Bottrop. In der Kinderklinik am Marienhospital Bottrop gibt es für Frühgeborene und kranke Neugeborene die Intensivstation. Zwei Mütter berichten.
Mihra schläft friedlich in ihrem Wärmebettchen. Mit 44 Zentimetern ist das Frühchen nur püppchengroß, die zarten Ärmchen stecken in zu großen rot-gestreiften Ärmeln, der dunkle Haarflaum ist zerzaust. Ein Schlauch führt in Mihras Nase, hinter dem Bett laufen digitale Kurven über einen Überwachungsmonitor. Das gerade mal eine gute Woche alte Mädchen, zur Welt gekommen in der 33. Schwangerschaftswoche, entwickelt sich gut. „Ich bin stolz auf sie. Sie ist so klein und zierlich, aber so stark“, sagt Mama Serpil Yügrük (38).
Dabei hätte Mihras Start ins Leben kaum dramatischer sein können. Während der Schwangerschaft stellte man bei Serpil Yügrük fest, dass ihre Plazenta den Muttermund zudeckt. „Meine Gynäkologin hatte mir gesagt: Es kann sein, dass sich die Plazenta löst. Und so ist es passiert, letzte Woche Montag. Als ich alleine zu Hause war, begann die Blutung. Das war eine Schocksituation.“ Serpil Yügrük (38) gerät beim Erzählen ein wenig ins Stocken, Tränen treten ihr in die Augen.
Schock für die werdende Mutter: „Ich habe das Baby nicht mehr gefühlt“
In ihrer Not rief sie den Krankenwagen – „ich wusste in meiner Panik nicht einmal mehr, ob die 110 oder die 112 die richtige Nummer ist“ –, schafft es gerade noch, den Rettern die Tür zu öffnen. „Die ganze Badewanne war voll mit But“, schildert sie ihren Zustand. Und vor allem: „Ich habe das Baby nicht mehr gefühlt.“
Die Bueranerin, die bereits ihr erstes, heute sechsjähriges Kind im Marienhospital Bottrop per Kaiserschnitt bekam, ließ sich vom Krankenwagen dorthin bringen. „Dann ist alles ganz schnell gegangen.“ Zuallererst wurde sie beruhigt: Der Herzschlag ihres Kindes sei zu hören, versicherte man ihr.
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Aber Gefahr war durchaus in Verzug, bestätigt Dr. Hans-Christian Kolberg, Chefarzt der Gynäkologie am Marienhospital. „Wenn es erst richtig anfängt zu bluten, ist nach zehn Minuten kein Blut mehr da.“ Das Geburtshilfeteam führte eine „eilige Sectio“, einen sofortigen Kaiserschnitt durch. „Von dem Zeitpunkt, als sie zu uns ins Haus kam, bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Kind da war, sind 25 Minuten vergangen“, berichtet Kolberg.
Mihra, bei der Geburt 1980 Gramm leicht, kam zunächst in den Inkubator, Sauerstoffsättigung und Atempausen wurden überwacht, einer möglichen Unterzuckerung vorgebeugt. „Wir waren auf alles vorbereitet“, sagt Dr. Mirco Kuhnigk, Chefarzt der Kinderklinik. Letztlich brauchte Mihra (und braucht zunehmend weniger) nur Unterstützung beim Halten der Körpertemperatur und der Nahrungsaufnahme.
Mama Serpil musste nach dem Kaiserschnitt 24 Stunden liegen bleiben, konnte erst danach ihre Tochter zum ersten Mal auf der Neonatalogie besuchen, da lag sie noch im Inkubator.
Frühgeborenen-Intensivstation Bottrop: Betreuung der Eltern ist auch wichtig
Die Begleitung und Betreuung auch der Eltern ist auf der Station ganz wichtig. Die 38-Jährige zum Beispiel drohte schon zu verzweifeln, weil zunächst keine Muttermilch kam. „Stillberaterin Heike Borgs hat mir geholfen – und jetzt funktioniert es“, ist Serpil Yügrük glücklich. Zwischendurch kann sie ihre Kleine an die Brust legen, und jüngst hat sie das Mädchen auch zum ersten Mal selbst gewickelt. „Bei den ganzen Schläuchen habe ich immer Angst, dass ich irgendwo dran ziehe und ihr weh tue“, sagt sie.
Auf der Intensivstation (Neonatologie) der Kinderklinik am Marienhospital werden nicht nur Frühchen wie Mihra ab der 32. Schwangerschaftswoche und einem Geburtsgewicht von 1500 Gramm behandelt. Sondern auch schwer erkrankte Neugeborene. So wie Yussuf, heute eineinhalb Monate alt. Seine Mama Makbule Celik (27) erzählt.
„Als er eine Woche alt war, hat meine Hebamme Auffälligkeiten festgestellt. Er hat beim Schlafen gestöhnt und war sehr unruhig.“ Familie Celik machte sich auf zur Ambulanz der Kinderklinik. Eine lebensbedrohliche Infektion wurde festgestellt, erläutert Dr. Mirco Kuhnigk, und sofort mit einer Antibiotika-Therapie begonnen.
Trotz voller intensivmedizinischer Behandlung sei es zu einer seltenen Komplikation gekommen. Bakterien hatten in die Hirnhaut gestreut, es sei ein Bakteriennest am Hinterkopf entstanden, das chirurgisch geöffnet werden musste. Für diesen speziellen Eingriff wurde Yussuf in eine Duisburger Klinik verlegt.
„Aber danach wollten wir wieder hierher zurück“, betont Makbule Celik, zur Fortführung der Antibiotika-Therapie über die Vene. „Das Team hier gefällt uns, es ist aufmerksam, hat alle unsere Fragen immer benantwortet, uns wurde immer Motivation gegeben“, sagt sie auch im Namen ihres Mannes Hakan. „Wir sind hier wie eine kleine Familie geworden.“
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Sieben Wochen ist Yussuf schon im Krankenhaus, vier weitere folgen. Mit Mama Makbule fast immer an seiner Seite, auch zur „Kuscheltherapie“. Sie hatte große Angst um ihren Erstgeborenen, erzählt sie. Psychisch und körperlich – schließlich hatte sie gerade die Geburt hinter sich – sei es ihr nicht gut gegangen. Das Krankenhausteam habe sie da, auch psychologisch, unterstützt, sie zwischenzeitlich zum schlafen nach Hause geschickt, ihr Still-Sorgen genommen.
Neben den Antibiotika gegen die Infektion bekommt Yussuf eine physiotherapeutische Unterstützung wie etwa ein Trinktraining. Bestimmte Bewegungsmuster werden geübt, und darin auch die Mutter angeleitet. Später, wenn sie wieder daheim sind, wollen sie die entwicklungsneurologischen Nachberatung in der Kinderklinik in Anspruch nehmen.
„Mein Sohn hat sehr schnell schöne Fortschritte gezeigt“, sagt die 27-Jährige. Und dann, mit einem Blick in die Krankenhausteam-Runde: „Alles dank euch!“