Bochum. Im Juli endete eine Attacke im Bochumer Hauptbahnhof für einen Obdachlosen tödlich. Fünf Frauen gaben alles, um ihn zu seiner Familie zu bringen.
Eigentlich hatte Silviu Munteanu große Pläne, als er nach Deutschland gekommen ist, stattdessen starb er Ende Juli nach einer Attacke am Bochumer Hauptbahnhof an seinen Verletzungen. Der 38-jährige Rumäne wollte hier eine Arbeit finden und sich und seiner Familie so ein besseres Leben ermöglichen. Während ein guter Bekannter von ihm einen Job bei der Kirmes ergatterte, ging der 38-Jährige allerdings leer aus.
Statt einen Job zu finden, wurde Munteanu obdachlos. Unter anderem im Bochumer Hauptbahnhof suchte der Rumäne Schutz – auch wieder einmal an dem Tag Ende Juli, als ein 21-jähriger Mann aus Lünen ihn im Schlaf so attackiert haben soll, dass er anschließend an seinen Verletzungen starb.
Mit ihrer lokalen Initiative „Hilfe aus dem Kofferraum“ sorgten fünf Bochumerinnen nun dafür, dass der Leichnam des Rumänen wieder in seine Heimatstadt Bârlad überführt und er dort von Munteanu Familie und entsprechend seiner Religion beerdigt werden konnte. Dazu starteten die Frauen nach der Tragödie einen Spendenaufruf, den sie vor allem im Kreis ihrer Bekannten teilten.
Cousin des getöteten Obdachlosen bat Bochumerinnen um Hilfe
Die Frauen engagieren sich nach eigenen Angaben privat regelmäßig für Obdachlose. Sie sprechen mit ihnen, fragen, was sie brauchen, versorgen sie mit Essen, Kleidung und Hygieneprodukten. Daher kannten sie auch das Opfer aus dem Hauptbahnhof. Sein Cousin Mihai Raducanu, der einzige Verwandte Munteanus in Bochum, sei nach dessen Tod dann auf sie zugekommen und habe sie um Hilfe gebeten. „Zuerst dachte ich, dass wir es nicht schaffen werden“, schildert er.
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„Seine Mutter hat unfassbar wenig Geld zur Verfügung“, erklärt Angela Füllbeck, die innerhalb der „Hilfe im Kofferraum“-Gruppe die Spendenaktion maßgeblich organisiert hat. Deshalb sei es den Frauen ein Anliegen gewesen, sie zu unterstützen. Hätten sie das nicht getan, hätten der Mutter die finanziellen Mittel gefehlt, um ihren Sohn in die Heimat zurückzubringen und dort beerdigen zu lassen. Das wäre auch besonders aus religiösen Gründen schlimm für die Mutter und die weiteren Angehörigen gewesen, sagt Füllbeck. Wäre der Leichnam in Deutschland geblieben, hätte man ihn sicher eingeäschert, meint sie. Für die Familie sei das allerdings eine besonders schlimme Vorstellung gewesen. Diese gehöre einer Christlich Orthodoxen Gemeinschaft an. „Nach ihrem Glauben wäre er dann in die Hölle gekommen.“ Das bestätigt auch Munteanus Cousin: „Für meine Familie ist es sehr wichtig gewesen, dass er nicht verbrannt wurde und dass er zu Hause beerdigt wird.“
Bochumer Bestattungsinstitut unterstützte die Aktion
„Wir möchten von den Spendengeldern die Überführung durch ein Bochumer Beerdigungsinstitut direkt bezahlen“, erklärte die Gruppe in ihrem Aufruf. Innerhalb kürzester Zeit kamen über diesen insgesamt 2000 Euro zusammen, dann habe sie die Spendenfunktion deaktiviert, erklärt Füllbeck. Von den Spenden sei noch die Servicegebühr abgegangen, schildert sie. Den Rest verwendeten sie, um das Bochumer Bestattungsinstitut Fritz und das rumänische Bestattungsinstitut „BorealisVest“ zu bezahlen.
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„Besonders Fritz ist uns extrem entgegengekommen“, berichtet Füllbeck. Das Unternehmen habe den Leichnam bis zur Überführung nach Rumänien aufbewahrt und die Gruppe bei notwendigen Behördengängen unterstützt und anschließend sogar auf einen Großteil seiner üblichen Gebühren verzichtet. BorealisVest überführte den verstorbenen Munteanu schließlich nach Rumänien. Die Beerdigung in Bârlad finanzierte Munteanus Mutter mithilfe vor Ort gesammelter Spenden.
Das passierte mit den übriggebliebenen Spenden
Ohne die Hilfe von Andrea Füllbeck und dem Team von „Hilfe aus dem Kofferraum“ hätte seine Familie das nicht geschafft, ist sich Mihai Raducanu sicher. Auch emotional sei Füllbeck der Familie eine große Stütze gewesen. Die ganze Familie danke ihr dafür von Herzen.
Insgesamt seien die Kosten deutlich niedriger ausgefallen als erwartet, so Füllbeck. Den Teil der Spenden, den „Hilfe aus dem Kofferraum“ schließlich nicht benötigte, um Munteanus Transport nach Rumänien zu organisieren, überwiesen die Frauen an die Kinder des Verstorbenen.