Mülheim. Ein Pärchen erhält in Mülheim negative Testergebnisse, ohne getestet worden zu sein. Der Betreiber schließt das aus. Die Stadt kontrolliert.
Spätestens als das zweite negative Test-Ergebnis im Mail-Postfach landete, wurde er stutzig. Er sei noch nicht einmal in der Nähe des Mülheimer Testzentrums gewesen, erklärt der junge Mann. Trotzdem wurde ihm – genau wie seiner Freundin einige Tage zuvor – bescheinigt, laut Covid-19 Antigen Rapid Test keine Corona-Viren zu tragen. Der Betreiber des Testzentrums sagt, das könne nicht sein. Die Stadt überprüft derzeit alle privaten Testzentren.
Er wollte seiner Freundin das Anmelde-Procedere erleichtern – deshalb schickt er ihr den Link des Testzentrums zu, den er einige Stunden zuvor für seine eigene Anmeldung genutzt hatte. Normalerweise muss man vor Ort am Testzentrum mit dem Handy einen QR-Code scannen, um auf die Anmeldeseite zu kommen. Das bestätigt auch der Betreiber. Dieser führt weiter aus: „Wir machen Ausweiskontrollen und testen erst dann. Ohne Ausweiskontrolle führen wir keinen Test durch.“
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26-Jähriger schickt seiner Freundin den Anmeldelink an ihr Handy
Der junge Mann berichtet, dass er es anders erlebt hat und schildert die zeitliche Abfolge. „Da ich den Link noch in meinem Handy-Verlauf hatte, habe ich meiner Freundin den einfach geschickt, damit sie sich auf den Weg dorthin schon mal anmelden kann, um Zeit zu sparen“, erzählt der 26-Jährige und berichtet weiter: „Als meine Freundin dann in der Warteschlange am Zentrum stand, kam schon eine E-Mail mit dem negativen Test-Ergebnis, der auch komplett auf sie ausgestellt war.
Gleichzeitig beschwerte sich eine Frau vor Ort, dass sie schon seit einer Stunde auf ihr Ergebnis wartete. Meine Freundin sagte dann: Ach, ich habe meins jetzt schon im Voraus bekommen. Als sie in der Testkabine saß, wurde sie noch von der Mitarbeiterin angefahren, warum sie denn so was rumerzählen würde.“
Medican-Skandal zieht Kreise nach Mülheim
Auch in Mülheim hat die unter Betrugsverdacht stehende Bochumer Firma Medican ein Corona-Testzentrum betrieben – auf dem Parkplatz des Möbelhauses Bernskötter. Das hat die Stadt bereits am 10. Mai geschlossen – hygienische Mängel und Beanstandungen beim Infektionsschutz hätten dazu geführt, erklärte die Verwaltung.
Zudem seien in der Heißener Teststation Unregelmäßigkeiten in der Testauswertung verzeichnet worden. Die Stadt hat aufgrund dessen Anzeige erstattet.
Zwei Verantwortliche des Bochumer Unternehmens sitzen nach weiteren Durchsuchungen inzwischen in Untersuchungshaft. Auch die letzten Teststellen des Betreibers sind – wie längst in Heißen geschehen – geschlossen worden.
Nach Hause gekommen sei seine Freundin dann mit zwei Testergebnissen: Dem ersten, das sie erhielt, als sie noch in der Schlange wartete, und dem von dem eigentlichen Test – etwa eine halbe Stunde liegt zwischen beiden Tests, nachzulesen auf den beiden Bescheinigungen, die dieser Redaktion vorliegen. Weil ihn das stutzig gemacht hat, hat der 26-Jährige einige Tage später noch mal den Anmeldelink in seinem Handy aufgerufen und sich „aus Spaß zum Testen angemeldet“. Rund zwei Stunden später kam eine E-Mail vom Testzentrum – mit einem negativen Ergebnis.
Auch in weiteren Testzentren tauchen vergleichbare Fälle auf
Ein vergleichbarer Fall ist der Stadt derzeit auch aus einem anderen Testzentrum bekannt, bestätigt Stadtsprecher Volker Wiebels. Ebenso gibt es ähnliche Vorkommnisse in der Nachbarstadt Duisburg. Zurzeit überprüfe die Stadt jedes private Testzentrum innerhalb Mülheims – vor allem auch im Nachgang zu dem Abrechnungsskandal um die Bochumer Firma Medican, die auch in Heißen eine Teststelle betrieben hatte, die Mitte Mai geschlossen worden war. Der Fall des negativen Testergebnisses, das ohne Test verschickt worden ist, werde laut Wiebels „keine Konsequenzen haben, wir gehen derzeit von EDV-Problemen aus.“
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„Systemseitig kann das bei uns nicht passieren“, sagt der Betreiber des Testzentrums, über das der junge Mann den Fall schildert. „Wir haben dafür ein eigenes System aufgesetzt und kein fremdes eingekauft. Die Zugangsdaten liegen nur bei uns“, erklärt der Geschäftsführer. Zudem habe er – nachdem die Testzentren durch den Medican-Skandal derart in den Fokus gerückt sind – extra ein internes Qualitätsmanagement aufgesetzt, das bei Besuchern etwa abfrage, wie der Test war und wie lange die Prozedur gedauert habe.
Er würde seine Zentren gerne zertifizieren lassen, sagt der Betreiber, doch: „Weder der Tüv noch die Dekra fühlen sich dafür zuständig.“ Denn Gegenwind, den bekomme er als Teststellen-Anbieter derzeit ordentlich zu spüren. Der Medican-Fall habe „einen Reputationsschaden ohne Gleichen verursacht.“
Der 26-Jährige und seine Freundin sind durch die Vorfälle, die sie mit Negativ-Ergebnissen ohne Test erlebt haben, ausgesprochen skeptisch geworden. „Zwei falsch verschickte E-Mails sind dann doch ein bisschen zu viel“, findet der junge Mann. Längst habe er beschlossen, um dieses Testzentrum einen weiten Bogen zu machen.