Bochum. Der „Untergrund“ muss nach 16 Jahren schließen. Wie geht es anderen Bochumer Club-Betreibern und was sind die Folgen der Corona-Pandemie?
Im „Untergrund“ schließen nach 16 Jahren die Türen. Das verkündete Betreiber Jens Moecking in einem Video über die sozialen Medien. Grund dafür seien das veränderte Ausgehverhalten der jungen Menschen seit der Corona-Pandemie und die hohen Preise. Trotz Werbekampagnen und Fokus auf Social-Media-Präsenz gingen die Besucherzahlen immer weiter zurück, sodass der Laden nun schließt. Doch wie geht es anderen Clubbetreibern? Haben sie dieselben Probleme und droht sogar ein Club-Sterben in Bochum?
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Frank Gerwers betreibt die „Trompete“ an der Viktoriastraße im Bermudadreieck. Auch er spürt Veränderungen seit der Pandemie: „Gerade die jüngere Generation ist anders sozialisiert. Die fehlt uns, das merken wir.“ Viele junge Leute hätten noch nie einen Club von innen gesehen und verbrächten ihre Wochenenden lieber anders: „Das sind Konsequenzen von Corona, die wir nicht auf dem Schirm hatten“, sagt Gerwers.
Bochumer Club-Betreiber setzt auf Individualität und Live-Konzerte
Doch akute Probleme hat der Club nicht. Grund dafür seien die individuellen Angebote, sagt der Betreiber: „Wir sind nicht kommerziell ausgerichtet. Unsere Musik ist alternativ und wir haben eine andere Zielgruppe. Außerdem spielen wir Live-Konzerte, die immer besser besucht werden.“ Seine Diskothek arbeite nicht nur mit der Zielgruppe der 18-25-Jährigen – also genau der Generation, deren Ausgehverhalten sich verändert habe – sondern auch mit über 30- und 40-Jährigen.
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Clubs mit DJs, die nur Mainstream-Musik spielen, seien leicht austauschbar, sagt Gerwers. Man müsse sich immer wieder etwas Besonderes ausdenken, den Leuten etwas bieten. Das Konzept der Trompete gehe zwar auf, doch Gerwers sagt auch: „Sowas funktioniert natürlich nur in Städten mit mehr als 250.000 Einwohnern. Sonst werden die verschiedenen Interessen nicht ausreichend abgedeckt.“
Über 600 Gäste heute nur noch eine Seltenheit
Dirk Zimmer, Betreiber des Matrix in Bochum-Langendreer, sagt deutlich: „Ich kenne keinen Betreiber, der keine Probleme hat“. Die Faszination für das Nachtleben sei nicht mehr da: „Früher hatten wir jeden Freitag und Samstag über 700 Leute, immer mit demselben Programm und ganz ohne Werbekampagnen. Heute ist eine Veranstaltung mit über 600 Gästen eine Erfolg“, so Zimmer.
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Die Coronapandemie macht auch ihm nachträglich zu schaffen: „Die junge Generation kennt das Nachtleben einfach nicht mehr. Früher war man jedes Wochenende auf der Piste, heute geht man Essen und danach ins Bett“, sagt Zimmer. „Es ist schwieriger, die Leute zu begeistern.“ Doch sein Club sei nicht gefährdet. Durch viele Fremdveranstaltungen und Konzerte sei die Matrix gut aufgestellt.
Bochumer Betreiber vermieten ihre Räumlichkeiten
Zimmer sieht noch ein weiteres Problem für das Nachtleben: zu viele Gesetze. Besonders das Nichtraucherschutzgesetz habe ihn stark getroffen. Einzelne Bereiche des Clubs, in denen besonders oft Raucher zu Gast waren, seien dadurch „zerstört“ worden: „Ich habe teilweise 50 Prozent der Gäste verloren. Mit noch mehr Einschränkungen werden wir zu einer ziemlich langweiligen Gesellschaft.“
„Das Nachtleben muss durch individuelle Formate gerettet werden.“
Sven Nowoczyn betreibt die Rotunde in Bochum: „Das Nachtleben muss durch individuelle Formate gerettet werden“, sagt auch er. Die jungen Leute seien nach der Pandemie nicht mehr genug mitgenommen worden und gingen am Wochenende nicht mehr so gerne raus. Außerdem machten vielen jungen Menschen die hohen Preise zu schaffen: „Die Leute achten mehr auf ihr Geld. Feiern ist teuer geworden, das kann man nicht mehr ständig machen.“
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Auch die Rotunde setze gezielt auf andere Veranstaltungen, vermietet die Räumlichkeiten zum Beispiel für Konferenzen oder private Partys: „Unsere eigenen Clubabende sind ja eigentlich das, was am wenigsten stattfindet“, sagt Nowoczyn. Deswegen sei auch die Rotunde nicht bedroht.