Gelsenkirchen. Die AfD hat Anzeige gegen die evangelische Emmaus- und katholische St. Augustinus-Kirche in Gelsenkirchen erstattet. Das ist der Grund dafür.
Während am vergangenen Samstag rund 60.000 Menschen in der Veltins Arena den Sieg der Schalker Mannschaft über Heidenheim feierten, hatte die AfD ihre Anhänger auf den Heinrich-König-Platz in der Gelsenkirchener Altstadt geladen, um mit Bundesfraktionschefin Alice Weidel den Wahlkampf für die NRW-Landtagswahl einzuläuten. Die Polizei meldete keinerlei Zwischenfälle und eine vergleichsweise geringe Resonanz: Die Beamten schätzten die Teilnehmerzahl auf 150 bei der AfD und auf 110 bei den Gegendemonstranten.
Aus Sicht der AfD jedoch lief die Veranstaltung alles anderes als störungsfrei. Von einem „bizarren Zwischenfall“ spricht die Partei, die nach einer aktuellen Umfrage auf etwa sechs Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl käme.
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Das anhaltende Glockengeläut der Evangelischen Emmaus- und der Katholischen St. Augustinus-Kirche während der AfD-Kundgebung wertet die Partei als Affront gegen sich und als Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Tatsächlich hatten die Kirchen auch im vergangenen Jahr bereits während einer AfD-Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz auffällig lange ihre Glocken läuten lassen, was seinerzeit schon zu einigem Unmut bei der Rechtsaußen-Partei geführt hatte.
AfD erstattet Anzeige gegen Kirchen in Gelsenkirchen
AfD-Ratsherr Thorsten Pfeil, der die Versammlung mit Alice Weidel am vergangenen Samstag angemeldet hatte, will es diesmal nicht dabei belassen, sich nur über die Kirchen zu ärgern und hat Anzeige eingereicht. „Dabei stützt sich unsere Anzeige insbesondere auf Paragraf 21 des Versammlungsgesetzes“, so Pfeil. Darin heißt es: „Wer in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
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Der Tatbestand einer groben Störung müsse in diesem Fall geprüft werden, so die AfD. Auch Bundestagsabgeordneter Jörg Schneider sei „erschüttert“ darüber, dass die Kirchen „einmal mehr das Symbol des christlichen Abendlandes, die Glocken, missbrauchen“. Schneider wirft den Kirchen vor, sich „mit Linksextremisten gemeingemacht“ zu haben und fordert deshalb die Abschaffung der Kirchensteuer. [Zum Thema:Jörg Schneider wurde überraschend nicht zum Vorsitzenden des Bundesgesundheitsausschusses gewählt.]
Die Gelsenkirchener Direktkandidatin für die Landtagswahl, Enxhi Seli-Zacharias, holte in ihrem Ärger noch weiter zum Schlag gegen die Kirchen aus und beschimpft diese als „politisierte und gottlose ehemalige Institutionen“, die den „Kulturumbruch in unserem Land beschleunigten“, weil sie außer ihrer „innerinstitutionellen Schandtaten“ der Gesellschaft rein gar nichts anzubieten hätten.
Die Anzeige werde jetzt zur weiteren Überprüfung an die Staatsanwaltschaft gegeben, bestätigte ein Sprecher der Gelsenkirchener Polizei den Eingang der Beschwerde auf WAZ-Nachfrage.
Die anderen Parteien im Gelsenkirchener Stadtrat indes werden interessiert zur Kenntnis nehmen, dass der AfD an einem störungsfreien Ablauf einer politischen Veranstaltung gelegen ist, nachdem die Ratsfraktion zuletzt mit einem inhaltlich unbegründeten Ablehnungsmarathon der einzelnen Tagesordnungspunkte dafür gesorgt hat, dass die Ratssitzung unnötig in die Länge gezogen wurde. Was von den anderen Fraktionen als „demokratiezersetzend“ oder „unwürdiges Theater“ bezeichnet wurde, ließ die Wut zwischenzeitlich so hochkochen, dass sich Ratsherren angeschrien und beleidigt haben, und auch die WAZ kommentierte die Strategie der AfD seinerzeit als „niveaulos-peinliches Sandkasten-Gezanke mit dem Stadtparlament als Bühne.“