Bottrop. Seit Januar hat die Best in Bottrop einen neuen Vorstand. Der fordert wieder Chips in den Mülltonnen, die zeigen, wer seine Gebühren bezahlt hat.
Seit Januar ist Stefan Kaufmann nun Vorstandsmitglied der Best, ist für seinen neuen Job aus Süddeutschland nach Bottrop umgezogen. Eine Entscheidung, die er noch nicht einen Tag bereut habe, sagt der 58-Jährige, der zuletzt bei den Entsorgungsbetrieben in Reutlingen Verantwortung getragen hat.
Doch im Laufe seines Berufslebens hat der studierte Verfahrenstechniker schon viele Bereiche der Abfallwirtschaft kennengelernt – sowohl auf kommunaler Seite als auch in der privaten Abfallwirtschaft. Ende der 1990er-Jahre sei er dann auf die kommunale Seite gewechselt, als das Thema Recycling und Ressourcenschutz immer wichtiger geworden sei.
Stefan Kaufmann hat die Best als gut aufgestellten Betrieb kennengelernt
Die Best hat er als Betrieb kennengelernt, der gut aufgestellt sei, der aber vor ähnlichen Herausforderungen steht, wie viele andere kommunale Entsorger. Und da sieht er sich nun in der Rolle als derjenige, der vielleicht noch einmal einen neuen, anderen Blick auf diese Themen mitbringt. Das wünschen sich auch Vorstandskollege Uwe Wolters und Paul Ketzer, der Verwaltungsratsvorsitzende der Best. Man wolle ausdrücklich, dass Kaufmann Fragen stellt und Dinge hinterfragt, macht Ketzer deutlich.
Als drei große anstehende Themen hat der Vorstand die Neuaufstellung des Fuhrparks, die Stadtbildpflege und die Digitalisierung identifiziert. Und da wird auch der Chip in den Mülltonnen wieder auf die Agenda kommen. Eigentlich hätten schon längst alle Mülltonnen in der Stadt mit einem elektronischen Chip versehen sein sollen. Für Wolters, Kaufmann und Ketzer geht es da um die Gebührengerechtigkeit. Auf dem Chip würde gespeichert, ob für die Tonne auch gezahlt wird. Und nur dann würde die Schüttung am Wagen die Tonnen auch akzeptieren, sprich leeren.
In einer anderen Stadt habe er so ein System eingeführt und es sei eine hohe sechsstellige Summe zusätzlicher Gebühren angefallen, berichtet Kaufmann. Es gebe Schätzungen, wonach für zwei bis vier Prozent der Tonnen einer Stadt nicht bezahlt würde. Für Bottrop hatte die Best 2014 vorsichtig mit einem Prozent und 280.000 Euro zusätzlichen Einnahmen kalkuliert. Wie erfinderisch Menschen sind, zeigt ein Beispiel von Uwe Wolters von einer blauen Altpapiertonne, die kurzerhand schwarz angestrichen und als Restmülltonne zum Einsatz gekommen ist. Als die Farbe abblätterte, fiel der Betrug auf.
Personalrat wehrt sich gegen Chips in Bottroper Mülltonnen
In der Vergangenheit hatte sich der Personalrat der Best dagegen ausgesprochen, er fürchtet die Überwachung der Mitarbeiter. Die SPD im Verwaltungsrat hatte daraufhin als größte Gruppe auf die Einführung verzichtet. Kaufmann sieht in der Zukunft weitere Vorteile der Chips. So können womöglich überflüssige Touren vermieden werden, indem der Chip auch anzeigt, wann eine Leerung nötig ist. Diese intelligente Tourenplanung sei jetzt noch Zukunftsmusik. Wenn sie ausgereift ist, könne sie aber helfen, Geld und Ressourcen zu sparen.
Wobei letzteres mehr ist, als nur die Sauberkeit der Stadt.
Pflege des Bottroper Stadtbildes umfasst viele städtischen Player
Stadtbildpflege, darunter vesteht man bei der Best mehr als nur die Sauberkeit. Das sei zwar ein wichtiger Aspekt, betonen Wolters und Kaufmann mit Blick auf die zunehmenden wilden Müllkippen, die die Best regelmäßig aufräumen muss. Auch die Grünpflege sei beispielsweise ein Teil der Stadtbildpflege, sagt Paul Ketzer. Entsprechend spielten da auch andere städtische Ämter und Dienststellen mit hinein, sagt der erste Beigeordnete der Stadt ist. Aus dem Grund werde man das auch auf anderer Ebene noch einmal zum Thema machen. Denn mit der momentanen Situation seien nicht nur die Bürger unzufrieden. Auch das Jugendparlament habe das Problem aufgegriffen und es habe bereits Gespräche gegeben.
Kaufmann wirbt dafür, die Stadtbildpflege schon zu einem ganz frühen Zeitpunkt zu berücksichtigen, nämlich bei der Planung. Da müsse es schon darum gehen: Wie lässt sich das künftig pflegen? Lassen sich zum Säubern Maschinen einsetzen? Wie gut lässt sich ein Straßenpflaster überhaupt säubern? Das seien Fragen, bei deren Beantwortung die Best gern schon frühzeitig ihre Erfahrungen einbringen würde, werben Wolters und Kaufmann.
Best hat einen Wasserstoff-Müllwagen bestellt
Dass die Stadtbildpflege in vielen Kommunen ein Thema sei, könne man auch an bestimmten Diskussionen in der Abfallwirtschaft erkennen – etwa beim Thema Zigarettenkippe. Da gebe es derzeit Initiativen, die Hersteller an den Kosten zur Beseitigung zu beteiligen, um so die dafür notwendigen Ausgaben der Kommunen zu kompensieren.
Aber auch beim Fuhrpark werde sich in den kommen zehn bis 15 Jahren einiges verändern – Stichwort alternative Antriebe. Die Best hat ja bereits einen wasserstoffbetriebenen Müllwagen bestellt – Kostenpunkt rund eine Million Euro. Ein herkömmlicher Diesel-Lkw kostet rund 300.000 Euro. Für die Mehrkosten erhält der kommunale Betrieb eine 90 Prozent Förderung. Die Lieferung ist für Ende 2023 angekündigt.
EU macht Städten Vorgaben zum Einsatz von Autos mit alternativen Antrieben
Für Wolters und Kaufmann geht es darum, Erfahrungen mit dem Fahrzeug zu machen – so wie es auch andere Entsorger tun. Zudem müsse man eng mit den Herstellern zusammenarbeiten, um die Fahrzeuge wenn nötig zu verbessern und auf die Anforderungen im Alltag anzupassen. Denn Müllwagen sind im Stadtverkehr unterwegs, müssen ständig anhalten und wieder anfahren. Bis zu 110 Liter Diesel auf 100 Kilometer kann so ein Wagen verbrauchen – je nach Modell und Tour, macht Wolters deutlich.
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Die EU hat den Kommunen Vorgaben gemacht, sie müssen eine Quote erfüllen bei alternativen Antrieben. Und in einigen Bereichen sei das auch sinnvoll, sagt Wolters mit Blick auf einen elektrischen Pritschenwagen, der seit kurzem bei der Stadtreinigung im Einsatz ist. Dieselfahrzeuge seien hier quasi ungeeignet, der ständige Einsatz im Stadtverkehr führe da regelmäßig zu verstopften Partikelfiltern. Die Folge: Sie müssen bei sinnlosen Autobahnfahrten freigebrannt werden. Doch die passende Pritsche mit Doppelkabine und E-Antrieb zu finden, sei nicht leicht gewesen, die großen Hersteller bieten entsprechendes nicht an, berichtet Wolters. Nun sei man bei einem kleineren Hersteller fündig geworden.
Best-Vorstand rückt den Mülltonnen-Chip wieder auf die Agenda
Hier gelte es, für die gesamte Branche gemeinsam mit den Herstellern Wege zu finden und Fahrzeuge zu entwickeln, wie sie benötigt würden, sagt Kaufmann, der an einer seiner früheren Stellen bereits Erfahrungen mit Wasserstoff-Müllwagen gesammelt hat. Der habe damals den Anforderungen noch nicht genügt, sei nach kurzer Zeit wieder ausrangiert worden. Und trotzdem habe man wertvolle Erfahrungen sammeln könne, die dem Hersteller bei der Entwicklung helfen. Gleichzeitig, so Ketzer, gelte es aber auch, mit den Gebühren hauszuhalten.