Mülheim. Die von Aktionärsvertretern erzwungene Sonderprüfung für die Easy Software AG bringt keine guten Zahlen ans Licht. Laut Bericht ist der AG durch Geschäfte mit sogenannten nahestehenden Dritten ein Schaden von mehr als 2,5 Millionen Euro entstanden. Nun soll geprüft werden, ob Schadensersatzansprüche erhoben werden müssen.
Der Easy Software AG steht im Mai erneut eine turbulente Hauptversammlung ins Haus. Die von den Aktionärsvertretern zuletzt erzwungene Sonderprüfung, die die Geschäfte der AG mit ihr nahestehenden Personen seit 2002 zu beleuchten hatte, stellt nun fest: Dem Unternehmen ist durch solche Geschäfte ein finanzieller Nachteil in Millionenhöhe entstanden. Nutznießer dessen sollen unter anderem Unternehmen aus der undurchsichtigen Firmengruppe des Aufsichtsratsvorsitzenden und Hauptaktionärs Manfred A. Wagner sein. Überdies zählt die unabhängige Sonderprüferin wohl auch einen Ex-Vorstand, der vor dem Essener Landgericht wegen Untreue angeklagt ist, zu den Gewinnlern.
Wie berichtet, hatte die Hauptversammlung des Mülheimer IT-Konzerns (Sitz am Hauptbahnhof) mit großer Mehrheit eine scharfe Waffe des Aktienrechts zum Einsatz gebracht, weil das Misstrauen der Aktionäre gegenüber Wagner und Co. offensichtlich sehr groß ist. So sollte eine Sonderprüfung alle Geschäftsbeziehungen der AG zu ihr nahe stehenden Dritten, insbesondere zu Wagner-Firmen, unter die Lupe nehmen. Des Weiteren ist ein „Besonderer Vertreter“ eingesetzt. Er verdrängt in seinen Befugnissen Aufsichtsrat und Vorstand.
Sonderprüferin legt 80-seitigen Bericht vor
Wirtschaftsprüferin Rosemarie Helwig hat nun einen gut 80-seitigen Bericht zu ihrer Sonderprüfung vorgelegt. Sie kommt zu dem Schluss, dass der Easy Software AG durch Geschäfte mit ihr nahestehenden Dritten ein finanzieller Nachteil von weit mehr als 2 Mio. Euro entstanden sei. Laut ad-hoc-Veröffentlichung der AG soll nun geprüft werden, „ob sich aus den vorgelegten Feststellungen Pflichtverletzungen von Organen und Schadenersatzansprüche gegen Dritte ergeben“. Das ist nun Aufgabe des „Besonderen Vertreters“. Der Easy-Vorstand kündigte am 20. Februar eine Stellungnahme zum Bericht der Sonderprüfung an, bislang ist diese aber nicht veröffentlicht. Bei der Hauptversammlung am 23. Mai in der Stadthalle soll es eine ausführliche Berichterstattung über die Sonderprüfung geben.
Die Sonderprüferin hat für 2002 bis August 2012 neun Geschäftsbeziehungen von Easy mit nahe stehenden Personen ausgemacht, bei denen die AG finanzielle Nachteile erlitten haben soll. Dabei gehe es etwa um eingelöste Kreditbürgschaften, Darlehensvergaben zu vergünstigten Zinsen, die Übernahme von Kosten für Fremdfirmen oder fehlerhafte Leistungsabrechnungen, aber etwa auch um eine „unübliche Abwicklung“ bei der 0,9 Mio. Euro teuren Anmietung einer VIP-Loge „auf Schalke“.
Mülheimer Easy Software entstand über 2,5 Millionen Euro Schaden
Die Sonderprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass der Easy Software AG durch Geschäfte mit ihr nahe stehenden Personen bzw. deren Firmen seit 2002 ein finanzieller Nachteil von 2,558 Mio. Euro entstanden ist. Der Bericht betont allerdings, dass der Schaden möglicherweise noch höher ist. So seien etwa die Leistungsbeziehungen zur Baumann Technologie GmbH, bei der Wagner Geschäftsführer ist, nur unzureichend dokumentiert.
Die Sonderprüfung bei der Easy Software AG hat für die Vergangenheit zahlreiche Geschäfte mit nahe stehenden Dritten ausgemacht, die der Mülheimer Aktiengesellschaft einen millionenschweren Nachteil gebracht haben sollen. Der WAZ liegt der Bericht der Sonderprüfung durch Wirtschaftsprüferin Rosemarie Helwig vor. Sie sieht Mängel in neun Geschäften, drei davon seien im Folgenden dokumentiert.
Nachteile durch Bürgschaft
Einen finanziellen Nachteil für die Easy Software AG in Höhe von 449.000 Euro sieht die Sonderprüferin in einem Fall, in dem die Aktiengesellschaft im Jahr 2007 für eine frühere Tochtergesellschaft eine Bürgschaft übernommen hat, die später gar noch in erhöhtem Volumen in Anspruch genommen wurde. Die Firma, für die Easy gebürgt hat, sei im fraglichen Zeitraum zunächst vom Neffen des Aufsichtsratsvorsitzenden und Hauptaktionärs Manfred A. Wagner beherrscht worden, stellt die Sonderprüferin fest, später habe Wagner selbst über eine seiner Firmen die Mehrheit daran übernommen. Pikant auch die Feststellung, dass jene Firma praktisch seit der Bürgschaftsübernahme „kein wesentliches eigenes operatives Geschäft“ mehr unterhalten habe.
Das Bürgschaftsgeschäft sei nicht „wie unter fremden Dritten üblich“ über die Bühne gegangen, heißt es. So sei die Übernahme der Bürgschaft durch Easy unentgeltlich erfolgt. Die Sonderprüferin bemängelt, dass für das Geschäft weder ein Beschluss des Aufsichtsrates dokumentiert sei noch entsprechende Angaben dazu in den Geschäftsberichten der AG zu finden seien.
Software-Auftrag und anderes
Bereits Bestandteil von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen waren die Geschäftsbeziehungen von Easy mit einem mittlerweile insolventen IT-Entwickler aus Gladbeck. Easy soll dabei ein finanzieller Nachteil von rund 1,8 Mio. Euro entstanden sein, unter anderem durch Zahlungen für eine laut Wirtschaftsprüferin „offenbar wertlose“ Software-Entwicklung. Beteiligt an der Gladbecker Firma waren sowohl Wagner als auch ein inzwischen wegen Untreue-Verdachts geschasster Ex-Vorstand von Easy. Letztgenannter sieht sich einer entsprechenden Anklage vor dem Landgericht Essen ausgesetzt (wir berichteten).
Für eine strafrechtlich relevante Verwicklung von Wagner fand die Sonderprüferin keinen Nachweis. Insgesamt, so stellt sie fest, hätten in diesem Fall die deutlich schwachen Kontrollmechanismen der AG versagt. Es sei zu prüfen, ob Organe der AG ihre Sorgfaltspflicht verletzt hätten und dies rechtliche Relevanz haben könne.
VIP-Loge auf Schalke
Seit Juli 2006 hat die Easy Software AG eine VIP-Loge in der Schalke-Arena angemietet. Bis August 2012 sind dafür laut Helwig Kosten von mehr als 900.000 Euro angefallen. Die Sonderprüferin konnte laut ihrem Bericht anhand von Easy-Dokumenten nicht nachvollziehen, zu welchem Anteil Easy die Loge tatsächlich selbst genutzt hat. So könne nicht nachvollzogen werden, ob die Weitergabe der Logenplätze an Drittfirmen – zum Teil aus dem Wagner-Imperium – angemessen abgerechnet worden seien. Die Sonderprüferin bemängelt, dass die Vergabe der Logenplätze nicht von der AG selbst geregelt worden sei, sondern vom Sekretariat Wagner.