Dortmund. Sie ackern tierisch, aber als Künstler sind sie bloß Zirkusvieh: Roland Schimmelpfennigs „Das Reich der Tiere“ erzählt vom Theater als Zoo.
Es gab eine lange Zeit, da war Roland Schimmelpfennig der gefragteste Bühnenautor Deutschlands. Da war er beispielsweise fünf Jahre hintereinander mit seinen eingängigen Dramen bei den Mülheimer Theatertagen vertreten. Inzwischen mag er ein wenig aus dem Fokus geraten sein, seine Arbeiten jedoch werden immer mal wieder ausgegraben.
Am Dortmunder Schauspiel hat sich jetzt der Regisseur Thorsten Bihegue an die „Trilogie der Tiere“ des Autors erinnert. Den Mittelteil, „Das Reich der Tiere“, hat er nun zum Auftakt der letzten Spielzeit von Intendant Kay Voges auf die Bühne gebracht. Es ist eine Geschichte vom Theater auf dem Theater. Fünf Schauspieler ackern sich seit sechs Jahren durch die immer gleiche Tier-Show. Längst haben sie sich an das Leben hinter den Masken von Löwe (Christian Freund), Zebra (Ekkehard Freye), Ginsterkatze (Marlena Keil), Antilope (Alexandra Sinelnikva) und Marabu (Frank Genser) gewöhnt.
Kay Voges inszeniert in seiner letzten Dortmunder Spielzeit Theater auf dem Theater
Neunmal in der Woche spulen sie die immer gleiche Geschichte vom Löwen ab, der dem Zebra die Herrschaft über das Reich der Tiere entreißen will. Inzwischen aber werden die Akteure unruhig, denn es geht das Gerücht, dass die Show bald abgesetzt werden soll. Aber wie soll man sich auch bemerkbar machen, wenn niemand im Haus sie zu kennen scheint.
Schimmelpfennigs Anliegen ist mehr als deutlich. Hier wird der Schauspieler in seiner ganzen Ohnmacht vorgeführt, die nicht selten bis zur Erniedrigung reicht. Dass der Autor dabei auch auf Komik nicht verzichtet, macht das Anliegen umso schärfer. In Dortmund allerdings wähnt man sich eher in Richtung Entertainment. Die Bühne (Oliver Helf) und die Kostüme (Theresa Mielich) leuchten in grellen Karibik-Farben, alle paar Minuten werden Tierschreie ausgestoßen, die einen zusammenzucken lassen und jedes Mal signalisieren, dass man sich nun wieder in der Show befindet. Und für Live-Musik ist auch gesorgt
Roland Schimmelpfennigs „Das Reich der Tiere“ enttäuscht am Theater Dortmund
Irgendwie, so hat man den Eindruck, lässt der Regisseur seine Inszenierung in vielen Teilen am eigentlichen Anliegen vorbeischlurfen. Ganz deutlich zeigt sich das zum Schluss, wenn die Schauspieler endgültig jede Spirale der Demütigung hinter sich haben. Wenn sie kostümiert sind als Ketchupflasche, Toast, Spiegelei und Pfeffermühle, sich gegenseitig anrempeln und dabei viele Lacher im Publikum ernten.
Die Idee für diesen „Garten der Dinge“-Schwachsinn hatte eine Autorin, die dafür einen Theaterpreis kassierte. Der Schauspieler aber ist es, der sich dafür hergeben muss.
Schauspiel Dortmund, Das Reich der Tiere. Nächste Termine: 13., 18., 24., 27. Oktober, 2., 9, 23. November. Karten (12-33€) gibt es unter Tel. 0231-5027222.