Mülheim. Corona-Silvester Nummer zwei ist vorbei, die Polizei zufrieden. Wie die Mülheimer den Jahreswechsel trotz erneut strenger Regeln gefeiert haben.
Deutlich weniger Feuerwerk und kaum Partys auf den Straßen – so erlebte Mülheim den Jahreswechsel 2021/22. In eher kleinen Gruppen stießen die Mülheimer und Mülheimerinnen aufs neue Jahr an. Corona-Verstöße gab es offenbar wenige. Polizei und Feuerwehr meldeten eine verhältnismäßig ruhige Nacht – ähnlich wie Redakteure und Redakteurinnen dieser Zeitung, die in verschiedenen Stadtteilen Eindrücke sammelten.
Keine halbe Stunde vor Mitternacht lag die Eppinghofer Straße noch wie ausgestorben da. Nur im hinteren Teil, kurz vor dem Kreisverkehr, werfen Jugendliche Böller in einen Gulli und freuen sich diebisch über den lauten Knall, der über die Straße hallt.
Mülheims Kirchenglocken übertönen die wenigen Feuerwerkskörper
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Als 0 Uhr näher rückt, kommen einige Menschen aus den Länden und Häusern, holen ihre Smartphones hervor, filmen das Geschehen. Nur: Zu Filmen gibt’s eigentlich nichts. Ein paar kurze Feuerwerkseinlagen sorgen für eher verhaltene Begeisterung. Die Kirchenglocken von Petri und St. Mariae Geburt können sie bei Weitem nicht übertönen. Dafür scheppert es in den Seitenstraßen ein paar Mal ordentlich, Böller werden gezündet. An der unteren Aktienstraße ist schnell wieder Ruhe eingekehrt. „Hier ist aber auch sonst nie viel los“, meint ein Anwohner.
An der Haltestelle Stadtmitte, an der es 2021 mehrmals hoch her ging, herrscht ebenfalls tote Hose. Kurz vor Mitternacht ist die letzte Bahn abgefahren. Am gefährlichsten wirkt da noch der nicht gerade glockenklare Gesang junger Frauen, der just zu diesem Zeitpunkt aus einem der oberen Stockwerke schallt. Autsch.
Gruppen auf der Schloßbrücke halten vergeblich Ausschau nach Feuerwerk
Auf der Mülheimer Ruhrpromenade sind nur kleine Gruppen unterwegs. Und selbst auf der Schlossbrücke, dem einstigen Hotspot zu Silvester, finden sich nur wenige Menschen ein. Jugendliche im T-Shirt – die Temperaturen sind frühlingshaft – halten nach Raketen und Co. Ausschau. Sie werden enttäuscht, bleiben trotzdem gelassen. Ähnlich wie jene Fotografin, die sich mitsamt Stativ am westlichen Brückenpfeiler eingerichtet hat und erwartungsvoll gen Saarn blickt.
Aus einem offenen Fenster an der Ecke Schloßstraße/Löhberg klingt laute Partymusik. Im Handelshof spielt eine Band. Vor dem Hotel warten Taxifahrer auf erste Nachtschwärmer, die nach Hause wollen. Im Café Alex an der Schloßstraße, vor dem Rauchfang an der Wallstraße und dem Ratskeller am Löhberg stoßen unterdessen Mülheimer mit Bier und Sekt auf 2022 an. Unterwegs sind vor allem junge Männer, aber auch einige Pärchen und Familien sehnen sich nach Begegnungen.
Ratskeller: Nur halb so viele Silvester-Gäste wie sonst
Obwohl Gastronomin Jannette Thon nur etwa halb so viele Gäste wie sonst zum Silvester-Dinner im Ratskeller begrüßen konnte, zeigt sie sich nach Mitternacht zufrieden und stößt mit ihren Mitarbeitern an. Trotz Verkaufsverbots – gestattet waren lediglich Knallerbsen, Wunderkerzen, Luftschlangen und Kinderfeuerwerk – rumst es einige Male auf dem Rathausmarkt, an der Leineweberstraße und dem Kurt-Schumacher-Platz. Im Vergleich zu den Silvesterfeuerwerken der Vor-Corona-Jahre aber ist das gar nichts.
In Dümpten waren um 19 Uhr erste laute Böllerschläge zu hören, eine halbe Stunde später gingen erste Raketen in die Luft. Auf dem Kleeberg versammeln sich Stunden später einige, die sich für besonders pfiffig halten, und lassen Böller eine Rutsche herunter – so knallt es extralaut durch die Papenbuschsiedlung. Ihr Equipment haben die Silvesterfans offenbar mit einem Einkaufswagen in den Park gekarrt. Genau fünf Minuten nach Mitternacht startet über der Siedlung das vielleicht größte Feuerwerk der Stadt. Zig Batterien werden gezündet, unzählige Raketen steigen auf: ein fast schon professionelles Höhenfeuerwerk und – zugegebenermaßen – schönes Spektakel am nächtlichen Himmel. Rund 20 Minuten dauert die Show. Danach ist es schnell wieder still im Stadtteil. Einzig auf dem Kleeberg gehen noch Raketen mit Quietschen in die Luft, andere explodieren mit einem Knall, der die Stille zerreißt.
Kein bunter Sternenregen über dem Himmel von Broich und Saarn
In Broich stehen Gruppen mit etwa zehn Personen ohne Maske an vermeintlichen Aussichtspunkten wie den Ecken Mühlenberg/Am Bahnhof Broich und Haagerfeld/Duisburger Straße. Der Fossilienweg ist dunkel, Raketen sind selten zu erblicken. Einzig an der U-Bahn-Haltestelle Schloß Broich hängt Schwefelgestank in der Luft. Die meisten Gruppen lösen sich bereits eine halbe Stunde nach Mitternacht auf.
In Saarn, wo noch vor zwei Jahren bunte Sternenregen den Himmel verziert haben, sind diesmal ebenfalls nur vereinzelt Raketen und Knallereien zu hören. Auf der Straße gibt es kein großes Hallo, viele Menschen bleiben offenbar lieber drinnen. Sirenengeheul, wie man es in früheren Zeiten durchaus mal vernommen hat, bleibt aus.
Nachbarn feiern mit Wunderkerzen auf der Heimaterde
In den Wohnsiedlungen der Heimaterde treffen sich die Nachbarn um Mitternacht mit Wunderkerzen vor den Haustüren und prosten sich mit Abstand ein „Frohes Neues“ zu. Familien und Freunde, die in kleineren Gruppen zusammen feiern, umarmen und herzen sich. Es ist viel weniger los als in früheren Jahren. Einige Anwohner zünden Restbestände an, jagen hintereinander bunte Silvesterraketen in den Nachthimmel. Etwa eine halbe Stunde nach Mitternacht knallen die Böller nur noch vereinzelt durch den Stadtteil.
Auch Holthausen kommt zur Ruhe. Am Oppspring, wo die Müllabfuhr in früheren Jahren an Neujahr oft bergeweise Überbleibsel von Raketen und Böllern vorfand, haben sich diesmal nur wenige Menschen eingefunden. 2016 hatten auf der kleinen Einkaufsstraße rund 200 bis 300 betrunkene Jugendlichen randaliert – Anwohner beschwerten sich damals massiv. Nun stehen Grüppchen ruhig beieinander, wünschen sich Glück, begießen das neue Jahr. Man trifft ein paar Freunde, Nachbarn – und hofft inständig, dass bis Ende 2022 endlich wieder die große Freiheit eingezogen ist.