Bochum-Harpen. Brinkhoffs Stammhaus in Bochum-Harpen ist seit Kurzem dicht. Stammgäste bedauern das. Für den Eigentümer ist klar: Das soll nicht das Ende sein.
Das Lokal steckt voller Geschichten – und ist nun selbst vorerst Geschichte. Seit dem vergangenen Wochenende ist Brinkhoffs Stammhaus am Harpener Hellweg in Bochum-Harpen geschlossen. „Wir haben viel versucht“, sagt Kneipier Marvin Wiegandt. Doch am Ende seien einfach zu wenig Gäste gekommen. „Vor zwei Wochen war am Freitagabend ein Gast hier, am Samstag überhaupt keiner. Ich hatte eine Einnahme von 7,20 Euro.“ Zu wenig, um einfach weiterzumachen.
7,20 Euro Umsatz am Wochenende: Kneipe in Bochum-Harpen schließt
Zumal es kein Einzelfall war. „Es kam vor, dass ich an drei der sechs Tage, an denen wir geöffnet hatten, hier ganz allein im Laden stand“, berichtet Wiegandt weiter. Zuletzt war daher nur noch an drei Tagen die Woche geöffnet. Da waren dann zumindest Jörg und Babsi Retny immer da. „Bis auf das besagte Wochenende“, erklärt Wiegandt. „Da hatte der Jörg Geburtstag.“ Und war somit entschuldigt.
Die Retnys bedauern das Aus für ihre Stammkneipe sehr. „Wir wohnen gleich um die Ecke“, sagen sie. Als Rentner seien sie froh gewesen, auf kurzem Wege „etwas Unterhaltung zu bekommen“. Dazu müssen sie jetzt ins Auto steigen. „Denn mit dem Stammhaus ist die letzte Kneipe in Harpen geschlossen. Das Dorf ist jetzt praktisch tot. Und wir haben nun das Dilemma, wissen nicht wohin.“
Früher sei Brinkhoffs Stammhaus schon mittags brechend voll gewesen. „Da gab es aber auch noch viel mehr Geschäfte in Harpen“, erzählt Jörg Retny. „Doch dann kam der Ruhrpark...“
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Einen Tisch weiter sitzen Jens, Fynn und Sascha beisammen und prosten sich zu – mit einem der vorerst letzten Biere, die hier über den Tresen gehen. „Ist schon traurig, dass es hier im Ort jetzt keine Kneipe mehr gibt“, bedauern sie. Jetzt müsse man nach Hiltrop oder Kornharpen fahren, um einen geselligen Abend zu haben.
Dort, in Kornharpen, wird Marvin Wiegandt weiterarbeiten. Im Haus Klee, zu dessen Team er eigentlich ohnehin zählt. Doch sein Chef Abdelilah Glioula, der beide Lokale führt(e), habe ihn den Laden in Harpen schmeißen lassen. Dort habe man nichts unversucht gelassen, versichert der 24-Jährige. „Wir haben es mit warmer Küche versucht und ohne, haben Themenabende organisiert – vom Aperitif-Abend über ein Candlelight-Dinner und Konzerte bis hin zur Super-Bowl-Übertragung. Da war es auch immer richtig voll. Im normalen Alltag dann aber nicht mehr.“
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Wiegandt beklagt, dass es an jungen Leuten fehlt. Die aus Harpen sehe er dann im Bermuda-Dreieck. Brinkhoffs Stammhaus sei „dafür gemacht, dass man hier Essen serviert. Nur mit Getränken allein bekommt man die Kohle nicht rein“. Und ohne Gäste erst recht nicht. Was Wiegandt ärgert: „Die, die sich jetzt über das Aus hier beklagen, waren selbst nie hier.“
Brinkhoffs Stammhaus hat eine lange Geschichte. Es stammt von 1785 und ist das Geburtshaus von Fritz Brinkhoff, Gründungsbraumeister der Dortmunder Union-Brauerei im Jahre 1873 und Namensgeber der bekannten Dortmunder Biermarke. 1904 ist das Gebäude bis auf die Grundmauern abgebrannt und wieder aufgebaut worden. „Der Parkettboden hier ist noch von 1905, die Holzvertäfelung“, berichtet Klaus Kost, dessen Familie das Haus gehört.
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Der 91-Jährige schaut zusammen mit seiner Frau Doris auch am letzten Abend noch einmal im Stammhaus vorbei. „Ich bin hier groß geworden“, sagt er, „habe quasi aus dem Kinderwagen heraus das Bier gezapft.“
Eigentümer sucht Nachpächter: „Es soll weitergehen“
Inzwischen ist sein Sohn Markus Kost der Eigentümer des Hauses. „Das Stammhaus war seit Jahrzehnten ein gut gehender Restaurantbetrieb“, sagt er und erzählt, dass das Lokal erst vor etwa einem halben Jahr aus Personalmangel zur Kneipe umgewandelt worden sei.
Der aktuelle Pachtvertrag laufe noch bis September 2026, so Kost. Er wäre aber auch bereit, den Pächter früher zu entlassen, wenn er einen engagierten Nachfolger finde. Kosts Ziel ist, dass die Lichter in Brinkhoffs Stammhaus möglichst bald wieder angehen – als Restaurantbetrieb, wie in der Konzession vorgesehen. Für ihn ist klar: „Es soll weitergehen.“