Bochum. „Ich hatte Angst um mein Leben“, sagt ein Radfahrer. Er habe ihn nur „zur Rede stellen wollen“, so der Autofahrer. Ein Wiedersehen vor Gericht.
Ein Streit zwischen einem Autofahrer und einem Radfahrer in Bochum ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Am Mittwoch (15.) saß der Autofahrer, ein 41-jähriger Bochumer, auf der Anklagebank des Schöffengerichts. Vorwurf: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Körperverletzung und Sachbeschädigung.
Ärger über haltendes Auto: Radfahrer den Mittelfinger gezeigt haben
Die Auseinandersetzung ereignete sich am 20. September 2022 gegen 14.50 Uhr auf der Herner Straße in Hofstede in Fahrtrichtung Herne. Los ging es damit, dass der Angeklagte mit seinem Peugeot auf dem Radweg angehalten hatte, um auf einen Verwandten zu warten. In diesem Moment kam von hinten ein Radfahrer (31), er ärgerte sich über das Hindernis. Laut Anklage soll er im Vorbeifahren gegen den linken Außenspiegel des Pkw geschlagen und dem Fahrer den Mittelfinger gezeigt haben.
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Das ließ sich der Autofahrer nicht gefallen. Er fuhr dem Radfahrer sofort hinterher. Laut Anklage soll er ihn zweimal bis zum Stillstand ausgebremst haben, indem er ihn überholt habe und dann wieder direkt vor ihm eingeschert sei. Direkt danach soll er ausgestiegen und auf den Radfahrer, der sich zu diesem Zeitpunkt auf der linken Autospur befunden habe, losgestürmt sein. Mit einem Tritt habe er ihn zu Fall gebracht, sodass der 31-Jährige mit dem Kopf auf die Motorhaube eines Autos im Gegenverkehr geknallt sei.
Radfahrer sagt, er wurde „mit Anlauf umgetreten“
Der Autofahrer, so der Radfahrer im Zeugenstand, sei „mit hassverzehrtem Gesicht“ auf ihn losgegangen und habe ihn „mit Anlauf umgetreten“. „Es war traumatisch für mich. Ich hatte Angst um mein Leben.“
Der 31-Jährige erlitt damals Schürfwunden und Prellungen am Bein, Knie und Gesicht. Ein Fahrradhelm verhinderte wohl Schlimmeres. Am Auto im Gegenverkehr entstand ein Sachschaden von 1000 Euro, am Fahrrad ein Schaden von 750 Euro. Auch der Außenspiegel des Angeklagten war kaputt. Reparaturkosten: 1000 Euro.
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Verteidiger Pierre Laurien erklärte, dass sein Mandant den Radfahrer lediglich habe anhalten wollen wegen der Attacke auf den Außenspiegel und der beleidigenden Geste. Die Situation sei „hochgekocht“. „Ich wollte ihn nur zur Rede stellen“, so der Angeklagte. Keineswegs habe er den Radfahrer zu Fall bringen wollen.
Es stand Aussage gegen Aussage.
Die des Radfahrers enthielt aus Sicht aller anderen Prozessbeteiligten allerdings einige Widersprüche. Hinzu kam, dass der Zeuge sich weigerte, Fragen zu seinem mutmaßlichen Schlag gegen den Außenspiegel und die obszöne Beleidigung zu beantworten. Er sagte gar nichts dazu. Zurzeit wird er psychologisch betreut, wobei unklar ist, ob der Unfall der Auslöser dafür ist.
Verfahren wird gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt
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Wegen des Außenspiegels war auch er vor einiger Zeit angeklagt worden, dieses Verfahren wurde allerdings ohne Auflage eingestellt.
Eingestellt hat das Gericht am Mittwoch wegen der unklaren Beweislage auch den Prozess gegen den Autofahrer. Allerdings muss er dafür 600 Euro an eine gemeinnützige Organisation für Kinder zahlen.