Bochum. Es sind die schwersten Missbrauchs-Vorwürfe seit vielen Jahren in Bochum. Angeklagt ist ein Paar. Außerdem geht es um einen falschen Notarzt.

Solch schwere Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in Bochum hat es seit vielen Jahren nicht am Landgericht gegeben. Auf der Anklagebank sitzen seit Mittwoch (5.2.) ein 43-jähriger Bochumer und seine 41-jährige Lebensgefährtin aus Gelsenkirchen. Der Mann soll sich an den beiden Töchtern (8, 15) der Frau äußerst schwer vergangen, dies gefilmt und die Aufnahmen dann im Internet zum Kauf oder Tausch angeboten haben. Die Frau soll das nicht nur ermöglicht und gebilligt, sondern den Mann darin mit menschenverachtenden Sprüchen sogar bestärkt haben, wegen des Geldes.

Angeklagter aus Bochum saß bereits fast sechs Jahre im Gefängnis

Beiden drohen sehr viele Jahre Haft. Vor allem dem Mann, denn er ist erheblich vorbestraft. Weil er sich ohne jede Qualifikation Anstellungen als Notarzt und Krankenpfleger erschlichen hatte, saß er schon fast sechs Jahre hinter Gitter. Mit dieser Betrugsmasche soll er nach der Haftentlassung 2021 sofort weitergemacht haben. Auch das wird ihm im jetzigen Prozess vorgeworfen.

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Seit dem vorigen August sitzt das Paar in U-Haft. 45 Minuten lang hörten die beiden der Verlesung der Anklage zu, in deren Mittelpunkt die Missbrauchstaten im Jahr 2024 stehen. Einige Zuschauer verließen nach einer halben Stunde den Saal, weil sie die Einzelheiten der mutmaßlichen Verbrechen und die eiskalten pornografischen Kommentare, die die Angeklagten in gegenseitigen Chats dazu ausgetauscht haben sollen, nicht mehr ertragen konnten. Die Angeklagte soll zum Beispiel einmal gesagt haben, dass ihre achtjährige Tochter durch den Missbrauch und den Verkauf der Filme davon „ihre Babysitter-Rechnung selbst begleichen“ würde. „Abfällig und empathielos“ sei die 41-Jährige, heißt es in der Anklage.

Der Angeklagte soll der 15-jährigen Tochter teilweise als Gegenleistung für den Missbrauch, der ungeschützt stattgefunden habe, Geld- sowie Sachleistungen wie beispielsweise Kosmetika und Cannabis geschenkt haben. Die Achtjährige habe teilweise beruhigende Arzneimittel verabreicht bekommen, um so besser sexuelle Handlungen an ihr vornehmen zu können.

Auch die Angeklagte soll Kinderpornos hergestellt haben

Auch an einer weiteren 15-Jährigen soll sich der Angeklagte äußerst schwer vergangen und dies mit der Kamera festgehalten haben. Im Gegenzug habe er ihr verschreibungspflichtige Arzneimittel übergeben.

Auch die Angeklagte selbst soll einen Teil der kinderpornografischen Aufnahmen selbst hergestellt haben. Dabei geht es um ihre achtjährige Tochter.

Sie hat noch eine dritte Tochter (zur Tatzeit ein Jahr alt). Es soll Überlegungen des Paares gegeben haben, dem Angeklagten auch dieses Kind für pornografische Aufnahmen zu überlassen, „solange es nicht weint“, wie die Angeklagte gesagt habe.

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Die Missbrauchs- und Kinderporno-Vorwürfe gibt der Angeklagte, der auch zwei eigene Kinder hat, nur in geringem Umfang zu. „Bonus-Papa“ sei er gewesen, sagte er einmal zu seiner Rolle gegenüber der 15-jährigen Tochter der Mitangeklagten.

Komplett geständig ist er hingegen im Anklage-Komplex um Hochstapeleien in der Gesundheitsbranche. Laut Staatsanwaltschaft soll er sich bei Pflegeschulen außerhalb Bochums durch gefälschte Unterlagen eine Dozentenstelle erschlichen haben, bei einem Festival am Niederrhein sogar eine als Notarzt. Dabei habe er auch Zugänge zu Venen gelegt und Injektionen verabreicht.

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Gegenüber einer Bochumer Apotheke soll er sich als Facharzt für Anästhesie ausgegeben und dadurch freien Zugang zu Medikamenten erhalten haben. „Ich habe eine gefälschte Approbationsurkunde vorgelegt und konnte abholen, was ich wollte.“

Die angeklagte Frau hat sich im Prozess noch nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Die 3. Jugendschutzkammer hat 19 weitere Sitzungstage bis 26. Mai terminiert.