Bochum. Es die zweite Nacht der Ausgangbeschränkungen in Bochum. Stille ist der Sound der Innenstadt – bis auf eine kurze Ausnahme.
Auch in der zweiten Nacht der Ausgangssperre war es ruhig in der Bochumer City: am Bermudadreieck, am Musikforum, in der Fußgängerzone, vor dem Hauptbahnhof. Alle Hotspots waren erkaltet. Mit einer Ausnahme: Punkt 22 Uhr mit Beginn der Ausgangssperre wurde es auf dem Hans-Schalla-Platz vor dem Schauspielhaus laut.
Etwa 60 Personen waren nach Auskunft der Polizei dort zusammengekommen. „Das war eine spontane Demo aus dem Antifa-Spektrum“, so Polizeisprecher Marco Bischoff. Es seien ein paar Feuerwerkskörper geflogen. Mit Eintreffen einiger Streifenwagen habe sich die Gruppe jedoch schnell aufgelöst. „Ansonsten gab es keine besonderen Vorkommnisse“, so der Sprecher.
Nur zwei Taxifahrten in fünf Stunden
Taxifahrer Zeki Demir erlebt das so: Fünf Stunden seit Schichtbeginn und erst zwei Fahrten. Er steht am späten Samstagabend am Hauptbahnhof vor seinem Taxi und wartet auf Kundschaft. Seine Branche ächzt schon lange unter der Corona-Pandemie. Und die Ausgangssperre wird ihr womöglich den nächsten Schlag versetzen.
„Normalerweise stehen hier um die Uhrzeit dreimal so viele Taxis“, sagt Demir und blickt auf die sechs Wagen, die sich nach 22 Uhr vor dem Hauptbahnhof aufgereiht haben. „Wir hoffen alle auf Fahrten und darauf, dass es besser wird“, sagt er „Vielleicht in einigen Wochen, wenn viel mehr Menschen geimpft sind und wieder mehr möglich ist.“ Aber im Moment ist es trostlos für die Zunft der Droschkenkutscher.
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Umsatzeinbrüche nach 17 Uhr für Taxiunternehmen
Auf bis zu 80 Prozent schätzt der erfahrene Taxifahrer die Umsatzeinbrüche bei den Spät- und Nachtschichten. „Bis 17 Uhr haben wir die Krankenfahrten. Aber sonst?“ Früher habe er morgens schon mal Putzfrauen zu ihrer Arbeit gebracht – kurze Strecke, sechs Euro. „Fünf Fahrten sind 30 Euro, so kommt auch etwas zusammen.“ Spät abends hat er Studentinnen nach Hause gefahren, die im Bermudadreieck arbeiten und die in der Nacht nach Wattenscheid oder Gerthe müssen. Aber diese Kundschaft fehlt ebenso wie Dienstreisende oder Auswärtige, die vom Hauptbahnhof nach Hause oder ins Hotel gebracht werden wollen. Stillstand.
Die Liste der Corona-Leidenden ist lang. „Das ist eine Kette“, sagt Zeki Demir und zeigt mit der Hand in Richtung Nordring. „Das zieht sich vom Starlight über die Hotels, über das Bermudadreieck zu Taxis und Imbissbetrieben.“ Zeit, dass sich was dreht.
Erste Premiere nach elf Monaten
Das finden auch Katharina Bondzin und Anorte Brillowski. Die beiden Frauen stehen mit ihren Fahrrädern am Fuß des Bermudadreiecks an der Fußgängerampel der Viktoriastraße und warten. Eine Grünphase, zwei Grünphasen, drei Grünphasen. Und sie stehen immer noch dort. Weit nach 22 Uhr. Dürfen die denn das?
Sie dürfen. „Wir kommen von der Arbeit und wir haben eine Bescheinigung von unserem Arbeitgeber, sollte uns die Polizei anhalten“, sagt Katharina Bondzin. Ihr Arbeitgeber, das ist das Schauspielhaus Bochum. Die Frauen sind Maskenbildnerinnen und haben – beseelt von den Eindrücken der ersten Premiere seit elf Monaten – einfach noch Redebedarf.
Keine Feier im Schauspielhaus
„Es war wirklich schön“, sagt Anorte Brillowski. Ihre Kollegin pflichtet ihr bei. Anders als sonst hatten sie bei dem Live-Stream auch die Möglichkeit, Teile des Stücks anzusehen – eben als Stream in der Maske. „Das ist die dritte Inszenierung von Peer Gynt, die ich erlebe. Ich hätte nicht gedacht dass sie so anders sein könnte“, sagt Katharina Bondzin.
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Die beiden Frauen bedauern, dass wegen Corona die Premierenfeier ausfällt. Ein Ereignis von unschätzbarem Wert für Theatermacher und -besucher gleichermaßen. „Erst gibt es einen kleinen Sektumtrunk der ganzen Crew. Dann spricht der Intendant oder der Regisseur. Alle räumen ihren Arbeitsplatz auf und kommen bei der eigentlichen Feier zusammen und tauschen sich aus – Schauspieler, die Crew hinter der Bühne, das Publikum.“ Und diesmal? Fehlanzeige.
Alle Hotspots sind erkaltet
Beim Gespräch mit den beiden Maskenbildnerinnen hastet ein Jogger vorüber. „Kein Problem, bis 0 Uhr ist das erlaubt“, sagt später der städtische Ordnungsdienst, den wir an der Ecke Kortumstraße/Huestraße treffen. Überhaupt laufen oder fahren per Rad immer mal wieder vereinzelte Personen durch die Innenstadt. Von ihnen nehmen die vielen Streifenwagen allerdings keine Notiz. Aus einer Bar am Südring dringt bassbetonte Musik auf den Bürgersteig, der leere 350er der Bogestra gleitet vorbei. Szenen einer leeren Stadt.
Stille ist der Sound der Ausgangssperre
„Bislang ist es sehr entspannt“, sagt der städtische Ordnungsdienst beim kurzen Gespräch auf der menschenleeren Kortumstraße. Dann fährt er davon in einem Auto mit leise surrendem Elektromotor. Es ist der Sound der Ausgangssperre.