Mülheim. Jetzt ist es raus: Die sieben Autoren, die mit ihren Stücken an den 48. Mülheimer Theatertagen teilnehmen, stehen fest. Festival-Start: 13. Mai.

Jetzt steht es fest: Festivalleitung und Auswahlgremien der 48. Mülheimer Theatertage (13. Mai bis 3. Juni 2023) haben bekannt gegeben, wer in diesem Jahr ins Rennen um den Mülheimer Dramatikpreis geht. Eingeladen zu den „Stücken“ sind wie immer sieben zeitgenössische Autorinnen und Autoren mit herausragenden deutschsprachigen Werken, die im Vorjahr an einem Theater uraufgeführt wurden. Außerdem sind wieder fünf Kinderstücke für den Kinderstücke-Preis nominiert.

Die Stücke werden im Mai in Mülheim aufgeführt

Schneller Sieg für Sivan Ben Yishai bei den „Stücke-Tagen“

Die beiden Auswahlgremien hatten in den vergangenen Monaten wieder richtig viel zu tun, sie haben unzählige Texte von deutschsprachigen Dramatikerinnen und Dramatikern gelesen und die entsprechenden Inszenierungen an unterschiedlichsten Bühnen angeschaut. „Ihr Pensum an Text-Seiten und Bahnkilometern war enorm“, bedankte sich Festivalleiterin Stephanie Steinberg noch vor der Verkündung der Nominierten bei den Juroren. Kulturdezernentin Dr. Daniela Grobe lobte die Gremien und auch das „Stücke“-Team, das klein sei, aber exzellente Arbeit leiste.

Das Auswahlgremium für die Erwachsenenstücke habe in diesem Jahr mit 169 Stücken ungewöhnlich viele Texte unter die Lupe genommen, berichtete Christine Wahl, eine der Jurorinnen. Darunter Handlungsdramen ebenso wie Singspiele oder bloße Textflächen. „Das Schönste ist, dass sich die ausgewählten Stücke überhaupt nicht auf einen Nenner bringen lassen“, erklärt die Theaterkritikerin. Die Themen- und Formenvielfalt sei groß. „Wir haben es zudem mit einem ungewöhnlich starken Jahrgang zu tun“, so Wahl. Die Stücke-Auswahl spiegele die Komplexität, mit der die Autorinnen und Autoren – „sehr wach“ – auf die komplexe Welt reagierten.

Die Jurorinnen Dora Schneider (l.) und Christine Wahl stellen bei der Pressekonferenz im Theater an der Ruhr in Mülheim die für die 48. Theatertage nominierten Stücke vor.
Die Jurorinnen Dora Schneider (l.) und Christine Wahl stellen bei der Pressekonferenz im Theater an der Ruhr in Mülheim die für die 48. Theatertage nominierten Stücke vor. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Nur eine Mülheim-Debütantin unter den Nominierten

Nominiert sind für das Festival rund um den einzigartigen Mülheimer Dramatiker-Preis: Golda Barton mit „Sistas!“ (Inszenierung: Theaterkollektiv Glossy Pain/Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin), Sivan Ben Yishai mit „Bühnenbeschimpfung“ – Liebe ich es nicht mehr oder liebe ich es zu sehr? (Fassung: Maxim Gorki Theater, Berlin) und Katja Brunner mit „Die Kunst der Wunde“ (Schauspiel Leipzig). Außerdem dabei sind: Martin Heckmanns mit „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ (Fassung: Staatstheater Kassel), Elfriede Jelinek mit „Angabe der Person“ (Inszenierung: Deutsches Theater Berlin), Caren Jeß mit „Die Katze Eleonore“ (vom Staatsschauspiel Dresden) und Clemens J. Setz mit „Der Triumph der Waldrebe in Europa“ (Schauspiel Stuttgart).

Unter den eingeladenen Dramatikerinnen und Dramatikern gibt es viele alte Bekannte und sogar einige Preisträger. Die Grande Dame des Theaters – Elfriede Jelinek – ist bereits zum 22. Mal in Mülheim zu Gast. Ausgangspunkt ihres Stückes ist ein steuerliches Ermittlungsverfahren, es geht schließlich aber, sehr persönlich, um die Vergangenheit ihrer jüdischen Familie. Mit Sivan Ben Yishai tritt die Vorjahressiegerin („Wounds are forever“) wieder an. Mit „Bühnenbeschimpfung“ deute sie charmant und hintergründig auf blinde Flecken in der Theaterwelt hin – zum Beispiel auf unfaire Bezahlung der Schauspieler, auf ihre selbstausbeuterische Haltung oder auch auf die Egomanie von Regisseuren.

Stephanie Steinberg ist seit Jahren die Leiterin der Mülheimer Theatertage.
Stephanie Steinberg ist seit Jahren die Leiterin der Mülheimer Theatertage. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Eine Produktion passt leider nicht auf Mülheimer Bühne

Auch Clemens J. Setz, Martin Heckmanns und Caren Jeß haben schon mehrfach an den Mülheimer Theatertagen teilgenommen. Katja Brunner sicherte sich 2013 sogar den Dramatikerpreis mit „Von den Beinen zu kurz“. Debütantin beim Festival ist lediglich Golda Barton, die mit „Sistas!“ eine ganz moderne Überschreibung von Tschechovs „Drei Schwestern“ geschaffen hat, das Theaterkollektiv Glossy Pain präsentiert diese als musikalischen Abend.

Nominiert hatte das Auswahlgremium (Christine Dössel, Wolfgang Kralicek, Stephan Reuter, Christine Wahl und Franz Wille) außerdem das Stück „Geht es dir gut?“ von René Pollesch. Die Uraufführung der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz kann aus technischen Gründen jedoch nicht in Mülheim gezeigt werden, das Bühnenbild ist nicht adaptierbar. Eine Teilnahme am Wettbewerb um den Mülheimer Dramatikpreis 2023 ist deshalb nicht möglich.

Kinderstücke-Preis wird ebenfalls in Mülheim vergeben

Die Auswahl-Jury für den Kinderstücke-Wettbewerb (Werner Mink, Dora Schneider und Theresia Walser) sichtete insgesamt 35 dramatische Texte und schaute sich deren Umsetzungen am Theater an. „Es gibt leider zu wenig Autorinnen und Autoren, die Kinderstücke schreiben“, so Dora Schneider. „Wir haben nach starken Geschichten gesucht, die relevante Fragen der Zeit behandeln. Die nicht zu pädagogisch sind und die viel Spaß bereiten.“ Das Fantastische, Surreale und Märchenhafte spiele bei allen ausgewählten Werken eine Rolle.

„kirschrotGalaxie“ heißt der Festival-Beitrag von Anah Filou (Inszenierung: Theater am Kästnerplatz, Saarbrücken). Er ist bei den Kinderstücken in Mülheim zu sehen.
„kirschrotGalaxie“ heißt der Festival-Beitrag von Anah Filou (Inszenierung: Theater am Kästnerplatz, Saarbrücken). Er ist bei den Kinderstücken in Mülheim zu sehen. © Unbekannt | Mülheimer Theatertage

Um den Kinderstücke-Preis konkurrieren vom 21. bis 26. Mai: Marc Becker mit „Der Hase in der Vase“ (Inszenierung: Oldenburgisches Staatstheater), Fabienne Dür mit „Luft nach oben“ (Stadttheater Gießen), Anah Filou mit „kirschrotGALAXIE“ (von überzwerg, Theater am Kästnerplatz, Saarbrücken), Ulrich Hub mit „Lahme Ente, blindes Huhn“ (tjg. theater junge generation, Dresden) und Roland Schimmelpfennig mit „Das Märchen von der kleinen Meerjungfrau“ (Theater Heidelberg).

Umfangreiches Rahmenprogramm bei Mülheimer Festival

Beide Wettbewerbe sind mit je 15.000 Euro dotiert. Spielorte sind die Stadthalle, das Theater an der Ruhr und der Ringlokschuppen. Der Kinderstücke-Preis wird am 26. Mai vergeben, der Stücke-Preis und der Publikumspreis am 3. Juni nach einer öffentlichen Jurydebatte. Zum Festival gehört wie immer ein umfangreiches Rahmenprogramm – unter anderem mit Übersetzer-Werkstatt, Theateraufführungen außerhalb des Wettbewerbs, dem Stücke-Blog, theaterpädagogischen Angeboten und den Filmportraits von Ralph Goertz, die die nominierten Autorinnen und Autoren näher skizzieren. Sie sind ab sofort auf der Homepage stuecke.de zu sehen – als Einstimmung auf die äußerst reizvollen Theaterabende.

Vorverkauf in Mülheim

Der Vorverkauf hat begonnen - online kann man Karten bestellen auf stuecke.de.In Mülheim gibt es die Tickets auch bei der Touristinfo, Schollenstraße 1, sowie in der vier.zentrale, Leineweberstraße 15-17.In der vier.zentrale begrüßt das Theatertage-Team am Freitag, 24. März, um 11 Uhr auch zum „FrühSTÜCK am DramaTISCH“. Wer neugierig auf das Programm ist, kann sich bei Kaffee und einem Snack informieren und dann direkt Karten buchen.