Bottrop. Bis zu seiner Verwertung legt der Bottroper Biomüll zum Teil Hunderte Kilometer zurück. Ist das nicht Mülltourismus? Die Erklärung der Best dazu.

Wo landet eigentlich der Bio-Abfall, den die Bottroper in der braunen Tonne sammeln? Die Antwort darauf dürfte so manchen überraschen: Die Hälfte der rund 10.000 Tonnen, die jährlich in Bottrop anfallen, wird von Bottrop aus an die 400 Kilometer bis zu einer Kompostierungsanlage in Sachsen-Anhalt transportiert.

Das berichtet Jannik Hohmann, Prokurist und Sprecher der Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung (Best). Zum Hintergrund erläutert er: „Die Verwertung des Bottroper Bioabfalls wurde zuletzt im Jahr 2021 europaweit ausgeschrieben. Als Ergebnis der damaligen Ausschreibung wird der Bottroper Bioabfall (jeweils 5000 Tonnen pro Jahr) bis heute über die beiden Unternehmen Remondis und die Harz-Humus-Recycling GmbH bei der Best AöR abgefahren.“

Bottroper Bio-Abfall landet zunächst auf dem Donnerberg in der Biohalle

Den genauen Ablauf schildert Hohmann so: Nachdem die Bottroperinnen und Bottroper ihren Bioabfall in der braunen Tonne entsorgt haben, fährt die Best die braunen Tonnen mit ihren Abfallsammelfahrzeugen ab und lädt den Bioabfall am Standort Donnerberg in der Biohalle ab.

Jannik Hohmann, Sprecher der Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung (Best).
Jannik Hohmann, Sprecher der Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung (Best). © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Am Standort Donnerberg wird der Bioabfall von den Unternehmen Remondis und Harz-Humus-Recycling GmbH mit deren Fahrzeugen abgeholt“, so Hohmann weiter. Anschließend werde der Bioabfall in die jeweiligen Anlagen der beiden Unternehmen gebracht. Remondis betreibe eine Vergärungsanlage in Westfalen, Harz-Humus eine Kompostierungsanlage im Harz in Sachsen-Anhalt. Der Bioabfall werde von den Unternehmen fachgerecht verwertet.

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Die genaue Verwertung obliege den beiden beauftragten Unternehmen; die Best gehe aber „von einer üblichen Verwertung einzelner Bestandteile (Düngemittel, Biogase) aus“. Remondis-Sprecher Michael Schneider erklärt das für sein Unternehmen genauer.

Remondis betreibt demnach zwei Standorte, in Lünen und in Coesfeld, an denen Bio-Abfälle einer Co-Vergärung zugeführt werden. In einem Biogasreaktor würden mit Hilfe von Bakterien die Bio-Abfälle in kurzer Zeit verdaut, wobei Bio-Methan erzeugt werde. Am Standort Coesfeld werde dieses direkt ins Gasnetz eingespeist, in Lünen in einem Blockheizkraftwerk verstromt. Gärreste werden demnach der Kompostierung zugeführt.

Auf Nachfrage der WAZ-Redaktion erläutert Jens Stockmann, Prokurist bei der Harz-Humus Recycling, dass dort der Bio-Müll für die Landwirtschaft kompostiert werde. Für weitergehende Informationen verweist er auf die Firmen-Internetseite. Dort steht unter anderem: „Als Entsorgungsfachbetrieb (gemäß § 56 KrWG) verarbeiten wir organische Abfälle in über 20 behördlich genehmigten Kompostanlagen in den Landkreisen Harz, Börde und dem Salzlandkreis zu Komposten als Dünger für die Landwirtschaft. Die großen Ackerflächen in unserer Gegend sind auf die Zufuhr von Organik aus Kompost zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit angewiesen.“

Best: „Wir sind verpflichtet, die Verwertung des Bioabfalls europaweit auszuschreiben“

Der Bottroper Bio-Abfall landet laut Stockmann in einer Kompostierungsanlage in Wegeleben im Landkreis Harz. Der Routenplaner von Google-Maps wirft als kürzeste Pkw-Strecke zwischen Wegeleben und Bottrop rund 380 Kilometer aus.

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Wenn Biomüll aus Bottrop tatsächlich in eine Kompostierungsanlage nach Sachsen-Anhalt gebracht wird, ist das dann nicht Mülltourismus? Wir haben nachgefragt, wie die Best dazu steht. Sprecher Jannik Hohmann: „Sicher ist es unglücklich und aus ökologischer Perspektive nicht förderlich, wenn Abfälle per Lkw durch die halbe Bundesrepublik Deutschland gefahren werden. Dass dies so ist, hat allerdings schlichte rechtliche Gründe. Wir sind verpflichtet, die Verwertung des Bioabfalls europaweit auszuschreiben und das dann insgesamt wirtschaftlichste Angebot auszuwählen. Die bloße Entfernung der Verwertungsanlagen kann dabei wenn, dann jeweils nur ein untergeordnetes Kriterium beziehungsweise eines von vielen Kriterien sein.“

Noch Steigerungspotenzial

Zum Biomüll zählen Küchen- und Gartenabfälle, und so manches davon landet immer noch in der grauen Restmülltonne. Sieht die Best noch Steigerungspotenzial beim Sammeln von Bio-Abfällen?

Best-Sprecher und Prokurist Jannik Hohmann antwortet: „Bottrop steht im Vergleich umliegender Großstädte derzeit sehr gut dar, was die Qualität und die Sammelmenge von Bioabfällen angeht. Steigerungspotenzial ist zwar da, dennoch könnte dies auch damit einhergehen, dass die Qualität des Bioabfalls abnimmt. Dies wollen wir möglichst vermeiden.“

Dennoch behalte die Best die Thematik im Blick und wäge „ökonomische und ökologische Aspekte der Bioabfallabfuhr anhand aktueller Entwicklungen stets zum Wohle des Unternehmens und damit der Bottroper Bürgerinnen und Bürger ab“.