Bottrop. Renature entsorgt jährlich bis zu 12.000 Tonnen Biomüll der Best. Die Entsorger erklären, was mit dem Müll passiert und ob es zu Gerüchen kommt.
Der komplette Abfall aus der braunen Tonne landet in Bottrop seit Januar dieses Jahres beim zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb Renature. Zuvor hatte die Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung (Best) den Großteil des jährlich zwischen 10.000 und 12.000 Tonnen anfallenden Müll im Harz in Sachsen-Anhalt entsorgt.
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Die WAZ hat sich bei Renature umgeschaut, was eigentlich mit dem Biomüll passiert, wie er entsorgt wird und ob bei der Aufbereitung unangenehme Gerüche entstehen.
Stefan Kaufmann, Vorstandsvorsitzender bei der Best, erklärt, warum man sich zum Jahresanfang gegen den weiteren Transport nach Sachsen-Anhalt entschieden hat. „Wir wollten es regional machen. Aus der Region, für die Region“, sagt er. Ein entscheidender Faktor neben der Nachhaltigkeit waren die Kosten. Der teure und weite Transportweg mit mehreren hundert Kilometern in den Osten von Deutschland entfällt.
„Es ist wie eine Klimazone, unter der die Bakterien optimal ihren Job machen können““
Kaufmann: „Die Kosten sind jetzt geringer, als zu der Zeit, als wir es haben wegfahren lassen.“ Konkrete Zahlen zu den Kosten nennt er nicht. Nur so viel: „Es ist deutlich günstiger.“
Aber was landet in Bottrop in der braunen Tonne, der Biotonne? Sind es neben Grünschnitt auch Lebensmittelabfälle? Anwohner in Ebel beschweren sich schon länger über unangenehme Gerüche, die von der Entsorgungsanlage Renature stammen sollen und über die Borbecker Straße in den Stadtteil wehen sollen.
Stefan Kaufmann verweist zunächst auf die Satzung der Best, der zufolge „keine Fleisch- oder Fischreste“ in der braunen Tonne entsorgt werden dürfen. Laut Informationen des Entsorgers auf dessen Internetseite gehören Eierschalen, Brot, Kartoffelschalen oder Gemüseabfälle jedoch sehr wohl in die braune Tonne.
Was alles in der braunen Bio-Tonne landet
Beim Besuch der WAZ haben Müllfahrzeuge gleich mehrere meterhohe Haufen abgeladen. Nur vereinzelt ist ein Stück Brot, eine Melone, ein Apfel und eine Kohlrabi zu entdecken. Fast alles besteht nur aus Grünabfällen, die ebenfalls in der Biotonne entsorgt werden sollen. Gemüseabfälle, Obst und Brot werden nicht gesondert aussortiert. „Diese Dinge sind unproblematisch und führen nicht zu Geruchsemissionen“, sagt Stefan Kaufmann.
Was jedoch aussortiert wird, sind Störstoffe. „Es gibt nichts, was man nicht in der Tonne finden kann“, sagt Felix Koch, Geschäftsführer von Renature. Nach dem Abladen des gesammelten Inhalts der braunen Tonne auf dem Gelände wird das Material „just-in-time“, so Kaufmann, weiterverarbeitet.
Die Störstoffe landen in einem Extracontainer. Ein Blick darin zeigt, dass vor allem Plastiktüten, Plastikeimer und auch Kleidung falsch entsorgt worden sind. Im Container werden die Störstoffe gesammelt, bis er voll ist. Der Best-Vorsitzende lobt die Bottroperinnen und Bottroper im Umgang mit der Biotonne: „In der Summe haben wir extrem wenig Störstoffe.“
Nach der Aussortierung wird der restliche Biomüll in einem nächsten Schritt zerschreddert. „Dieses Jahr ist es extrem feucht, deswegen wächst sehr viel Gras“, sagt Stefan Kaufmann. Wie viele Tonnen ausschließlich an Grünschnitt insgesamt in der braunen Tonnen landen, lässt sich laut Best schwer sagen – nicht nur wegen des Wetters.
„Es hängt auch vom Sammelgebiet ab“, erklärt Stefan Kaufmann. In Gebieten mit Einfamilienhäusern und mit Gärten fällt im Jahr mehr Grünschnitt an als zum Beispiel in Gegenden mit dichter Wohnbebauung, wo Pflanzen höchstens auf dem Balkon gehalten werden können. „Es gibt Wachstumsphasen, das merken wir an den Sammelmengen“, so Kaufmann. Diese Hochphasen seien im Frühjahr und im Herbst. „Dann haben wir schätzungsweise das Dreifache an Menge.“
Nachdem die Grünabfalle von der Maschine zerkleinert worden sind, werden sie mit einem Radlader in sogenannte Kompostmieten transportiert. Renature besitzt davon sechs Stück. Sie sind 21 Meter lang, acht Meter breit und circa vier Meter hoch. Über das zerschredderte Material wird eine Membranplane gelegt und befestigt. „Durch diese Abdeckung schaffen wir ein abgeschlossenes System“, sagt Stefan Kaufmann.
Renature und Best sehen in dem System mehrere Vorteile. Der biologische Abbau gehe schneller voran. Zweitens könne man das Material besser kontrollieren und man sei nicht wie unter freiem Himmel den wechselnden Einflüssen der Witterung ausgesetzt. Und unangenehme Gerüche würde man mit dieser Methode verhindern, weil sie nicht nach draußen gelangen können.
Keime und Samen aus dem Grünschnitt sollen später nicht im fertigen Kompost enthalten sein. Unter der Plane entstehen Temperaturen bis zu 80 Grad, dadurch sterben sie ab.
So funktioniert der Prozess zur Kompostierung in Bottrop
Zeitgesteuert mithilfe einer Software und dank kleiner Ventilatoren wird über Kanäle und Löcher am Boden der Miete dem biologischen Material Luft zugeführt. Vier Wochen dauert der Abbauprozess. „Es ist wie eine Klimazone, unter der die Bakterien optimal ihren Job machen können“, sagt Stefan Kaufmann. Das Material wird zersetzt.
Nach den vier Wochen wird die Plane entfernt, das Material in eine andere, leere Miete umgelagert. Dort reift das Material wieder unter einer Membranplane zwei weitere Wochen nach. Im letzten Schritt wird das Material abgesiebt. Das Ergebnis ist Kompost, der wie nach einem frischen Waldboden riecht.
Je nach Wachstum kommen pro Jahr in Bottrop bei der Best zwischen 10.000 und 12.000 Tonnen Abfälle aus der braunen Tonne zusammen. „Daraus werden zwischen 3500 und 4000 Tonnen Kompost. Wir sind zufrieden mit der Qualität“, sagt Stefan Kaufmann.
Dennoch hält sich der Vorwurf, dass von der Anlage eine Geruchsbelästigung ausgeht. Felix Koch, Geschäftsführer von Renature, betont: „Wir machen nichts Böses. Wir machen, was Recht und genehmigt ist.“
Stefan Kaufmann erklärt, dass man noch „in der Optimierungsphase“ sei. Er erklärt, dass es zu Gerüchen kommen kann. Seine Betonung liegt auf „kann“. Zum Beispiel, wenn das zersetzte Material in den Mieten umgelagert wird.
Renature: Die Windrichtung wird bei der Arbeit berücksichtigt
Best und Renature berufen sich auf die vorhandene Genehmigung der Behörde, in dem Fall des städtischen Fachbereichs Umwelt und Grün. „Es darf aufgrund bestimmter Prozesse und zu bestimmten Zeiten riechen“, sagt Kaufmann. Das heißt aber auch, dass es zu bestimmten Zeiten nicht riechen darf.
Dafür hängt ein Windsack an den Kompostmieten. Weht der Wind in Richtung Ebel, müssen diejenigen Arbeiten ruhen, die einen Geruch verursachen. Koch verweist auf das Betriebstagebuch, in dem die täglichen Abläufe dokumentiert sind. Dieses Tagebuch würden die Behörden dementsprechend kontrollieren.
„Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst“, sagt Felix Koch. Auch, weil man vom zuständigen Fachbereich kontrolliert wird. Der Geschäftsführer unterstreicht in dem Zusammenhang, dass Renature laut Genehmigung von vornherein gar keine Fisch- oder Fleischabfälle annehmen dürfe.
Im Rahmen der Genehmigung steht, wie Stefan Kaufmann erklärt, noch ein Geruchsgutachten aus. Dieses soll laut Felix Koch vom TÜV Nord durchgeführt werden. „Es ist uns wichtig, dass die Genehmigungsbehörde auch mit dabei ist“, so der Geschäftsführer.
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Der Vorsitzende der Best sagt: Werte, die in der Genehmigung festgeschrieben sind, müssten noch überprüft werden. Für die Genehmigung habe der TÜV im Vorfeld eine Prognose erstellt. Diese Werte könne man aber erst ermitteln, wenn die Anlage mit den einzelnen Prozessen mehrere Monate in Betrieb sei. „Mit der Prognose hat sich Renature verpflichtet, diese Werte einzuhalten“, sagt Stefan Kaufmann.
Darüber hinaus planen Renature und Best für den Spätsommer dieses Jahres einen Termin, bei dem sich interessierte Besucher den zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb am Rhein-Herne-Kanal anschauen können.