtigen Kleber wird die weiße Umrandung durchsichtig. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Bei den meisten Frauen wird es dann sehr emotional, denn für einige ist es wie ein Abschluss. Die meisten Patientinnen und Patienten fühlen sich ohne Areola unwohl, werden wohl immer wieder an die Krankheit erinnert“, erklärt Stratmann. „Deshalb ist es für mich natürlich auch ein dankbarer Job, denn alle kommen „schöner“ raus.“

Versicherungen und Krankenhäuser: Stratmann will anderen das Verfahren beibringen

Noch ist Tina Stratmann eine von ganz wenigen Personen, die das Verfahren in Deutschland nutzen. Das soll sich nach ihrer Meinung aber schon zeitnah ändern. „Ich habe Kontakt zu einigen Kliniken und Breast Care Nurses (auf Brustkrebs spezialisierte Pflegekräfte, Anm. d. Red.) und möchte die Methode zeitnah erklären, damit deutschlandweit Betroffenen geholfen werden kann“, zeichnet Stratmann die nächsten Schritte. Außerdem sind Verträge mit Versicherungen geplant, damit die Behandlungskosten für die Patientinnen übernommen werden können.

Online werden die Silikon-Modelle übrigens nicht angeboten. „Die Prothesen sind keine Fertigprodukte, sondern sollen auf den Menschen abgestimmt werden.“ Das funktioniere am besten vor Ort. Und bald vielleicht an vielen weiteren Orten.

Spenderinnen, die ihre Brustwarzen für Abdrücke zur Verfügung stellen wollen, und Interessierte dürfen sich über das Kontaktformular unter www.tinastratmannfineskinart.de bei der Unternehmerin melden. Auch eine Kontaktaufnahme über Instagram @_fine_skin_art_ ist möglich.