Bochum. Das Schauspielhaus Bochum besteht 102 Jahre, nun ist die erste Online-Premiere fällig. Was man über die Neufassung von „Peer Gynt“ wissen sollte.
Das Schauspielhaus Bochum bleibt wegen Corona geschlossen, gespielt wird trotzdem. Am Wochenende steigt die erste Online-Premiere in der Geschichte des Bochumer Theaters. Die WAZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu der Aufführung.
Worum geht’s?
Um die Premiere von „Peer Gynt“ nach Henrik Ibsen im Schauspielhaus Bochum am Samstag, 24. April. Das Theater ist seit Monaten wegen Corona geschlossen und hat bislang – bis auf die Probenfassung von „Ödipus“ als szenische Lesung – nur Repertoirestücke als Livestream ins Internet gehievt.
Das ändert sich jetzt: „Peer Gynt“ ist die erste Premiere in der über 100-jährigen Geschichte des Theaters, die nicht vor Publikum gespielt wird. Lediglich die Schauspielerinnen und Schauspielern nebst den an der Produktion Beteiligten und ein Film-Team, das die Aufführung bildschirm-gerecht ‘rüberbringen soll, sind im Großen Haus anwesend. Der geneigte Zuschauer auf dem heimischen Sofa darf sich auf zwei Stunden Spielzeit ohne Pause einrichten.
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Was ist zu erwarten?
„Peer Gynt“, 1867 von dem norwegischen Dramatiker Henrik Ibsen verfasst, gilt als einer DER bekanntesten Bühnenklassiker. Die Hauptfigur ist ein Getriebener, der auf der Suche nach sich selbst zwischen Welt und Traum, Mystik und Fantasie umherirrt. Doch mit welchem Ziel? In einer berühmten Szene vergleicht sich Peer mit einer Zwiebel, die viele Hüllen, jedoch keinen Kern aufzuweisen hat.
Hier gibt’s Karten
Die Premiere von „Peer Gynt“ wird am Samstag, 24. April, um 19.30 Uhr live aus dem Schauspielhaus übertragen. Eine vorherige Anmeldung (Zugangs-Link) auf der Website www.schauspielhausbochum.de ist erforderlich.Die Übertragung ist kostenpflichtig, man kann entscheiden, welchen Preis man zahlen möchte. Es gibt Low-Budget-Tickets (5 Euro), Sparpreis-Tickets (10 Euro), Normalpreis-Tickets (15 Euro), Solidaritäts-Tickets (20 Euro), Unterstützer-Tickets (30 Euro) und Ermöglicher-Tickets (50 Euro).
Diesen überkommenen Blickwinkel - jenen der Selbstfindung - macht sich die Inszenierung allerdings nicht zu eigen, man könnte auch sagen, sie bürstet ihn gegen den Strich. Vielmehr wird der ewig suchende Peer als ein Ego-Shooter vorgestellt, der auch vor Lügen, Besserwisserei und selbst vor kolonialer Ausbeutung nicht zurückschreckt. Es werden männliche Herrschaftsgesten entlarvt, dazu kommt die Demontage eines als verstaubt aufgefassten Theaterbegriffs, sowohl, was die Inhalte als auch was den Umgang mit Klassikern – wie eben „Peer Gynt“ – angeht.
Wer ist der Regisseur?
Dušan David Pařízek (*1971). Der tschechische Künstler zählt zu den gefragtesten Theatermachen; mit „Die lächerliche Finsternis“ am Akademietheater Wien stieg er 2015 zum Regisseur des Jahres auf. Im Schauspielhaus inszenierte er zuletzt im März 2019 „Iphigenie“ nach Euripides und Elfriede Jelinek, ein grelles, verschachteltes Spektakel von einiger Durchschlagskraft, das vom Premierenpublikum gefeiert wurde. Wie damals in der „Iphigenie“, torpediert Pařízek auch in „Peer Gynt“ männliche Herrschaftsgesten und schüttelt mit viel Musik das Stück kräftig durch. Ob es danach noch wiederzuerkennen ist, wird sich zeigen.
Wer wirkt mit?
Die Titelrolle übernimmt Anna Drexler, die sich mit überzeugenden Auftritten in „King Lear“ oder „Die Jüdin von Toledo“ in Bochum viele Freunde gemacht hat. Freuen darf man sich auf ein Wiedersehen mit Anne Rietmeijer, eine starke Nachwuchskünstlerin, die man länger nicht on stage erleben konnte. Sie ist als Peers Geliebte Solveig besetzt und steuert darüber hinaus einen selbstverfassten „Abgesangs auf den westlichen Dramenkanon“ bei.