Bottrop. Der Einzelhandel soll nur noch stichprobenartig 2G kontrollieren. Die Bottroper Geschäftsführer handhaben das unterschiedlich – und üben Kritik.
Als Anfang Dezember die 2G-Regel für den Einzelhandel beschlossen wurde, war das für viele Geschäftsinhaber ein schwerer Schlag. Umsatzeinbußen wurden prognostiziert – und sind eingetroffen. Nun herrscht einerseits Erleichterung, dass die Regel nur noch „stichprobenartig“ kontrolliert werden soll. Aber was bedeutet eigentlich „stichprobenartig“? Der Paragraf vier der aktuellen Coronaschutzverordnung führt das nicht weiter aus. Und wie lange bleibt die Regelung überhaupt bestehen?
Das Modehaus Sinn, eines der größten Geschäfte in der Bottroper Innenstadt, wird ab sofort drei Stichproben pro Stunde durchführen und diese dokumentieren. Ob die Händler das tatsächlich kontrollieren müssen und welche Frequenz der Stichproben gefordert ist – zu diesen Fragen herrscht Unklarheit.
Sinn-Geschäftsführer: „Wir sind nicht die Kontrolleure der Kunden“
„Wir begrüßen, dass die Kontrollen wegfallen“, sagt Sinn-Geschäftsführer Thomas Wanke. „Aber es ist trotzdem unangenehm, auf die Kunden zuzugehen.“ Sinn hatte, wie viele andere größere Einzelhändler auch, einen Mitarbeiter nur für die 2G-Kontrollen am Eingang abstellen müssen. Das fällt jetzt weg.
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Trotzdem bleibe das Modehaus „in einer Rolle, die uns nicht zusteht“, sagt Thomas Wanke. „Wir sind Partner unserer Kunden, nicht ihre Kontrolleure.“ Die Kontrollen seien Aufgabe des Ordnungsamtes. Nichtsdestotrotz: Die Kunden reagierten mit viel Verständnis auf die Kontrollen.
Ohnehin, 2G habe den Einzelhandel schwer getroffen. 30 Prozent weniger Kundenfrequenz hatte Wanke Anfang Dezember vorausgesagt, als die Regel beschlossen wurde. 40 Prozent seien es letztlich geworden – und damit einher gehen auch massive Umsatzeinbußen, so dass Sinn Kurzarbeit angemeldet und Überbrückungshilfe beantragt hat.
NRW-Ministerpräsident stellt Ende von 2G im Einzelhandel in Aussicht
Eventuell hat diese Zutrittsbeschränkung allerdings bald ein Ende: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst stellte am Mittwochnachmittag in Aussicht, dass ab dem 16. Februar auch Ungeimpfte wieder Geschäfte betreten dürften. In anderen Bundesländern wie Niedersachsen und Hessen ist die 2G-Regel für den Einzelhandel bereits gekippt worden. „Wir freuen uns, wenn das fällt“, sagt Wanke. „Es ist Zeit, dass wir zum Normalzustand zurückkehren.“
Das sehen auch andere Einzelhändler so, wie Mona Walterbach, Filialleiterin von Jysk, ehemals Dänisches Bettenlager, bestätigt. „2G hat sich sehr auf die Zahl unserer Kunden ausgewirkt.“ Der Januar sei ohnehin ein schwacher Monat, aber 2G sei ein zusätzlicher Stich gewesen.
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Dass nun die Kontrollen gelockert wurden, sieht sie als „kleine Erleichterung“. Sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten sich nun wieder mehr um das eigentliche Geschäft kümmern. Was genau die stichprobenartige Kontrolle bedeutet, wisse sie aber auch noch nicht. Reichen drei am Tag? Drei in der Stunde? „Die Fragen stellen wir uns auch.“
Bottroper C&A-Filiale: Kontrollen 15 Minuten pro Stunde
In der Bottroper C&A-Filiale richtet man sich nach den deutschlandweiten Konzernvorgaben: In den Filialen des Modeunternehmens wird etwa 15 Minuten pro Stunde kontrolliert – an der Theke am Eingang mit einem iPad, das die QR-Codes scannt. „Das ist auf jeden Fall eine Erleichterung“, sagt Filialleiterin Gudrun Bilz. „Der Mitarbeiter, der vorher die ganze Zeit am Eingang stand, kann sich nun wieder mehr den Kunden widmen.“
Klar, die Gefahr bestehe, dass sich nun auch wieder mehr Ungeimpfte in die Geschäfte schmuggeln. „Aber 2G gilt ja weiterhin und jeder Kunde muss damit rechnen, kontrolliert zu werden“, sagt Bilz und appelliert auch an die Eigenverantwortung und Vernunft der Kundinnen und Kunden. Die Zahl der Käufer habe sich seit der Zugangsbeschränkung auf Geimpfte und Genesene in jedem Fall reduziert. „Uns fehlen die Spontankäufer. Wir hoffen, dass sich das zum Frühling hin etwas beruhigt.“
Neue Coronaschutzverordnung einen Tag vor Gültigkeit veröffentlicht
Bislang noch unklar ist, inwieweit die Stichprobenkontrollen der Händler von der Stadt überprüft werden. Dazu hat Gudrun Bilz noch nichts vom Ordnungsamt gehört. Und auch die Stadt kann noch nicht mit Sicherheit sagen, wie Stichprobenkontrollen von Stichprobenkontrollen umgesetzt werden.
Die neue Coronaschutzverordnung mit der Lockerung der 2G-Kontrollen war am Dienstag präsentiert und veröffentlicht worden – mit Gültigkeit am nächsten Tag.
2G im Einzelhandel bald passé?
Die Zugangsbeschränkung nur für Geimpfte und Genesene (2G) im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen soll nach der Ministerpräsidentenkonferenz am 16. Februar aufgehoben werden. Das stellte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Mittwoch am Rande eines Termins in Köln in Aussicht. „Wir werden gemeinsam in der Runde der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten einen schrittweisen Plan für mehr Perspektiven beraten, der die Öffnungen verantwortungsvoll mit einem Basisschutz absichert“, sagte Wüst, der aktuell MPK-Vorsitzender ist, der Deutschen Presse-Agentur. „Das heißt: Maske tragen und Abstand halten, da, wo es nötig ist.“ Das gelte auch für den Einzelhandel.