Bottrop-Kirchhellen. Nach dem Hofladen-Aus baut der Rotthoffs Hof kräftig um. Neu: Pflanzenmesse für heimische Arten. So kommen Kunden weiter an die Bio-Produkte.

Seit der Rotthoffs Hof seinen Hofladen aufgegeben hat, sind auf dem einzigen zertifizierten Bio-Hof in Bottrop und Kirchhellen einige Veränderungen im Gange. „Natürlich vermisst die Stammkundschaft den Laden als persönliche Anlaufstelle, aber die Produkte gibt es ja immer noch auf dem Hof und sind weiter bestellbar“, sagt Sabine Ridderskamp. Sie ist seit fast 20 Jahren Standortleiterin dieses Teilbetriebs des Diakonischen Werks, das den historischen Hof am nördlichen Rand Kirchhellens seit beinahe 35 Jahren betreibt.

Durch die Schließung des Ladens hat sich etwas verändert, das Sortiment verkleinert. So verkaufen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hofs nur noch die auch dort erzeugten eigenen Produkte, wie Eier, Obst und in der Saison das eigene Gemüse. Produkte anderer Bio-Anbieter sind nicht mehr erhältlich. „Aber unsere Grüne Kiste, die wir nach Kundenbestellung zusammenstellen, hat an Beliebtheit durchaus zugelegt, die Eier sind ohnehin sehr gefragt“, so Sabine Ridderskamp.

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Beim Gemüseanbau, bei dem, wie auch in allen anderen Bereichen des Hofes, wie Küche, Reitbetrieb und Landschaftspflege, Menschen mit und ohne Einschränkung zusammenarbeiten, nehmen wir seit Neuestem auch Wünsche unserer Abnehmer entgegen“, so die Hofleiterin. So habe beispielsweise Spickermanns Bioladen aus Kirchhellen nach gelben Zucchini gefragt. „Die sind gerade erntereif.“ Gärtnerin Kathrin Seewald karrt gerade eine große Ladung des gelb leuchtenden Gemüses die leichte Anhöhe von den Anbaugebieten in Richtung Hof.

Inflation und Energiepreisschock: Bio-Produkte haben es gerade nicht leicht bei Kunden

Aber das alles kann nicht drüber hinwegtäuschen, dass es Bio-Produkte gerade nicht so leicht haben, Abnehmer zu finden. „Natürlich, es gibt immer einen regelmäßigen Kundenstamm von Läden und Privatleuten, aber wir bauen schon etwas weniger an“, resümiert Sabine Ridderskamp. Ein Bioladen in Dorsten stehe gerade aus persönlichen Gründen womöglich auf der Kippe, der Bottroper Bioladen sei ja derzeit geschlossen, anderen nähmen weniger ab. Angesichts von Inflation und noch nicht überwundenem Energiepreisschock griffen offensichtlich mehr Leute (wieder) zur konventionellen Ware, selbst wenn die nur unwesentlich günstiger sei.

Gärtnerin Kathrin Seewald, Gruppenleiterin im Bereich Landwirtschaft, holt gerade eine Kiste mit gelben Zucchini für einen lokalen Bioladen vom Feld. Der hatte die gelbe Variante des ansonsten grünen Gemüses auf dem Hof bestellt.
Gärtnerin Kathrin Seewald, Gruppenleiterin im Bereich Landwirtschaft, holt gerade eine Kiste mit gelben Zucchini für einen lokalen Bioladen vom Feld. Der hatte die gelbe Variante des ansonsten grünen Gemüses auf dem Hof bestellt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Würde man bei der Preispolitik die teilweise entstehenden Umweltschäden mit einpreisen, wie es gerade der Neu-Eigentümer der Marke „Innovation City“ im Interview mit dieser Zeitung anregt, sähe das Preisgefüge gänzlich anders aus. Sabine Ridderskamp nickt, während sie durch Flächen mit strammem bunten Mangold, Roter Beete, mehreren Kohlsorten, Bohnen, Salat und nach zwei Jahren auch wieder Möhren im Hochbeet stapft. Der Regen hat allen gut getan. „Auch der kleine Bachlauf führt erstmals seit fünf Jahren wieder Wasser im Sommer. „Das freut auch die jungen Kopfweiden, die wir mit der Stadt Bottrop zusammen angepflanzt haben“, so die Hofleiterin.

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Cocktailtomaten, die länglichen Marzano-Tomaten für die berühmte Nudelsoße, die in der hofeigenen Küche entsteht, alles reift seit Wochen gut. Der Kohl steht unter Netzen. Schädlinge? „Ja, der Kohlweißling, ein Schmetterling, legt seine Eier in den Pflanzen ab, dann fressen die Raupen ruckzuck alles weg, man kann den Kohl dann nur noch rausrupfen“, weiß Ridderskamp.

Pferde, therapeutisches Reiten und Reitprüfungen bleiben Schwerpunkt des Hofes

Wissen, das sie sich seither kontinuierlich angeeignet hat, den eigentlich kam die Reiterin, Pferdetherapeutin und studierte Sozialpädagogin mit diesen Fachkenntnissen 2004 zum Rotthoffs Hof. Pferde sind natürlich immer noch Schwerpunkt. Aktuell stehen dort 13 Tiere. Gut die Hälfte gehört privaten Besitzern, die anderen zum Hof. Gerade haben die Prüfungen für das Reitabzeichen 10 und 9 stattgefunden, für Kinder zwischen sechs und 12 Jahren.

Ein neues Standbein hat der Hof ebenfalls seit Kurzem. „Wir sind demnächst Kooperationspartner von ,Tausende Gärten – Tausende Arten’, kurz: TGTA.“ Dabei gehe es um die Pflanzung heimischer und alter Stauden- und Pflanzenarten, die im Gegensatz zu Importgewächsen vor allem zur Biodiversität beitrügen und die heimische Flora und damit auch die hiesige Insekten- und Artenvielvielfalt stärkten, so Sabine Ridderskamp. Eine erste Pflanzenmesse in diesem Jahr sei so erfolgreich gewesen, dass man sich entschlossen habe, den Pflanzenanbau mit ausschließlich zertifiziertem Saatgut zu beginnen. Weitere Pflanzenmessen sollen folgen.

Umbau des früheren Hofladens auf dem Rotthoffs Hof: Martin Klassert, Haustechniker der Diakonie, ist gerade mit dem Deckeneinbau beschäftigt. Es entstehen zwei neue Veranstaltungsräume im alten Haupthaus. Das neue Café ist bereits fertig.
Umbau des früheren Hofladens auf dem Rotthoffs Hof: Martin Klassert, Haustechniker der Diakonie, ist gerade mit dem Deckeneinbau beschäftigt. Es entstehen zwei neue Veranstaltungsräume im alten Haupthaus. Das neue Café ist bereits fertig. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Unterdessen gehen die Umbauarbeiten im früheren Hofladen flott weiter. „Wir stärken den Hof als Veranstaltungsort und bauen auch die Kooperation mit der VHS Bottrop aus“, freut sich Sabine Ridderskamp. Wo früher Lebensmittel verkauft wurden, ist gerade erste Raum, das künftige Café mit Kühltheke für hofgemachten Kuchen, fertig geworden. Gerade baut Diakonie-Haustechniker Martin Klassert in einem von zwei neuen Tagungsräumen Deckenteile ein. Der Bereich vor dem historischen Kamin der alten Bauernfamilie Rot(t)hoff wird neuer Empfangsbereich. Im Herbst könnten die neuen Räume des alten Hofes fertig zur Nutzung sein.