Bochum. Die beliebte Schauspielerin Hannelore Hoger ist tot. Am Schauspielhaus Bochum hinterließ sie viele Spuren – und wurde bis zum Schluss gefeiert.

Die Frage nach ihrem Alter soll sie zeitlebens als „uncharmant“ empfunden haben. Zweifellos fest steht aber: Hannelore Hoger, die jetzt mit (vermutlich) 82 Jahren in Hamburg gestorben ist, gehörte zu den bekanntesten Schauspielerinnen Deutschlands und wurde von einem Millionenpublikum etwa für ihre Darstellung der TV-Kommissarin Bella Block geliebt.

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Stehende Ovatione für Hannelore Hoger in Bochum

Auch in Bochum hat die große Dame viele Spuren hinterlassen: Am Schauspielhaus erlebte sie prägende Jahre unter Ex-Intendant Peter Zadek und kehrte danach immer wieder gern an ihre frühere Wirkungsstätte zurück. Die Sympathie ihres Publikums war ihr stets gewiss: Als sie bei einem ihrer wohl letzten Bochumer Auftritte im Jahr 2014 den Bernhard-Minetti-Preis in den Kammerspielen verliehen bekam, spendeten die Zuschauer stehende Ovationen.

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Alles begann mit Peter Zadek, dem sie 1972 aus dem Theater in Bremen an die Königsallee folgte. Schon ihr erster Auftritt setzte ein Zeichen: In Zadeks wildbewegter Eröffnungspremiere „Kleiner Mann, was nun?“ spielte Hoger neben Heinrich Giskes die Hauptrolle. Ebenfalls mit dabei waren legendäre Schauspieler wie Brigitte Mira, Karl-Heinz Vosgerau und Rosel Zech.

In „Kleiner Mann, was nun?“, der Eröffnungspremiere von Peter Zadek, war Hannelore Hoger 1972 neben Heinrich Giskes im Schauspielhaus Bochum zu sehen.
In „Kleiner Mann, was nun?“, der Eröffnungspremiere von Peter Zadek, war Hannelore Hoger 1972 neben Heinrich Giskes im Schauspielhaus Bochum zu sehen. © Stadt Bochum, Presseamt | Fotografen der Stadt Bochum

Die weit über dreistündige Revue nach dem Roman von Hans Fallada markierte Zadeks radikalen Neubeginn nach der über 20-jährigen Ära von Intendant Hans Schalla. „Für Bochum war Hannelore Hoger ein Glücksfall“, erinnert sich Hajo Salmen, langjähriger Leiter des Theater-Freundeskreises. „Sie spielte meist recht nüchtern und wirkte sehr tough, schaffte es aber, den Inszenierungen ihr ganz eigenes Profil zu verleihen.“ Im Schauspielhaus stand sie in Stücken wie „Eiszeit“, „Die Geisel“ sowie als Narr im heute legendären „König Lear“ auf der Bühne, der im April 1974 seine Premiere im Union-Kino erlebte.

Frühe Erfolge feierte sie mit einem Kinofilm

Dabei war Hoger schon recht bekannt, bevor sie nach Bochum kam. Ihr Auftritt in dem Film „Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos“ von Alexander Kluge war 1968 einer ihrer frühen Erfolge. „Als Studenten bewunderten wir sie sehr und waren hocherfreut, als sie als Teil der Zadek-Familie nach Bochum ans Theater kam“, sagt Salmen.

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Ihre langjährige Zusammenarbeit mit dem Regisseur Augusto Fernandes, die in Bochum begann, setzten beide anschließend in Hamburg fort. „Bei Zadek gehörte sie nach einer Weile nicht mehr zu den ersten Darstellerinnen am Haus“, so Salmen. „Das waren dann eher Kolleginnen wie Eva Mattes, Susanne Lothar und natürlich Rosel Zech.“

Im November 2014 erhielt Hannelore Hoger in den Kammerspielen den Bernhard-Minetti-Preis. Weitere Preisträger waren (von links) Jana Schulz und Friederike Becht.
Im November 2014 erhielt Hannelore Hoger in den Kammerspielen den Bernhard-Minetti-Preis. Weitere Preisträger waren (von links) Jana Schulz und Friederike Becht. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Dem Schauspielhaus blieb Hoger dennoch verbunden: In „Nachtwache“ von Lars Norén spielte sie 1986 neben Angelica Domröse und Fritz Schediwy während der Intendanz von Claus Peymann und führte am Schauspielhaus auch Regie („Stallerhoff“ von Franz Xaver Kroetz). Aus dem Plan, „Warten auf Godot“ in Bochum zu inszenieren, wurde am Ende nichts. Hoger wollte die Rolle des Pozzo mit Publikumsliebling Tana Schanzara besetzen und soll damit an den bekanntlich strengen Erben des Autors Samuel Beckett gescheitert sein. So verriet es Tana Schanzara später in ihrer Biografie.

„Als Studenten bewunderten wir sie sehr und waren hocherfreut, als sie nach Bochum ans Theater kam.“

Hajo Salmen, Vorsitzender des Freundeskreises am Schauspielhaus

Im Januar 2006 war Hannelore Hoger Stargast während eines „Boten“-Abends, mit denen Ex-Theaterleiter Elmar Goerden einst für Aufsehen sorgte. Vor ausverkauftem Haus gab sie hier eine mit Spannung erwartete Lesung – und man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können, so gebannt hing ihr das Publikum an den Lippen.

Bissige Bemerkungen während der Preiverleihung

Den Bernhard-Minetti-Preis des Kemnader Kreises erhielt Hannelore Hoger im November 2014 in den ebenfalls voll besetzten Kammerspielen. „Zu Beginn hatten wir einen kleinen Film mit ihren früheren Bochumer Auftritten vorbereitet, der sie sehr berührt hat“, sagt Salmen. „Einige bissige Bemerkungen konnte sie sich trotzdem nicht verkneifen.“ So soll Hoger Interesse daran gehabt haben, die Titelrolle in „Der Besuch der alten Dame“ 2015 im Schauspielhaus zu spielen. Ex-Intendant Anselm Weber besetzte sie schließlich mit Mechthild Großmann.

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Für viele Bochumer Theatergänger wird Hannelore Hoger unvergessen bleiben. Auch unser ehemaliger Fotograf Hartmut Beifuß, der schon beim „König Lear“ mit der Kamera nah dran war, erinnert sich an eine ganz Große. „Wie schade. Sie war so eine tolle Frau.“

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