Bochum. Was wird aus dem BVZ neben dem Rathaus? Erneut hat die Koalition sich für einen Abriss entschieden. Kritiker haben andere Pläne im Kopf.

Es bleibt dabei. Das von 1978 bis 1982 gebaute Bildungs- und Verwaltungszentrum (BVZ) in Bochum wird abgerissen. Die Mehrheit des Stadtrats hat mit den Stimmen der Koalition von SPD und Grünen einen entsprechenden Beschluss von 2017 bestätigt. Auf der frei werdenden Fläche soll ein Investor Wohnraum schaffen. Andere Vorschläge sind auf der Strecke geblieben.

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Zwar hätte sich auch die CDU mit einem Abriss anfreunden können; aber nur dann, wenn an gleicher Stelle erneut ein Verwaltungsgebäude entstehen würde. „Wir sollten diesen Standort nicht aufgeben“, so CDU-Fraktionschef Karsten Herlitz in der letzten Ratssitzung vor der Weihnachtspause. Er sei ein großes Pfund für die Stadt, mit der Lage zwischen dem Historischen und dem Technischen Rathaus „geradezu unbezahlbar“. Nach den Vorstellungen seiner Fraktion sollten weitere Verwaltungsbereiche rund um das Rathaus konzentriert werden, so etwa das Stadtarchiv, das Rechnungsprüfungsamt und die Zentrale Dienst. Sie alle sind bislang an unterschiedlichen Stellen der Stadt untergebracht.

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Nicht minder wichtig ist aus Sicht seines Fraktionskollegen Roland Mitschke, dass Bochum große Projekte dieser Art selbst entwickelt und in ihrem Eigentum behält. Als Fehler der Koalition habe sich die langjährige Bindung an das Husemannkarree erwiesen. Schätzungsweise 80 Millionen Euro Miete wird Bochum über die nächsten Jahre dort bezahlen. Mitschke: „Dafür hätten wir auch selber bauen können.“

Eine Kritik, die sich auch an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) richtet. Der argumentiert, die Verwaltung habe bei der Zentralisierung einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Es gebe nur noch zwölf oder 13 Standorte, vor einigen Jahren seien es 23 gewesen.

Investor soll auf BVZ-Fläche Wohnraum schaffen

Auf dem BVZ-Areal, zu dem planerisch das Gesundheitsamtsgebäude und die benachbarte Turnhalle gehören – beide sollen ebenfalls abgerissen werden – baut die Stadt nicht selbst. Das soll ein Investor erledigen, der im Rahmen eines Vergabeverfahrens ermittelt werde. Verkauft wird das Gelände aber nicht, sondern im Erbbaurecht übertragen. Bochum hatte sich vor drei Jahren dazu entschieden, dass Grundstücke nicht mehr vordringlich verkauft, sondern vielmehr im Erbbaurecht mit einer Laufzeit von längstens 75 Jahren vergeben werden.

Wohnraum in zentraler Lage zu schaffen, ist aus Sicht von SPD und Grünen ein vorrangiges Ziel, um die Innenstadt wieder als Lebens- und Aufenthaltsraum attraktiver zu machen. mit ihrer Strategie zur Umgestaltung der City sei Bochum, so SPD-Fraktionschef Burkart Jentsch, anderen Kommunen weit voraus; sie würde beneidet, weil sie diesen Weg frühzeitig eingeschlagen habe.

Überwiegend Wohnungen sollen in dem neuen Komplex entstehen, mit einem 40-prozentigen Anteil an öffentlich gefördertem Wohnraum. Im Erdgeschoss könnten Gemeinschaftseinrichtungen zum Wohnen oder Flächen für Einzelhandel und Gastronomie entstehen. So ist bislang die Marschroute.

Netzwerk „Stadt für alle“ schlägt Umbau des BVZ vor

Zu den Plänen, die nun eine Mehrheit gefunden haben, gehört auch, dass der angrenzende Appolonia-Pfaus-Park, nicht kleiner, sondern aufgewertet werden soll. „Immerhin“, so Kritiker, wie etwa das Netzwerk „Stadt für alle“. Es begrüßt, dass mit der jüngsten Entscheidung der ebenfalls 2017 gefällte Beschluss vom Tisch ist, auch die benachbarte Musikschule abzureißen. Sie ist nun für eine „gemeinwohlorientierte Entwicklung“ vorgesehen.

Die CDU hätte sich an dieser Stelle und auf der Fläche des Gesundheitsamts sowie der Turnhalle den Neubau eines weiteren Gymnasiums vorstellen können. Für sie kündigt Fraktions-Chef Herlitz an: „Noch ist kein Gramm vom BVZ abgerissen. Wir dürfen diesen gut etablierten Verwaltungsstandort nicht aufgeben und werden mit einer entsprechenden Forderung in den Wahlkampf ziehen.“

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Vorerst ist die größte Oppositionsfraktion mit ihren Vorschlägen aber ebenso gescheitert wie Stadtgestalter Volker Steude, der gefordert hatte, zunächst einmal ergebnisoffen mögliche Entwicklungsvarianten abzuklopfen. Keine Mehrheit hat auch die Idee des Netzwerks „Stadt für alle“ erhalten, das BVZ nicht abzureißen, sondern es zu sanieren und 100 Sozialwohnungen, eine Kindertagesstätte sowie eine Stadtteilkantine einzurichten; nicht zuletzt aus ökologischen Gründen. Denn: „Bauen ist für 40 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich“, so Rainer Midlaszewski, der für die Netzwerk-Idee im Stadtrat geworben hat. Zumindest eines sollte der Rat zum jetzigen Zeitpunkt tun: eine „Vorfestlegung auf einen Abbruch“ vermeiden.

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Ganz abwegig finden etliche Vertreter im Rat diesen Vorschlag nicht. Jens Lücking (UWG:Freie Bürger) hat offen die Sympathie seiner Fraktion für den Vorschlag bekundet. CDU, „Frieden, Arbeit & soziale Gerechtigkeit“ (FASG), Teile von Bündnis Deutschland und einzelne Ratsmitglieder haben ihn immerhin nicht abgelehnt, sondern sich bei der Abstimmung enthalten.

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