Bottrop/Mülheim. Die Hochschule Ruhr-West könnte und müsste viel mehr Ingenieure ausbilden, die den Klimawandel voranbringen. So will sie Schüler ansprechen.
1500 Studierende sind eingeschrieben im Fachbereich Informatik und Energie der Hochschule Ruhr-West. Es müssten viel mehr sein, weil Deutschland dringend Ingenieure braucht, um intelligente Lösungen für den Klimawandel zu ersinnen, zu planen und zu betreiben. Und es könnten auch viel mehr sein, sagt der Dekan Prof. Wolfgang Irrek: „Wir könnten jedes Jahr 150 Einsteiger mehr in den Bachelor-Studiengang und 30 in den Master-Studiengang aufnehmen.“
Weil diese Studienanfänger aber nicht zur HRW finden, fragt der Dekan selbstkritisch: Was machen wir falsch bei der Nachwuchswerbung? Einige Antworten überraschen.
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Beweisstück A des Energieforschers am Standort Lützowstraße in Bottrop ist eine Grafik, in der Irrek drei Trends aufträgt. Problem Nummer eins: Seit 2012 sind die durchschnittlichen Punktzahlen der 15-jährigen Schüler immer weiter gesunken bei den Pisa-Tests in Mathe und Naturwissenschaften. Das ist ein Teil von Problem Nummer zwei, sagt Irrek: „Von 2012 bis 2022 ist die Zahl der Studienanfänger für Ingenieurberufe um 40 Prozent zurückgegangen.“ Das führt zu Problem Nummer drei: Die Leistung von Windkraft- und Solaranlagen soll sich bis 2026 mehr als verdoppeln, will Deutschland seine Klimaziele erreichen. Wer soll die planen und betreiben, wenn Deutschland die Ingenieure ausgehen?
Der Bottroper Dekan fragt sich und andere: Was läuft falsch?
Was läuft falsch, wenn immer weniger Menschen sich für ein Ingenieursstudium interessieren? Das hat Irrek für eine Studie sich und andere gefragt. Experten von Bildungseinrichtungen, Personaler aus Unternehmen, aber auch die eigenen Studierenden.
Dabei hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass die jetzt anlaufende Werbekampagne, die den Klimaschutz in den Mittelpunkt stellt, womöglich an den Interessen der umworbenen Schüler knapp vorbei zielt. Irrek: „Bei Interviews mit unseren Studierenden gibt ein Fünftel als Grund für die Studienentscheidung den Wunsch an, sich aktiv für den Klimaschutz zu engagieren. Aber für knapp die Hälfte der Befragten spielt das keine Rolle.“ Diese Studenten richten ihren Blick auf zukunftssichere und gut bezahlte Jobs. Die Generation Z ist auf dem HRW- Campus angekommen.
„Wir müssen mehr auf die Schulen zugehen. Die persönliche Kommunikation funktioniert am besten.“
Was eher nicht hilft gegen den Fachkräftemangel? Die Aktivitäten von Arbeitsagentur und Jobcenter nennt der Dekan ebenso „wenig erfolgversprechend“ wie Berufsinformationsveranstaltungen, zu denen die Schülerinnen und Schüler unvorbereitet hingehen und die nicht nachbereitet werden. Soziale Medien? „Sind gut für das weiße Rauschen im Hintergrund, damit die jungen Leute unseren Namen schon mal gehört haben.“
Die Schlussfolgerung des Forschers: „Wir müssen Kooperationen mit Unternehmen oder mit Einrichtungen wie dem Berufskolleg eingehen und mehr auf die Schulen zugehen. Die persönliche Kommunikation funktioniert am besten.“ Und zwar nicht nur die mit den hoffentlich künftigen Studierenden, sondern auch mit Eltern, Freunden, Azubis sowie Lehrerinnen und Lehrern.
„Tolle Zusammenarbeit“ mit dem Bottroper Berufskolleg
Zwei gut funktionierende Kooperationswege hat die HRW schon aufgebaut. Irrek: „Wir haben eine tolle Zusammenarbeit mit dem Berufskolleg Bottrop.“ So erkennt die Hochschule bei energietechnischen Assistenten, die an die HRW wechseln, einige Scheine an. Die beiden benachbarten Bildungseinrichtungen wollen noch enger zusammenarbeiten, etwa beim EU-Projekt „Zukunftscampus Emscher-Lippe“
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Sehr gut läuft auch die Zusammenarbeit mit Unternehmen in dualen Studiengängen, sagt der Dekan: „Die Unternehmen rennen uns die Bude ein. Fast alle im Masterstudiengang sind schon Werksstudenten.“
Das duale Studium dauert zwar ein Jahr länger, bietet den Studenten aber früh Verdienstmöglichkeiten und beste Perspektiven für die Zeit nach dem Studium. Kein Wunder, dass der Fachbereich dieses Jahr die Rekordzahl von mehr als 100 dual Studierenden vermeldet. Irrek: „Das soll kein neuer Schwerpunkt werden, aber das lässt sich schon noch ausbauen.“