Bottrop. . Dr. Julia Wagener leitet die LWL-Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Ihr ist es wichtig, die Eltern in die Behandlung einzubinden.

Die Mädchen und Jungen, die zur Tagesklinik und Ambulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Josef-Albers-Straße kommen, bringen unterschiedlichste Krankheitsbilder mit: Depressionen gehören dazu, Zwangsstörungen, ADHS, Autismus. „Im Augenblick registrieren wir viele Störungen des Sozialverhaltens wie Schulprobleme und Schulverweigerer“, sagt Dr. Julia Wagener. Bei der Behandlung ist der neuen ärztlichen Leiterin eines besonders wichtig: die Einbeziehung der ganzen Familie.

Wertschätzung und Ressourcenorientierung

Der familientherapeutische Ansatz beinhaltet eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern. „Wir können unterstützen. Experten für die Kinder bleiben die Eltern“, sagt die Kinder- und Jugendpsychiaterin. Und auch die Jugendlichen will sie mit ihren Anliegen ernst nehmen. Wertschätzung und Ressourcenorientierung nennt sie als wichtige Ansatzpunkte. „Oft werden aufgrund der Probleme die Ressourcen nicht gesehen. Doch jeder hat Ressourcen.“

Der Vorteil einer Therapie in der Tagesklinik liege darin, dass die Jungen und Mädchen das, was sie dort lernen, in enger Zusammenarbeit mit dem Familiensystem gleich daheim umsetzen können. „Hat ein Jugendlicher aber zum Beispiel akute Selbstmordgedanken, müsste er stationär untergebracht werden.“

Strukturierter Tagesablauf

Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren aus Bottrop und Umgebung werden in der Tagesklinik des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) behandelt und erleben einen wohl strukturierten Tagesablauf. Sie kommen montags bis freitags morgens um 8 Uhr an, es wird gemeinsam gefrühstückt, dann beginnt – in enger Abstimmung mit der jeweiligen Schule – der Unterricht. Mittags wird gemeinsam gegessen, und gegen 16 Uhr ist nach einer den Tag beschließenden Gesprächsrunde Schicht.

„Die Therapie hat immer Vorrang“, erklärt Petra Radeler, Leiterin des Pflege- und Erziehungsdienstes. Es gibt für die jungen Patienten psychotherapeutische Einzelgespräche, Familiengespräche, Bewegungstherapie, Ergotherapie, eine Kreativgruppe, Entspannung im Snoezelraum, Ausflüge, Waldpädagogik, demnächst Bogenschießen.

Neubau wurde im Dezember 2013 bezogen

Die Tagesklinik samt Ambulanz, die der LWL-Haardklinik in Marl angegliedert ist, nahm bereits 2011 ihre Arbeit auf, und zwar zunächst in Räumen des benachbarten Marienhospitals.

Im Juli 2012 wurde der Grundstein zum Neubau an der Josef-Albers-Straße 72 gelegt, im Dezember 2013 wurde dieser bezogen.

Zwölf Plätze gibt es in der Tagesklinik, und im Schnitt bleiben die Kinder drei Monate dort. „In dieser Zeit können wir vieles anstoßen. Aber eine ambulante Nachbehandlung ist wichtig“, hebt Dr. Julia Wagener hervor. „Was zum Beispiel gelingt ist, dass die Kinder nach ihrem Aufenthalt hier wirklich wieder in die Schule gehen. Aber ohne weitere Unterstützung besteht die Gefahr eines Rückfalls.“

Termin in der Ambulanz machen

Zur Tagesklinik des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe gehört auch die Ambulanz. „Hier kann sich jeder einen Termin geben lassen. Wenn ein Problem den Jugendlichen beziehungsweise die Familie beeinträchtigt, dann ist es auch groß genug, um sich an uns zu wenden“, sagt Dr. Wagener und möchte damit mögliche Hemmschwellen abbauen.

Vor ihrem Start in Bottrop zu Jahresbeginn war Dr. Julia Wagener zuletzt als Fachärztin in der Tagesklinik und Ambulanz des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) in Viersen tätig. Die heute 40-Jährige wurde in Bonn geboren und wuchs in Hamburg auf. Sie studierte in Magdeburg und absolvierte ihre Facharzt-Ausbildung an der LVR-Klinik in Viersen. Ihr Fremdjahr verbrachte die Mutter zweier Kinder in der Psychosomatik am Klinikum Essen unter Professor Wolfgang Senf. Die Vorgängerin von Dr. Julia Wagener, Christiane Linden, ist übrigens in eine sozialpsychiatrische Praxis gewechselt.