Bottrop. Schulvermeidung, Ängste, Depressionen: In der LWL-Tagesklinik in Bottrop finden Kinder und Jugendliche Hilfe. Auch in der Ferienzeit. Ein Besuch.
Ferien sind großartig! Was aber, wenn statt Ferien Therapie angesagt ist? Diese Frage stellt sich für zwölf Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren, die die Tagesklinik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Bottrop besuchen. Die Klinik ist eine von sechs Tageskliniken (TK) für junge Patienten mit psychischen Erkrankungen und gehört zur LWL-Klinik Marl-Sinsen.
Junge Patienten bleiben bis zu drei Monate in der Tagesklinik Bottrop
Schule, Familie, Freunde, soziale Medien – Kinder und Jugendliche sind komplexen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Nicht alle verfügen über ausreichend Kompetenzen, um tägliche Herausforderungen oder gar schwere Krisen zu bewältigen. Wenn sich dann Symptome wie Schulvermeidung, soziale Ängste, Hyperaktivitätsstörungen, Depressionen oder Traumafolgestörungen zeigen, suchen Eltern Hilfe bei Fachärzten, und einige der Kinder werden an eine Tagesklinik überwiesen.
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Die Bottroper TK hat eine Schule, die alle Kinder und Jugendlichen in der Zeit ihres Aufenthalts – das können bis zu drei Monate sein – besuchen. Vielen gehen sogar fast lieber in die TK-Schule als in den Unterricht zu Hause. Das liegt daran, dass die Klassen kleiner sind und ein individuelles Lernangebot gemacht wird. Auch das Tempo wird an die Schüler angepasst. Statt Frustration gibt es Erfolgserlebnisse.
„Während der Ferien findet aber auch in der Tagesklinik kein Unterricht statt“, erklärt Jens Lask. Er ist Leiter des Pflege- und Erziehungsdienstes und in dieser Funktion auch fürs Ferienprogramm zuständig. „Mindestens einmal in der Woche unternehmen wir einen Ausflug. Das kann ein Besuch im Maislabyrinth sein, ein Tag im Kaisergarten, auf dem Bauernhof oder im Mitmacht Zirkus,“ zählt der Krankenpfleger, der auch Fachkraft für Kinder und Jugendpsychiatrie ist, auf.
Also wird die Tagesklinik in den Ferien zum Urlaubsparadies? „Das eher nicht“, schmunzelt Dr. Julia Wagener, leitende Ärztin der Tagesklinik und der Ambulanz. „Für die Kinder, die zu uns kommen, bedeuten Ferienangebote nicht nur Spaß, sie dienen auch der Erprobung und Förderung ihrer emotionalen und sozialen Fähigkeiten.“ Jens Lask bestätigt das: „Sich unter vielen fremden Menschen bewegen, ist gerade für Kinder mit sozialen Ängsten eine große Herausforderung, aber auch soziale Regeln, zum Beispiel in einem Restaurant, einzuhalten fällt manchen nicht leicht. Bei den Freizeitaktivitäten kann das in der Therapie Gelernte ausprobiert und gefestigt werden.“
„Wir verstehen die Eltern als Experten für ihre Kinder und bringen als Fachkräfte unsere Kompetenz ein.“
Das Stichwort Therapie nimmt die Ärztin, selbst Mutter von zwei Kindern im Schulalter, auf. „Auch in den Ferien haben die Therapien Vorrang. Wir wollen die Kinder befähigen, ein altersentsprechendes Leben zu führen. Dazu arbeiten wir als multiprofessionelles Team nach einem systemischen Konzept. Wir verstehen die Eltern als Experten für ihre Kinder und bringen als Fachkräfte unsere Kompetenz ein. Es gibt einzel- und familientherapeutische Settings und ein multifamiliäres Angebot, bei dem mehrere Familien gemeinsam an einem Thema arbeiten.“
Dabei sind Wertschätzung und eine zugewandte Haltung das A und O. Nicht Symptome stehen im Fokus, sondern das Kind und die Familie mit ihren Fähigkeiten und Ressourcen. Darauf sind alle Therapieangebote ausgerichtet.
Sporttherapie bringt Kindern körperliche Aktivitäten näher
„Nehmen wir zum Beispiel die Sporttherapie. Allein die körperliche Bewegung ist für viele Kinder schon eine Veränderung ihres alltäglichen Schemas. Manche sitzen viel vorm PC oder am Handy und kennen körperliche Aktivität kaum noch. Außerdem fördert das Erleben der eigenen Kraft, das spielerische Einüben von Regeln und das Austesten von Grenzen Teamfähigkeit und Respekt gegenüber anderen. Und wenn Kinder Freude an Sportarten entwickeln, die sie später im Verein weiterführen wollen, hat das besonders integrative Wirkung“, beschreibt Dr. Julia Wagener den Ansatz.
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Mit zum Team gehören auch Auri und Kujo, die beiden Therapiehunde. Kein Wunder, dass manche Kinder sich während ihres Aufenthaltes in der TK so wohl fühlen, dass sie sogar nach ihrer Entlassung ab und zu vorbeikommen, um Hallo zu sagen oder einfach gute Erinnerungen aufzutanken.
Also sind auch in den Ferien alle zwölf Plätze belegt und die Warteliste ist lang. Die Kinder kommen aus allen Städten der Umgegend, Dorsten, Essen, Gladbeck, Gelsenkirchen.
Morgen geht’s übrigens ins Stenkhoffbad. Viel Spaß!