Bottrop-Kirchhellen. Durch den Zusammenschluss mit Bottrop 1976 hat Kirchhellen viele Straßennamen verloren. Das zeigt eine alte Karte. Andere sind dazugekommen.
Den ersten Bottroper Stadtplan nach dem Zusammenschluss mit Kirchhellen am 1. Juli 1976 hat die Stadt 1978 veröffentlicht. In diesem Plan sind schon 26 Kirchhellener Straßennamen verschwunden, weil sie genauso hießen wie Straßen in Alt-Bottrop, etwa Süd- und Westring. 1977 wurden deshalb die Straßennamen neu geordnet, Kirchhellen bekam statt der Ringe den Kirchhellener Ring. Neue Straßen sind entstanden rund um den Heidesee und vor allem in den Neubaugebieten. Einige wurden anders benannt als ursprünglich geplant. Und andere tragen bis heute einen eigentlich falschen Namen. Ein Dorfspaziergang.
Schon Heimatforscher Johannes Rottmann fand den Straßennamen Am alten Bahnhof „nicht ganz korrekt“. Der „alte Bahnhof“ Kirchhellens lag nicht wie die gleichnamige Straße zwischen Haupt- und Pelsstraße, sondern an der Kreuzung der Rentforter Straße mit der ehemaligen Bahnstraße, die es heute ebenso wie den Bahnhof nicht mehr gibt. Rottmann: „Erst im Jahre 1888 hielten die Züge Oberhausen-Rheine am hier gemeinten Bahnhof, der mit einem Zuschuss der Gemeinde Kirchhellen in Höhe von 20.000 Reichsmark erbaut wurde.“
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Wenn wir schon mal in der Ecke sind: Auch am Straßennamen Im Schwarzwald nebenan hat der Heimatforscher etwas auszusetzen: „Bei diesem Straßennamen zeigt sich deutlich, wie sinnentstellend Übersetzungen sein können, wenn der Übersetzer die plattdeutsche Sprache nicht kennt und gedankenlos Deutungen versucht.“ Der alte Flurname habe nichts zu tun mit Wald, sondern sei eine Bezeichnung für Sumpfgelände. Zur Wahrheit gehört: Diese Namen haben sich nicht die Bottroper ausgedacht, sondern die Verwaltung der damaligen Gemeinde Kirchhellen.
Noch ein Stückchen weiter nördlich, rund um das Neubaugebiet Rohrbrauk/Schultenbrauk, hatten die Kirchhellener eigentlich prominenten Naziopfern ein Denkmal setzen wollen. Auf dem Plan von 1978 hatten sie die Namen schon verzeichnet: Franziskanerpater Maximilian Kolbe wollten sie ehren, 1941 in Auschwitz ermordet; die Geschwister Hans und Sophie Scholl, Mitglieder der Widerstandgruppe „Weiße Rose“, 1943 in München hingerichtet. Und Edith Stein, die Ordensschwester jüdischer Herkunft, 1942 in Auschwitz-Birkenau in der Gaskammer ermordet. Die Bottroper wählten spätere die prosaischen Flurnamen.
Ein weiteres Naziopfer hat dagegen sein Straßenschild in Kirchhellen bekommen: Die Pater-Delp-Straße ist benannt nach Alfred Delp, einem Jesuitenpater und Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus. Er wurde 1945 hingerichtet nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944.
Schultenkamp: Erinnerung an Kirchhellener Katholiken
Bei der Planung des Neubaugebiets Schultenkamp haben die Bottroper ab 2003 an drei prominente Kirchhellener Katholiken mit Straßennamen erinnert: Pater Dieter Gahlen (1948 - 2004), Missionar in Südafrika, Pastor Johannes Werner Dahlmann (1793 - 1859), viele Jahre Pastor in Hamborn, und Pater Theodor Dieckmann aus Overhagen, Missionar in Indien und Kämpfer für die Frauenbildung.
Im Kirchhellener Dorfkern ist die kurze Johann-Breuker-.Straße würdig ersetzt worden durch den gleichnamigen Platz. Die Anlieferstraße behielt noch eine Zeitlang ihren Namen, ist aber heute der Gartenstraße zugeschlagen.
Neue Namen für Straßen in der Kirchheller Heide
Neue Straßennamen sind auch in der Kirchheller Heide entstanden. Ab 1973 hat der Kommunalverband Ruhr (KVR), Vorgänger des Regionalverbandes Ruhr (RVR) rund um den Heidhof abgesoffene Feuchtgebiete und ausgekieste Gruben gekauft und dort sowohl Naturschutz- als auch Naherholungsgebiete eingerichtet. In den 1980er Jahren entstand dort der Heidesee.
„Heute darf man das kaum noch sagen, aber konzipiert war der See von Anfang an als Badesee“, erinnerte sich Gerhard Klesen, langjähriger Leiter des Forstbereiches West der RVR-Tochter Ruhr Grün. „Der Norden sollte den Menschen gehören, der Süden der Natur.“ Hat leider zu gut funktioniert damals: „Der Heidesee war früher belagert von morgens bis abends. Man macht sich heute keine Vorstellung mehr.“
Heute gilt am Heidesee ein überwachtes Badeverbot. Und die Stadt Bottrop sowie der RVR planen am Töttelberg, eine alte Sandgrube volllaufen zu lassen und den Baggersee zum Baden freizugeben. 2028 könnte es so weit sein, hat der Fachbereich Umwelt und Grün im Sommer vorgerechnet. Bezirkspolitiker aus CDU und SPD warten darauf nicht sehr dringend. Sie befürchten dort im Sommer Staus wie am Movie Park.
Der Koppelweg versank im Pfingstsee
Für den Ausbau des ehemaligen Industriellen-Bauernhofes Heidhof zur Umweltpädagogischen Station entstand die Straße Zum Heidhof. Auch dem Koppelweg zwischen Hiesfelder Straße und Elsweg gab der RVR-Vorgänger seinen Namen. Als Bergsenkungen und Bäche ab 2003 erst den Weihnachtssee und dann den Pfingstsee entstehen ließen, versank der Weg im Wasser. 2016 nahm die RAG den Damm durch das „Senkungsgewässer Elsbach“ sowie 300 Meter neuen Weg in Betrieb.
Und dann ist da noch der Hermann-Löns-Weg. Er verläuft heute vom Kolkweg, der in der Karte von 1978 noch keinen Namen trägt, bis zum Heidhof. Dieser Weg hatte 1978 noch einen anderen Namen: Markenweg. Auch dieser Namenswechsel hat seine Ursache im Zusammenschluss mit Bottrop. Weil es nämlich im Fuhlenbrock bereits die Hermann-Löns-Straße gab, wurde die Kirchhellener Straße umbenannt und heißt seitdem: Am Feuerwachturm. Dem Heide-Heimatdichter gönnten die Bottroper Namensgeber im Gegenzug den Weg am Hermann-Löns-Denkmal.