Bochum. Die A40 bleibt noch länger gesperrt – das nervt viele. Für manche Bochumer ist der Ausnahmezustand sogar existenzbedrohend. Hier sind Stimmen.

Die Nachricht, dass die Vollsperrung der A40 in Bochum länger andauert als ursprünglich geplant, sorgt bei vielen Menschen für Frust. Bei Anne Fink, die im Marketing einer Bochumer Firma arbeitet, kommen Existenzängste hinzu, bei der Familie des Bochumers Felix Wink das Jonglieren mit Therapieterminen und die Angst vor Notfällen. Und auch für andere Bochumer, die täglich auf die A40 angewiesen sind, wird die Situation zur Herausforderung. Statt am 20. November soll die Autobahn frühestens am 13. Dezember wieder freigegeben werden – sofern das Wetter mitspielt.

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Auf den Social-Media-Kanälen der WAZ äußern viele Leser ihren Frust. „War doch klar, dass das nicht klappt“, schreibt ein Nutzer, während ein anderer scherzt: „Rechnen wir mal mit April 2025.“ Besonders zur Weihnachtszeit wird die Situation noch schwieriger, fürchtet ein dritter: „Manche Tage brauchen wir statt 25 Minuten eineinhalb Stunden, um nach Hause zu kommen. Das wird beim Weihnachtsmarkt eine Katastrophe.“ 

Bernd Vosswinkel, ein Senior aus Bochum, hätte sein Auto im Sommer beinahe verkauft – jetzt ist er froh, es doch noch behalten zu haben. „Ich bringe meine Enkel morgens zur Schule und hole sie nachmittags wieder ab. Meine Tochter pendelt zur Arbeit und schafft es wegen der vollen Straßen einfach nicht mehr, das selbst zu erledigen“, erzählt er. Auch sein Schwiegersohn, der in Bochum arbeitet, kann wegen seiner Arbeitszeiten kaum helfen. „Die Sperrung hat ihre ganze Organisation durcheinandergebracht. Ich bin froh, dass ich sie wenigstens ein bisschen entlasten kann“, sagt er.

Zusätzliche Fahrtdauer besonders für Eltern herausfordernd

Derartige Unterstützung fehlt anderen Menschen: Für Anne Fink ist die Situation besonders schwierig. Die 32-Jährige ist im vergangenen Jahr von Bochum nach Essen gezogen, um näher bei ihrer kranken Mutter zu wohnen, arbeitet aber weiterhin in Bochum. „Normalerweise brauche ich 20 bis 30 Minuten von der Kita meiner Tochter zur Arbeit, jetzt sind es oft eineinhalb Stunden“, erzählt sie.

Weil ihr Mann oft auf Dienstreisen ist, kümmert sie sich darum, ihre Tochter in Essen in die Kita zu bringen und abzuholen. Und genau jetzt kommt alles zusammen: „In der Regel kann ich viel von zu Hause aus arbeiten, aber gerade ist Projektphase und ich muss jeden Tag ins Büro. Meine Mutter könnte uns eigentlich etwas unterstützen, aber die liegt jetzt seit einer Weile schon im Krankenhaus.“

„Mein Arbeitgeber kann sich das eigentlich nicht leisten, dass ich dauernd Minusstunden mache.“

Anne Fink

Weil sie es nicht anders koordinieren kann, arbeitet Fink momentan als weniger als sie eigentlich sollte. „Meine Überstunden sind fast aufgebraucht, ich komme jetzt schon ins Minus“, sagt sie verzweifelt. „Mein Arbeitgeber versteht mich zwar und versucht, mich zu unterstützen, kann sich das aber eigentlich gar nicht leisten, dass ich dauernd Minusstunden mache. Ich kann nur hoffen, dass Mitte Dezember dann wirklich Schluss ist mit der Baustelle.“

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A40-Sperrung wirkt sich auch auf Fahrten innerhalb Bochums aus

Auch Familie Wink, kann die Situation kaum fassen: „Es macht mich sprachlos, dass die Autobahn GmbH erst am Tag der vermeintlichen Öffnung der A40 eine Fristverschiebung kommuniziert. Innerhalb eines Monats ‚verschätzt‘ man sich um vier Wochen?“, meint Felix Wink.  „Wir können uns auf diesen Ausnahmezustand nicht einstellen!“, berichtet er. „Unsere Familie ist extrem von der Sperrung der A40 betroffen. Und zwar nicht nur durch die anderthalb Stunden extra Lebenszeit, die am Tag verloren gehen, und den Stress, wenn man nach Essen fahren muss, weil unser schwerbehinderter Sohn dort seine Therapien bekommt.“

„Arzneimittel und Flüssigsauerstoff können teilweise nicht rechtzeitig geliefert werden und die letzte Fahrt mit dem Notarztwagen hat 15 Minuten länger gedauert als normal.“

Felix Wink

Hinzu komme, dass ein Großteil des Ausweichverkehrs der A40 durch Hofstede und damit genau durch den Stadtteil führe, in dem die Familie wohne. Die Folgen: „Täglich 30 Minuten länger zum Kindergarten, der Tanzunterricht der Tochter fällt regelmäßig aus, weil es niemand durch den dichten Stau in unseren 30er-Zonen pünktlich herausschafft.“

Pflegepersonal kündigt wegen zu langer Fahrtzeiten wegen A40-Sperrung

Am schlimmsten aber sei: „Das Pflegepersonal erreicht unser Haus teilweise gar nicht in der avisierten Therapiezeit und kündigt uns, weil es mit uns nicht mehr ‚rechnen‘ kann. Arzneimittel und Flüssigsauerstoff können teilweise nicht rechtzeitig geliefert werden und die letzte Fahrt mit dem Notarztwagen hat 15 Minuten länger gedauert als normal, was sehr bedrohlich wurde.“

Die Familie habe viele Termine gezielt verschoben und auf Ende November gelegt, weil die Autobahn GmbH bis zuletzt veröffentlichte, die Autobahn am 19. November wieder freizugeben. „Es ist für uns eine schon viel zu lange Zerreißprobe.“