Bochum. Mit einer ausgeklügelten Masche soll ein Arbeitgeber Finanzamt und Sozialkassen um Millionen betrogen haben. Für ihn steht viel auf dem Spiel.

Einem weiteren Bauunternehmer aus Bochum droht jetzt eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Seit Dienstag (4. Februar) steht ein 37-jähriger Mann vor der 6. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts. Mit der massenhaften Beschäftigung von Schwarzarbeitern soll er beim Finanzamt und bei den Sozialkassen einen Schaden von rund 2,7 Millionen Euro angerichtet haben.

Angeklagter aus Bochum soll tief in die Trickkiste gegriffen haben

Das Betrugssystem, das die Staatsanwältin in der Anklageschrift vorliest, schildert klassische Fälle von organisierter Kriminalität in der Baubranche. Der Angeklagte war im Tatzeitraum zwischen 2017 und 2021 Geschäftsführer einer Hoch-und Tiefbau-GmbH. Ein Gewerbe, das sehr lohnintensiv ist. Um hohe Kosten für Sozialversicherungen, Urlaub, Weiterbildung und Berufsgenossenschaften zu sparen, soll der 37-Jährige tief in die Trickkiste gegriffen haben.

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Die Masche war laut Anklage diese: Ein Unternehmer kauft von kriminellen „Servicefirmen“, die gar keine Bautätigkeit verrichten, Rechnungen über angebliche Subunternehmerleistungen. Tatsächlich gab es diese Leistungen aber gar nicht; es sind Scheinrechnungen mit dem alleinigen Zweck, dem Unternehmer Bargeld zur Bezahlung von Schwarzarbeitern zu beschaffen und dies gleichzeitig verschleiern zu können.

Der Unternehmer pflegt diese Rechnungen dann in seine Buchhaltung ein und überweist auch den Betrag, um ein sauberes Vorgehen vorzutäuschen, lässt sich die Summe dann aber wieder heimlich in bar zurückerstatten. Dies erledigt ein Geldbote. Während die „Servicefirmen“ für das Ausstellen der Scheinrechnungen eine „Provision“ erhalten, kann der Unternehmer mit dem Bargeld seine Schwarzarbeiter bezahlen. „Kick-Back-Zahlungen“ heiß das. Insgesamt ist das für den Unternehmer deutlich günstiger als die Arbeiter offiziell bei den Behörden anzumelden.

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Teilweise geschieht dies zwar doch, dann aber nur mit viel zu niedrigen Stundenzahlen. So können sich Unternehmer bei unangekündigten Zollkontrollen schützen. Tatsächlich arbeiten die Angestellte dann in Vollzeit. Die Differenz wird schwarz bezahlt.

Dem Bochumer droht unter Umständen die Abschiebung nach Serbien

Für den Angeklagten steht sehr viel auf dem Spiel. In einem Gespräch zwischen seinen Verteidigern und der Strafjustiz schon vor dem Prozess hat das Gericht signalisiert, dass er im Falle eines Schuldspruchs und bei einem Geständnis mit dreieinhalb Jahren Haft rechnen müsse. Ohne Geständnis würden es wohl mehr als vier Jahre sein. Hinzu kommt: Ab drei Jahren Haft droht ihm akut eine Abschiebung. Der Angeklagte ist Serbe.

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Zum Prozessauftakt äußerte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen. Richter Michael Janßen sagte ihm aber angesichts der offenbar starb belastenden Aktenlage, dass er sich das nochmal überlegen solle: „Sie haben nicht viel zu gewinnen.“ Notfalls könne man sich auch Telefon- und Videoüberwachungen im Prozess ansehen, auch wenn das viel Aufwand sei. „Uns ist das egal: Wir werden immer bezahlt, ob wir das in sechs oder 60 Tagen erledigen.“ Janßen las auch rechtskräftige Verurteilungen anderer Gerichte gegen Bauleute vor, die mit diesem Tatkomplex zu tun haben sollen.

13 weitere Sitzungstage bis in den Mai hinein sind terminiert.

Erst 2024 verurteilte das Landgericht einen Bochumer Bauunternehmer wegen Schwarzarbeit zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Er hatte Sozialbeitrags- und Lohnsteuerschäden in einer Gesamthöhe von 2,5 Millionen Euro verursacht.