Bottrop. In NRW wird am 1. Januar 2025 die Bezahlkarte für geflüchtete Menschen eingeführt. In den Städten ist vieles unklar. So reagiert Bottrop.
Nach monatelangem politischen Ringen steht fest: Die Bezahlkarte für Flüchtlinge wird am 1. Januar 2025 in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Doch zum einen sind auf kommunaler Ebene noch viele Fragen offen. Zum anderen haben die Städte die Möglichkeit, sich gegen die Bezahlkarte zu entscheiden, aufgrund der sogenannten Opt-Out-Regelung. Wie sich Bottrop dazu verhält, ist noch unklar.
Denn fraglich seien vor allem die Rahmenbedingungen der Bezahlkarte, sagt Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert. Am Mittwoch wird sie dem Sozialausschuss die aktuelle Sachlage zur Kenntnis geben. Ob Bottrop die Opt-Out-Möglichkeit zieht, soll der Rat im kommenden Jahr entscheiden. Das geht nämlich auch rückwirkend.
Bezahlkarte für Flüchtlinge: Viele Fragezeichen bei den Städten
Das Land Nordrhein-Westfalen plant, die Bezahlkarte an alle neu ankommenden Flüchtlinge auszugeben. Auf die Karte sollen allen Berechtigten ihre Leistungsbeträge ausgezahlt werden. Mit ihr kann jeder Geflüchtete nur noch 50 Euro Bargeld im Monat abheben. Weder Auslandsüberweisungen noch Zahlungen für Glücksspiel oder sexuelle Dienstleistungen sind damit möglich.
Bis Ende März 2025 sollen alle Flüchtlinge in den Landesunterkünften mit Bezahlkarten ausgestattet werden. Im Anschluss sollen die Kommunen die Vergabe übernehmen, zunächst an die Neuankömmlinge, ab 1. Januar 2026 müssen auch alle bereits hier ansässigen Geflüchteten mit einer Bezahlkarte ausgestattet werden.
Es bleiben allerdings noch viele Fragezeichen. Das fängt schon damit an, dass unklar ist, welche Zahlungswege mit der Karte überhaupt möglich sind, ob zum Beispiel das Sepa-Lastschriftverfahren funktioniert. Oder wie regelmäßige Zahlungsempfänger eingepflegt werden. Der Entwurf des Landes zur Bezahlkartenverordnung gebe darauf keine Antwort, so die Sozialdezernentin. Mit weiteren Ausführungshinweisen und Erläuterungen sei erst im ersten Quartal 2025 zu rechnen.
Bezahlkarte für Flüchtlinge sei „mit heißer Nadel gestrickt“
Zudem sind diverse Ausnahmeregelungen vorgesehen: Die Kommune könnte Härtefallregelungen treffen, sodass keine Bezahlkarte genutzt werden muss; sie könnte außerdem Einzelfallentscheidungen zur Abweichung des Barbetrages von 50 Euro treffen. Ein weiterer Mehraufwand entsteht durch die Vorgabe, dass alle volljährigen Personen im Leistungsbezug eine eigene Karte erhalten und Familien nicht mehr die kompletten Leistungen in einer Summe ausgezahlt bekommen sollen.
„Wir sehen in der Bezahlkarte keine Vorteile, sondern nur Mehraufwand.“
Hinzu kommt: Die Kosten für die Bezahlkarten übernimmt zwar das Land NRW. Allerdings könne die Abwicklung nicht ohne zusätzliches Personal im Sozialamt gestemmt werden. „Wir sehen in der Bezahlkarte keine Vorteile, sondern nur Mehraufwand“, sagt Sozialamtsleiter Sascha Borowiak. Die Einführung sei „mit der heißen Nadel gestrickt“. Nicht mal das Portal, mit dem die Abläufe gesteuert werden sollen, habe der Sozialamtsleiter bislang gesehen.
Bottroper Sozialdezernentin: Keine Auffälligkeiten bei Kontoauszügen von Geflüchteten
Auch Karen Alexius-Eifert sieht aktuell keinen Nutzen in der Bezahlkarte. „Wir haben über 90 Prozent unserer Geflüchteten mit Bankkonten ausgestattet“, sagt sie. Das laufe reibungslos. „Eine Entlastung durch den Wegfall von Scheckzahlungen haben wir nicht.“
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Im November dieses Jahres hätten gerade einmal 64 von 682 Leistungsbeziehern eine Scheckzahlung erhalten. Beim regelmäßigen Sichten von Kontoauszügen habe es auch keine Auffälligkeit gegeben, dass viele Geflüchtete regelmäßig Gelder in ihre Heimat schicken.
Die Bundesregierung und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer hatten die Einführung der Bezahlkarte beschlossen, um Deutschland als Ziel für Geflüchtete unattraktiver zu machen und um mögliche Zahlungen von staatlichen Leistungen in die Herkunftsländer zu unterbinden.