Mülheim. Luftschiff „Theo“ flog von der Mülheimer Heimatbasis in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt. Dort ist die Begeisterung für das Luftschiff groß.
Seine Heimatstadt Mülheim und das Ruhrgebiet kennt „Theo“ bestens aus der Vogelperspektive. Warum also nicht auch mal über fremde Landschaften schweben? Gerade kreist der Blimp über Erfurt und Umgebung, um für die aktuelle Bundesgartenschau (Buga) in Thüringens Landeshauptstadt zu werben.
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„Wir haben diesen Auftrag gern angenommen, weil ,Theo‘ für die Buga ein prima Werbeträger ist. Gleichzeitig machen wir mit dem Luftschiff auch Mülheim in anderen Bundesländern bekannt“, erklärt Barbara Majerus, Geschäftsführerin der WDL.
Güterbahnhof in Hagen ist die letzte bekannte Heimatlandmarke
Also starteten Marc Finney und Helmut Karraß vergangene Woche mit „Theo“ Richtung Osten. Zum vorübergehenden Abschied drehen sie noch einige Runden über Mülheim und Essen, bis die Mannschaft, die das Luftschiff betreut, in ihren Autos unter ihnen auf der A 40 zu sehen ist.
Am Boden lässt „Theo“ das Essener Rathaus, die Villa Hügel bald hinter sich. Der Kemnader See im Bochumer Süden und das Ruhrtal folgen. Danach wird es schwieriger, bekannte Fixpunkte auszumachen. Der Güterrangierbahnhof in Hagen-Vorhalle ist die letzte bekannte Heimatlandmarke, die das Luftschiff überfliegt.
Es folgen erste Hügel des Sauerlandes, kleinere und größere Seen, grüne Wiesen, Bauernhöfe und Dörfer. Die Schnellstraße mit zahlreichen Brücken ist die Sauerlandlinie – oder doch schon die Autobahn 44? Weil das Luftschiff kaum höher als 300 Meter steigt, orientieren sich Marc Finney und Helmut Karraß mit Straßenkarten auf dem Bildschirm des Bordcomputers.
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Die Natur hat sich den einstigen Todesstreifen längst zurückerobert
Kassel in Nordhessen ist die nächste Großstadt. Die Häuser stehen dicht wie im Ruhrgebiet. Bald erreicht das Luftschiff mit dem markanten Propellersound das ehemalige Zonenrandgebiet. Mauern, Zäune und Wachtürme sind verschwunden. Die Natur hat sich den einstigen, stets gemähten, Todesstreifen längst zurückerobert.
294 Kilometer Luftlinie bis nach Erfurt
Bis zum 5. Juli ist das Mülheimer Luftschiff über Mitteldeutschland unterwegs. Die Gewitter und Starkregen der letzten Tage verordneten ihm jedoch eine Zwangspause. Am Wochenende gibt es Publikumsflüge. Nach seiner Rückkehr „wird ,Theo‘ über dem Ruhrgebiet noch für die Buga in Erfurt werben“, sagt WDL-Geschäftsführer Frank Peylo.
Die Luftlinie von Mülheim nach Erfurt beträgt 294 Kilometer. Über Autobahnen sind es knapp 400 Kilometer Strecke. Vier Stunden und 20 Minuten brauchte das Luftschiff für den Hinflug. Heute sowie im August 1990 war WAZ-Redakteur Frank-Rainer Hesselmann mit an Bord.
Von mehr als 30 Jahren – als schon einmal ein Mülheimer Luftschiff nach Erfurt flog – waren die Spuren des ehemaligen geteilten Deutschlands noch unübersehbar. „Dahinten ist die Wartburg“, zeigt Helmut Karraß zum Horizont. Auf Weimar folgt Gotha mit seiner Überlandstraßenbahn nach Bad Tabarz.
Noch knapp 20 Minuten bis Erfurt. Auf dem Flughafen der Thüringischen Landeshauptstadt parken zahlreiche Flugzeuge und warten auf Starts zu den bekannten Ferienzielen. Die Dächer Erfurts sind nicht mehr von Braunkohle gefärbt, sondern leuchten rot. In der Abendsonne strahlen die Fassaden gelb, grün, weiß und blau – nicht mehr Rauputz-grau wie im August 1990.
Gläserne Häuser oder Finanzpaläste prägen die Stadtsilhouette
„Erfurt erblüht“ lautet der Werbeslogan an „Theos“ Seitenwand für die Bundesgartenschau. Zahlreiche Menschen legen ihre Köpfe in den Nacken, als das Luftschiff über dem Domberg, der Krämerbrücke, dem Anger, dem neuen Hauptbahnhof oder dem Bugapark mit dem Aussichtsturm seine Runden dreht.
Zahlreiche Gebäude sind restauriert. An anderen Stellen prägen gläserne Hochhäuser oder Finanzpaläste die Stadtsilhouette. Die Plattenbauten aus DDR-Zeiten in den Außenbereichen sind saniert. Die HO-Läden von damals haben bekannte Discountermarken übernommen.
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Auf dem Petersberg, steht eine fast komplett restaurierte Festungsanlage. Die Treppenanlage zwischen Domplatz und Festungsmauer ist frisch betoniert. Wer die viele Stufen nicht schafft, nimmt den gläsernen Aufzug zur Aussichtsplattform. Von dort lässt sich „Theo“ gut bei seinen Runden über der Stadt verfolgen.
Elf Sponsoren finanzieren 90.000 Euro teure Werbetour des Luftschiffs
Elf Sponsoren haben sich in zusammengetan, um die 90.000 Euro für die Werbetouren des Luftschiffs über Erfurt und der näheren Umgebung zu finanzieren. „Dazu gehören auch Werbeflüge nach Dresden, Hannover und Nürnberg, damit wir möglichst viele Gäste zur Buga nach Erfurt locken“, sagt Patricia Stepputtis, Erfurts Citymanagerin.
Während zahlreiche Zuschauer „Theos“ Starts und Landungen sowie die Arbeit der Betreuungsmannschaft verfolgen, können Rundfluggewinner und Prominente Erfurt von oben erleben. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow ist angetan von „diesem einmaligen Erlebnis. Wir haben aber noch Lücken in der Stadtbildpflege.“
Die Begeisterung für das Luftschiff ist groß. Viele zücken ihre Mobiltelefone, machen Videos und Selfies. „Der Zeppelin war doch schon mal vor 31 Jahren hier“, ruft eine Frau am Tor des Flughafens. Das stimmt. Damals kreiste Theos Vorgänger über einer tristen Stadt – und warb für Versicherungsverträge.
Die Buga soll ein Anschub für eine schönere Stadt sein
Bei der Rückfahrt ins Ruhrgebiet drängt sich ein umgekehrtes Bild auf: Von gepflegten Anlagen, Städten und Dörfern in Mitteldeutschland geht es zurück zu, besprühten Wänden und von Unkraut gesäumten Straßen.
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Eine Unsitte aus „Theos“ Heimat ist auch schon in Erfurt angekommen. „Wir brauchen den ganzen Montag, um unsere Grünanlagen von hinterlassenem Müll der Menschen zu befreien“, zeigt sich Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein frustriert. Dabei sei die Buga doch ein Anschub für eine schönere Stadt.