Mülheim. Manches Finanzamt braucht im Schnitt zwei, drei Monate für den Steuerbescheid. Mülheim ist deutlich schneller. Woher kommen die Unterschiede?

Die Einkommensteuererklärung ist abgeschickt, dann beginnt das Warten – vor allem, wenn mit einer Steuererstattung zu rechnen ist. Wie lange sich Finanzämter im Durchschnitt Zeit lassen, ist extrem unterschiedlich. Das Online-Portal lohnsteuer-kompakt.de hat neue Vergleichszahlen veröffentlicht.

Ermittelt wurden die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten im Jahr 2021. Das Finanzamt Mülheim benötigt danach im Schnitt 45,9 Tage und liegt unter insgesamt 502 Ämtern im guten Mittelfeld. Im Vorjahr dauerte es etwas länger, im Mittel 46,6 Tage, im Jahr 2019 ging es schneller: 44,4 Tage.

Finanzamt Mülheim rutscht bundesweit vom 132. auf den 184. Platz

Die Mülheimer unterbieten klar den bundesweiten Schnitt von 49 Tagen und leicht den NRW-Schnitt von 46,1 Tagen. Generell haben die Finanzämter jedoch Tempo aufgenommen und sind insgesamt 4,1 Tage schneller geworden als 2020. Daher rutschte Mülheim, trotz besserer Werte, vom 132. auf den 184. Platz.

Massive Unterschiede fallen auch auf zwischen den Ruhrgebietsstädten. So können die Mülheimer Steuerpflichtigen vielleicht froh sein, dass sie nicht in Bochum wohnen, wo die Bearbeitung im Schnitt 67,1 Tage dauerte, oder im Einzugsbereich des Finanzamtes Dortmund-Ost (68,9 Tage). Das Amt in Duisburg-Hamborn (71,9 Bearbeitungstage) rutschte im bundesweiten Ranking sogar auf den viertletzten Platz. Am Ende der Tabelle liegt, weit abgeschlagen mit 83,2 Tagen, Mannheim-Neckarstadt.

Glänzen konnte dagegen im Corona-Jahr das Finanzamt in Herne. Dessen Team brauchte im Schnitt für jede Einkommensteuererklärung nur 32,9 Tage und schaffte es mit dieser Geschwindigkeit deutschlandweit auf Platz zwei. Schneller war nur noch das Finanzamt Warburg mit 32,2 Tagen.

Oberfinanzdirektion nennt Vergleiche „nicht aussagekräftig“

Doch die Tabelle spiegelt nicht unbedingt die Leistung der einzelnen Ämter wider. Vergleiche von Bearbeitungszeiten, wie lohnsteuer.kompakt.de sie jährlich liefert, seien „nicht aussagekräftig“, erklärt Philip Stromberg, stellvertretender Sprecher der Oberfinanzdirektion Münster, auf Anfrage, „weil sich die Finanzämter nicht oder nur schwer miteinander vergleichen lassen“.

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Man müsse bedenken, dass die Fall- und Organisationsstrukturen der Finanzämter in NRW und auch bundesweit sehr unterschiedlich seien, so Stromberg. Über das Jahr betrachtet schwankten die Bearbeitungszeiten auch, je nachdem, wie sich die eingehenden Steuererklärungen verteilen. In Stoßzeiten könne es länger dauern.

So kommen die Zahlen zustande

Die Vergleichszahlen beruhen nicht auf einer wissenschaftlichen Erhebung, aber auf einer breiten Stichprobe.

Die Bearbeitungszeiten der Finanzämter wurden anhand von etwa 300.000 Steuererklärungen ermittelt, die 2021 über das Online-Portal Lohnsteuer-kompakt.de erstellt wurden. Berücksichtigt wurden 502 Finanzämter in ganz Deutschland, pro Amt wurden mindestens 50 Steuererklärungen eingereicht.

Betrieben wird die Steuerservice-Plattform von der Firma forium GmbH mit Sitz in Berlin.

Auch die Klientel der Finanzämter spiele eine Rolle, erläutert der Sprecher: Manche seien „arbeitnehmerlastiger“, hätten weniger Unternehmen zu betreuen, „und können die in der Regel weniger komplexen Steuererklärungen deswegen schneller bearbeiten“. Viele Faktoren spielten eine Rolle. Steuerzahlerinnen und Steuerzahler könnten auch selber dazu beitragen, dass es etwas schneller geht: Notwendige Rückfragen oder fehlende Belege verlängern in der Regel die Bearbeitungszeit.