Bochum. Das Amtsgericht hatte einen 60-Jährigen wegen eines Facebook-Posts verurteilt. Dagegen wehrte er sich in der Berufung. Mit teilweisem Erfolg.

Immer wieder betont die Strafjustiz, dass das Internet und damit auch die Kommentarspalten kein rechtsfreier Raum sind. Das wurde am Donnerstag (16.) mal wieder vor dem Landgericht deutlich. Dort saß ein 60-jähriger Bochumer auf der Anklagebank. In einer Berufung wehrte er sich gegen eine Verurteilung des Amtsgerichts wegen „Belohnung und Billigung von Straftaten“.

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Der Angeklagte hatte am 19. September 2023 auf seinem Facebook-Account ein Video kommentiert, das eine Auseinandersetzung zwischen zahlreichen Menschen, die augenscheinlich aus Nord- und Schwarzafrika stammen, mit zwei italienischen Polizisten zeigt. Die Menge soll gegen die Carabinieri sehr aggressiv vorgegangen sein. Sein Verteidiger sprach von einem „Mob von Leuten“, 40 bis 50 an der Zahl, die die Carabinieri „massiv bedrängt“ hätten. Sein Mandant hatte das Video mit den Worten kommentiert: „Benutzt Eure Waffen. Die Affen liegen in 30 Sek.“

Amtsgericht verurteilte den Bochumer zu 2400 Euro Geldstrafe

Ein Leser dieses Posts sah das und wandte sich an eine Meldestelle, die Hetze im Netz bekämpft. Der Fall landete bei der Bochumer Strafjustiz. Im August 2024 verurteilte das Amtsgericht den bisher nicht vorbestraften Mann zu einer Geldstrafe in Höhe von 2400 Euro (40 Tagessätze à 60 Euro). Die Äußerung des Angeklagten lasse nur die Deutung zu, dass die Menschenmenge getötet werden solle.

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Diese Wertung und damit auch die Geldstrafe akzeptierte der Verurteilte aber nicht. Er habe, so sagte sein Verteidiger jetzt in der Berufungsverhandlung, die Äußerung anders gemeint: Die Polizei solle nur Warnschüsse abgeben, sodass die Menge sich dann schnell hinlegen würde. Deshalb sei er der „festen Überzeugung“, dass der Kommentar nicht strafbar sei.

Landgericht: „So eindeutig, wie das Amtsgericht das gesehen hat, sehen wir das nicht“

Die Berufungsrichterin sagte gleich zu Beginn, dass ihre Kammer dem erstinstanzlichen Urteil nicht unbedingt folge. „Wir haben schon Bedenken. So eindeutig, wie das Amtsgericht das gesehen hat, sehen wir das nicht.“ Der Facebook-Kommentar befinde sich auf einem „scharfen Grat“ zwischen strafbar und nicht strafbar und sei deshalb möglicherweise vertretbar.

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Der Verteidiger regte an, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Der Staatsanwalt warf eine Summe in den Raum: 1000 Euro. Das musste Verteidiger und Angeklagter erst einmal auf dem Gerichtsflur beraten. Als sie wieder zurück in den Saal kamen, nickten sie den Vorschlag ab. Der Anwalt wollte es eigentlich auf ein Urteil ankommen lassen, mit dem Ziel eines Freispruchs. Aber der Angeklagte wollte offenbar kein Risiko und endlich mit der Sache abschließen, auch wenn es noch eine dritte Instanz, die Revision, gegeben hätte.

Zur Geldauflage kommen noch die Anwaltskosten

Zu den 1000 Euro, die der Angeklagte an die Staatskasse überweisen soll, muss er jetzt auch noch die Anwaltskosten berappen, mindestens eine dreistellige Summe.