Bochum. In Bochum gibt es weniger wohnungslose Menschen. Aber nur, weil anders gezählt wird. Bedarf an Unterkünften ist weiter da. Die aktuellen Zahlen.
Auf den ersten Blick scheint sich die Lage entspannt zu haben. Hatte sich die Zahl der Wohnungslosen in Bochum zuletzt verfünffacht, so ist nun ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen: von 342 auf 202 (Stand November 2023). Klingt gut, hat aber wenig mit der Realität zu tun. Denn ab diesem Jahr wird einfach anders gezählt. Der Bedarf an Unterkünften für obdachlose Menschen in unserer Stadt ist weiterhin groß – und lässt die Stadt entsprechend handeln.
Ohne Wohnung in Bochum: Stadt plant zentrale Einrichtung
Bis Ende 2023 waren nämlich auch Geflüchtete in der Statistik erfasst. Menschen, die eigentlich in eine Wohnung ziehen sollten, bei denen das aber – aus unterschiedlichsten Gründen – nicht geklappt hat. „Doch jetzt wurde die Zählweise geändert“, erklärt Jens Vieting, Leiter des Sozialamtes. Und nach dieser seien es jetzt, Anfang 2024, 204 Personen ohne Wohnung.
Für diese gibt es – Stand heute – noch genügend Unterbringungsmöglichkeiten. Von den aktuell 275 zur Verfügung stehenden Unterkünften (Kolpinghaus, Herzogstraße, Wohlfahrtstraße, Höntroper Straße, Wasserstraße, Hohensteinstraße, Uhlandstraße, Fliednerhaus, Schützenstraße) fallen allerdings perspektivisch 114 Plätze (Kolpinghaus, Herzogstraße, Wohlfahrtstraße) weg (siehe Infobox). Damit verbleibt eine Kapazität von 161 Plätzen, die sich durch die Anmietung der Lothringer Straße auf 186 Plätze erhöhen wird. Heißt: Nach derzeitigem Stand fehlen knapp 20 Plätze.
Auch, weil an der Lothringer Straße in Gerthe weniger Obdachlose aufgenommen werden als ursprünglich vorgesehen. Statt 42 Menschen werden in der früheren Senioreneinrichtung „Haus Gloria“ lediglich maximal 25 leben. Zuvor hatte es massiven Protest dagegen gegeben, dort – umgeben von Kindergärten – wohnungslose Menschen unterzubringen.
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Da die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe laut Sozialamt einen Anstieg der Zahl der Obdachlosen von fünf Prozent prognostiziert, ergebe sich für Bochum ein zusätzlicher Bedarf von 50 Plätzen in den nächsten fünf Jahren, so Jens Vieting.
Im Rahmen der Weiterentwicklung des Konzeptes „Wohnungsnotfallhilfe“ wird deshalb eine städtisch betriebene zentrale Erstaufnahme-Einrichtung mit einer Kapazität von 50 Plätzen geplant. „Damit wären wir gut aufgestellt“, sagt Vieting. Hier wolle man Betroffene übergangsweise aufnehmen, „sie auffangen“. Von dort solle ihnen „ein Heimathafen vermittelt werden“. Ein möglicher Standort für die vorgesehene Erstaufnahme-Einrichtung ist noch nicht im Gespräch. Wann, wo und ob am Ende überhaupt stehe auch noch in den Sternen, so Vieting. „Wir halten das aber für sehr sinnvoll und werden die Gespräche nun intensivieren.“ Zudem werden auch Wohnungen gesucht, um Teile des Bedarfs über diesen Weg decken zu können.
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Noch besser und wichtiger sei es jedoch, wenn Menschen erst gar nicht ihre Wohnung verlieren. Bei drohenden Zwangsräumungen würden Betroffene deshalb zu Beratungsgesprächen eingeladen, um einen drohenden Wohnungsverlust noch abwenden zu können. Die Stadt Bochum verfüge über ein großes Netzwerk an Handelnden, die in der Wohnungsnothilfe aktiv seien. Dazu gehörten Freie Träger der Wohlfahrtspflege sowie lokale Vereine und Gruppierungen, die sowohl hauptamtlich als auch ehrenamtlich in diesem Bereich tätig sind. Um das bestehende Netzwerk zu pflegen und weiter auszubauen, wurde der Arbeitskreis Wohnungslosigkeit gegründet, der eine Austauschmöglichkeit für alle Handelnden bietet.
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Die wohnungslosen Geflüchteten, die mit dem Jahreswechsel aus der Obdachlosen-Statistik gefallen sind, wurden übrigens in der Flüchtlingsunterkunft an der Höntroper Straße untergebracht, so Sozialdezernentin Britta Anger. „Und dort bleiben sie dann auch.“
114 Plätze fallen weg
Wie die Stadt Bochum mitteilt, fallen perspektivisch drei Unterkünfte für Menschen ohne Wohnung weg. Und das aus unterschiedlichen Gründen, berichtet Jens Vieting, der Leiter des Sozialamtes.
Im Kolpinghaus in der Innenstadt sei die Vermietungssituation auf Dauer unklar, so Vieting. Die Herzogstraße in Hofstede soll künftig für geflüchtete Menschen genutzt werden. „Und an der Wohlfahrtstraße (Wiemelhausen, Anm. d. Red.) ist eines der Häuser abgängig und dazu langfristig eine Nutzung für Geflüchtete angedacht.“