Bochum. Karl-Heinz Zander aus Bochum ist früher für jeden Weg ins Auto gestiegen. Doch dann passierte etwas – und er verschenkte den Wagen.

Karl-Heinz Zander verschenkt zu Weihnachten sein Auto. „Ich habe es ein paar Monate lang ausprobiert und festgestellt: Ich brauche es nicht mehr“, erzählt der 72-Jährige. Der Rentner wohnt im Bochumer Stadtparkviertel, seine Partnerin Barbara Wulf-Ospach (73) in Bielefeld. Die beiden kommen mit Bus und Bahn gut zurecht – und erleben die Region dabei völlig neu.  

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„Für uns bedeutet Verkehrswende, auf den ÖPNV umzusteigen“, sagt Zander. „Ein Elektroauto wäre für uns keine Alternative.“ Gemeinsam mit seiner Partnerin erkundet er Bochum und Umgebung, aber auch Bielefeld und andere Teile Deutschlands, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln – ganz ohne Stress. „Wir setzen uns zusammen über den Linienplan, planen interessante Fahrten und genießen es, entspannt im Bus oder der Straßenbahn zu sitzen, zu plaudern und die Aussicht zu genießen.“  

Nicht mehr im Stau stehen: Schnell in verschiedenen Teilen Bochums und Nachbarstädten

Von seinem Zuhause im Stadtparkviertel erreichen die beiden mit der Linie 308 schnell den Schlosspark Weitmar und das Museum unter Tage. Die U35 bringt sie bequem nach Herne zum Archäologischen Museum und die 302 zum Kunstmuseum in Gelsenkirchen-Buer. „Der Stau entfällt. Das ist so viel angenehmer als mit dem Auto“, sagt Zander. Auch weitere Ausflüge stehen regelmäßig an: Mit dem Deutschlandticket waren die beiden bereits in Maastricht, nächstes Jahr soll es per Zug in Richtung Rumänien gehen. „So kann man sich viel besser aufeinander konzentrieren. Wir lesen und plaudern im Zug – das wäre im Auto undenkbar.“

Karl-Heinz Zander verschenkt zu Weihnachten sein Auto. Er selbst fährt inzwischen lieber mit den Öffis. 
Karl-Heinz Zander verschenkt zu Weihnachten sein Auto. Er selbst fährt inzwischen lieber mit den Öffis.  © privat | Karl-Heinz Zander

Die Entscheidung, auf das Auto zu verzichten, ist in Zander im vergangenen Jahr gereift. Zuvor hatte Zander seine kranke und inzwischen verstorbene Frau drei Jahre lang gepflegt. „Damals war das Auto eine Notwendigkeit, weil ich schnell einkaufen musste und wenig Zeit hatte.“ Und auch, um zu Arztterminen zu kommen, sei das Auto unabdingbar gewesen. „Jetzt habe ich mehr Ruhe, und Barbara hat mich dazu ermutigt, das Auto öfter stehenzulassen.“  

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Auto bleibt in der Familie: Mehrere Personen sollen es künftig nutzen

Bekommen soll das Auto seine Tochter Julia, die mit ihrer Partnerin in Hamburg lebt. „Am Stadtrand von Hamburg ist ein Auto praktisch.“ Besonders, weil Tochter Julia regelmäßig einen Verwandten im ländlichen Schleswig-Holstein besucht und zu sich holt, erklärt Zander. Diese Fahrten seien mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ziemlich umständlich. Außer den beiden soll aber auch die ganze Familie auf das Auto zurückgreifen können. Zanders Schwägerin etwa, wenn sie in den Urlaub fahren wolle – ein eigenes lohne sich für sie nämlich nicht, da sie es im Alltag ebenso wenig brauche, wie Zander selbst.

„Hier gibt es nicht zu wenig Parkplätze, sondern zu viele Autos.“

Karl-Heinz Zander

Dass Zander sein Auto loswerden möchte, hat besonders auch mit seinen Erfahrungen in Bochum zu tun: „Hier gibt es nicht zu wenig Parkplätze, sondern zu viele Autos.“ Die Zahl der Autos in Deutschland, die laut Statistik auf jeden Einwohner komme, empfindet er als alarmierend. In Bochum seien das zum Beispiel mehr als 590 Autos auf 1000 Einwohner. „Natürlich gibt es Menschen, die ein Auto brauchen, etwa Handwerker oder Menschen mit Behinderung. Aber für viele wäre der ÖPNV eine gute Alternative.“  

Bochumer verschenkt zu Weihnachten sein Auto an die Tochter - Mit den Öffis fahren findet er viel schöner
Kalle Zander (72) und seine Partnerin Barbara Wulf-Ospach (73) fahren viel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Zander ist überzeugt: „Der Umstieg auf den ÖPNV macht Spaß.“ Gemeinsam mit Barbara will er weiterhin die Region entdecken – auf Schienen und mit dem Bus. „Es ist einfach schöner, den Blick schweifen zu lassen, statt sich durch den Verkehr zu quälen.“ Wichtig sei dabei nur, nicht direkt aufzugeben, wenn es am Anfang etwas holprig laufe. „Je öfter man fährt, desto häufiger geht auch alles glatt.“ Und: man müsse sich auch erst dran gewöhnen, das Auto stehenzulassen. „Ich musste mir zum Beispiel neue Supermärkte zum Einkaufen suchen. Die, die ich gut mit dem Auto erreichen kann, sind nicht unbedingt die, die ich auch zu Fuß gut erreiche.“

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