Mülheim. .
Im Ermittlungsverfahren gegen den geschassten Vorstandsvorsitzenden der Mülheimer Easy Software AG geht die Staatsanwaltschaft Essen davon aus, dass sie Anklage wegen Untreue erheben wird. Dem Ex-Vorstand wird vorgeworfen, die Aktiengesellschaft mit einem ausgeklügelten System von Scheinrechnungen um mindestens einen hohen sechsstelligen Euro-Betrag erleichtert zu haben. Mit im Visier der Staatsanwälte ist auch eine mittlerweile insolvente IT-Beratungsfirma aus Gladbeck.
„Wir gehen davon aus, dass sich die Vorwürfe erhärten und die Angelegenheit in einer Anklage mündet“, so Oberstaatsanwalt Wilhelm Kassenböhmer auf Anfrage der WAZ. Am 17. Juni 2011 hatte der Aufsichtsrat des börsennotierten Unternehmens mit Sitz am Hauptbahnhof Strafanzeige gegen den ehemaligen Easy-Vorstandsvorsitzenden erstattet und ihm fristlos gekündigt. Dem hausinternen Controlling der auf innovative Lösungen für die elektronische Beleg- und Datenarchivierung spezialisierten AG waren zuvor gehörige Ungereimtheiten aufgefallen, der Aufsichtsrat handelte unverzüglich.
Nach jetzigem Informationsstand konzentrieren sich im Haus von Easy alle Vorwürfe auf den Ex-Vorstand. Er soll mit Unterstützung von einem oder mehreren der drei Geschäftsführer des Gladbecker Unternehmens eine strafwürdige Allianz eingegangen sein. Dabei soll er dem IT-Beratungsunternehmen für das Gesundheitswesen Scheinaufträge erteilt haben. Aus Insiderkreisen stammt die Information, dass er dort ein Software-Produkt geordert haben soll. Die tatsächlich erbrachte Dienstleistung soll dabei bei Weitem nicht der vereinbarten Auftragssumme entsprochen haben.
Die Staatsanwaltschaft äußert sich im weiter schwebenden Ermittlungsverfahren nicht zu Details. So ist die Frage offen, wer sich das Geld aus diesen Deals zu welchen Teilen in die eigene Tasche gesteckt haben soll. Für die Gladbecker Firma ist mit dem Datum 16. September 2011 eine Insolvenzbekanntmachung veröffentlicht. Die als Insolvenzverwaltung eingesetzte Düsseldorfer Anwaltskanzlei kann aktuell aus Urlaubsgründen keinen Sachstandsbericht zum Verfahren abgeben. Der Internetauftritt der Firma ist längst gelöscht.
Die Ermittlungsakten sind mit umfangreichen Dokumenten gefüllt, der Aufsichtsrat der Easy Software AG wartet weiter auf einen zur Sache in Auftrag gegebenen Bericht eines Wirtschaftsprüfers. Manfred A. Wagner, Aufsichtsratsmitglied und 27-prozentiger Anteilseigner der AG, spricht bisher von einem Schaden in hoher sechsstelliger Euro-Höhe für die AG. Allerdings hatte das börsennotierte Unternehmen im Vorjahr auch eine Sonderabschreibung in Höhe von 1,2 Mio Euro angegeben. Wagner bestätigte der WAZ nun, dass sie „indirekt“ mit dem Ermittlungsverfahren wegen des Untreue-Verdachtes zusammenhänge. Es sei eine „Präventivabschreibung“ . . .
Der Ex-Vorstandsvorsitzende der Easy Software AG war für eine Stellungnahme gegenüber der WAZ nicht zu erreichen.