Wattenscheid. Die Wattenscheider Innenstadt verödet. Händler und Kunden sind verzweifelt. Bochum will nun gegensteuern, für einige kommt das aber zu spät.
Geschäfte schließen, die Laufkundschaft bleibt zunehmend aus: Dass das nicht spurlos an den verbleibenden Einzelhändlern vorbeigeht, das zeigt ein kurzer Blick in die Wattenscheider Innenstadt. Schon bald wird das Reformhaus an der Oststraße in Wattenscheid schließen. Der Abverkauf soll schon im November starten.
Direkt nebenan gibt es ähnlich schlechte Nachrichten: „Wir schließen“ prangt dort in großen Lettern im Schaufenster von Wohnoutlet24.de. „Das ist wirklich schade“, meint eine Kundin des Deko-Ladens, die extra noch einmal aus Dortmund hergekommen ist, um ein paar Artikel zu kaufen.
Wattenscheider Zentrum: Entwicklung zum Verzweifeln
„Wattenscheid ist einfach nicht mehr das, was es einmal war“, sagt eine Kundin des Concept-Stores „LeichtSinn“ am Alten Markt. Sie ist froh, dass sich zumindest dieses Geschäft wacker hält. Insgesamt sind sich Kunden, Händler und Passanten im Gespräch mit der Redaktion einig: Wie sich das Wattenscheider Zentrum entwickelt, das ist zum Verzweifeln. Viele von ihnen erinnern sich an eine Zeit, in der es hier noch lebendiger war und ein breites Angebot gab. Heute dagegen fühlen sich viele von ihnen regelrecht unwohl, wenn sie durch die Wattenscheider Innenstadt gehen.
+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++
Schon seit 2006 verfolgt die Stadt Bochum mit dem „Masterplan Einzelhandel“ eine zentrenfreundliche Einzelhandelsstrategie. Zusätzlich wurde im Oktober das neue Handlungskonzept „Zentren neu denken“ vorgestellt, das das Planungsbüro Junker und Kruse im Auftrag der Verwaltung erarbeitet hat und das dabei helfen soll, die Quartiers- und Stadtteilzentren in Bochum langfristig zu beleben und weiterzuentwickeln.
Neues Konzept der Stadt Bochum: So soll sich das Wattenscheider Zentrum entwickeln
Das neue Handlungskonzept legt den Fokus auf die veränderten Anforderungen im Einzelhandel sowie auf aktuelle Herausforderungen in den Bereichen Klimaschutz und Mobilität. Das Wattenscheider Zentrum soll demnach künftig als „Gesundheits-Hub“ etabliert werden, mit verbesserter Aufenthaltsqualität und attraktiven, klimagerechten Freiräumen.
+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++
Dazu schlägt das Konzept mehrere Maßnahmen vor. Die Eingangsbereiche und zentralen Plätze sollen etwa durch Grünelemente und Kunstinstallationen aufgewertet werden. Neues Stadtmobiliar und neue Verweilbereiche mit Schattenplätzen sollen die Aufenthaltsqualität steigern und den Innenstadtbereich freundlicher gestalten. Zudem sind Pop-up-Stores und andere Programme geplant, um neue Konzepte für Einzelhandel und Gastronomie zu fördern und so das Angebot für Besucher zu erweitern.
Bewohner und Geschäftsinhaber in Wattenscheid sind skeptisch
Einige Bewohner und Geschäftsinhaber sind dennoch skeptisch, ob das Konzept die gewünschten Effekte erzielen wird. Ina Schlömann, die das Geschäft „LeichtSinn“ seit 25 Jahren führt, erklärt: „Dem Bochumer Stadtzentrum geht es ja selbst auch nicht gut.“ Da habe sie umso weniger Hoffnung für Wattenscheid, das ja von der Stadt oftmals auch eher stiefmütterlich behandelt werde. Sie bedauert, dass Einkaufszentren und der Online-Handel dem stationären Handel zunehmend das Wasser abgraben.
Immer mehr Geschäfte müssten so schließen, was wiederum viele Kunden dazu verleite, gar nicht mehr zum Einkaufen in die Zentren zu kommen. Laufkundschaft gebe es in Wattenscheid kaum noch. Sie habe Glück, so viele Stammkunden zu haben. 90 Prozent seien es bei ihr in etwa. „Das Konsumverhalten hat sich durch das Online-Shopping ja auch stark verändert“, meint sie. Eine Kundin sieht das ähnlich. Hinzu käme der Mangel an attraktiven Treffpunkten, die sonst noch Menschen in das Zentrum ziehen könnten. Selbst eine Kneipe würde fehlen, stimmt Schlömann ihr da zu.