Bochum. Bochum muss sich auf die Suche nach einem neuen Generalmusikdirektor für seine Symphoniker machen. Tung-Chieh Chuang geht. Das sind seine Gründe.
Die Zeichen stehen auf Abschied: Generalmusikdirektor Tung-Chieh Chuang wird die Bochumer Symphoniker in zwei Jahren zum Ende der Spielzeit 2025/26 verlassen. Dies gab die Stadtverwaltung am Mittwochabend bekannt. Der 41-jährige Dirigent erfüllt damit seinen über fünf Jahre laufenden Vertrag und möchte sich künftig „intensiver auf seine internationale Karriere und Auftritte als Gastdirigent“ konzentrieren, heißt es.
Bochums Generalmusikdirektor erfüllt seinen Fünfjahresvertrag
Über die Entscheidung, ob Chuang geht oder seinen Vertrag in Bochum möglicherweise noch verlängert, scheint hinter den Kulissen bis zuletzt gesprochen worden zu sein. Noch bei unserem letzten Gespräch vor zwei Wochen betonte der GMD, dass die Gespräche darüber laufen würden und „vertraulich“ seien. „Entschieden wurde dies in den letzten Tagen“, teilt Kulturdezernent Dietmar Dieckmann auf Nachfrage mit. „Wir respektieren natürlich seinen Wunsch, nach fünf Jahren gehen zu wollen. In der Orchesterlandschaft ist ein Wechsel nach dieser Zeitspanne nicht ungewöhnlich.“
Das Orchester selbst erfuhr von dem bevorstehenden Abschied ihres Generals in den Ferien. Die Nachricht erreichte die Musiker über ihren E-Mail-Verteiler. In großer Runde treffen sie sich erst wieder zu den nächsten Proben am 25. August: Dann wird Chuang, der gerade bei seiner Familie in Taiwan weilt, wohl einige Worte an die Belegschaft richten.
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Schade ist diese Nachricht auf jeden Fall, doch überraschend kommt sie nicht. Nachdem Chuangs Vorgänger Steven Sloane den Symphonikern stolze 27 Jahre die Treue gehalten hatte, dürften manche Konzertgänger fast schon vergessen haben, dass nicht jeder Orchesterchef so lange in Bochum bleiben möchte. Sloane verlängerte seinen Vertrag bekanntlich mehrmals, weil er die Eröffnung des Musikforums, dessen Bau er maßgeblich vorantrieb, noch als GMD miterleben wollte. Diese Sorge hat Chuang nicht – und dass es einen jungen, gefragten Dirigenten wie ihn eines Tages weiter in die Welt hinausziehen würde, scheint verständlich.
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Vorgänger Sloane hat riesengroße Fußstapfen hinterlassen
Dabei hat sich das herzliche Verhältnis zwischen den Bochumern und ihrem General in den letzten Jahren erst langsam entwickelt. Chuangs Auftreten wirkte zunächst recht schüchtern, Sloanes Fußstapfen waren riesengroß. Zudem übernahm der GMD das Orchester zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, mitten in der Corona-Krise. Sein Antrittskonzert im September 2021 konnte nur vor halbvollen Rängen stattfinden. Dazu eine fremde Stadt, fremde Menschen, eine fremde Sprache: Der Start war keineswegs leicht.
Umso schöner war es dann, zu beobachten, wie sich der höfliche Musiker aus Taipeh das Publikum langsam eroberte. Seine „Von Herzen“-Konzerte, die er stets mit einer launigen Einführung beginnt, stießen auf großes Interesse. Chuang mischte sich immer häufiger unter die Zuschauer, schien die Gespräche im Foyer durchaus zu schätzen – obwohl eine Hürde blieb: Aus seiner ursprünglichen Ankündigung, fleißig Deutsch lernen zu wollen, ist bislang nicht viel geworden.
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Chuang hat das Orchester durch manch kniffelige und komplexe Werke geführt
Fachlich hingegen scheint Chuang über alle Zweifel erhaben: Mit ähnlich großer Sorgfalt, mit der er sich auf seine Dirigate vorbereitet, führte er in den letzten Jahren auch sein Orchester durch manch kniffelige und komplexe Werke. Den Stücken von Jean Sibelius und Johannes Brahms widmete er fast eine ganze Spielzeit, was am Ende auch gestandene Konzertgänger etwas ermüdete. Trotzdem: Am Klang der Symphoniker hat Chuang filigran gearbeitet. „Er hat viel verändert und das Orchester exzellent aufgestellt“, lobt Friedrich-Ernst Düppe vom Freundeskreis.
Zwei Jahre wird Tung-Chieh Chuang noch im Musikforum wirken, der kommende Spielplan liest sich vielversprechend. Wohin es ihn danach ziehen wird und ob er mit seiner Familie womöglich sogar in Bochum wohnen bleibt: unklar. Die Stadt hat er auf jeden Fall zu schätzen gelernt, er durchquert sie am liebsten mit dem Fahrrad.
Den Nachfolger soll eine Findungskommission suchen
Die Suche nach seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin beginnt bereits in den kommenden Wochen: Dafür soll erneut eine Findungskommission gebildet werden, die aus Fachleuten, Vertretern der Politik sowie aus Mitgliedern des Orchesters bestehen soll. „Das hat bei der Sloane-Nachfolge schon gut funktioniert, daran wollen wir anknüpfen“, sagt der Kulturdezernent.
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Gut möglich also, dass in den nächsten Wochen einige aussichtsreiche Kandidaten in Bochum „vordirigieren“ werden. „Wir werden uns aber auch in anderen Städten umschauen, was beim letzten Mal wegen Corona ja kaum möglich war.“ Voraussichtlich im Frühjahr soll der kommende Generalmusikdirektor feststehen.