Mülheim. .
Bei der Easy Software AG sind Aufsichtsrat und Vorstand in Teilen entmachtet. Im Zuge schwerwiegender Vorwürfe gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden und größten Anteilseigner Manfred A. Wagner hatte die Hauptversammlung Ende Juli mit einer externen Sonderprüfung eine scharfe Waffe des Aktienrechts in Stellung gebracht. Die Frist zur Anfechtung der Beschlüsse ist nun abgelaufen. Die Sonderprüfung kommt.
Zeitgleich wird ein „Besonderer Vertreter“ eingesetzt, der in seinen Befugnissen Aufsichtsrat und Vorstand verdrängt. Der Fachanwalt für Gesellschaftsrecht soll vermeintliche Ersatzansprüche der AG gegenüber Wagner, einigen seiner Firmen und einem eng verbandelten Geschäftspartner geltend machen. Wagner hingegen hatte gegenüber der WAZ bereits die Vorwürfe, mit Hilfe seines kaum zu überblickenden Firmenimperiums unbotmäßig Geld von der „Easy“ abgezweigt zu haben, in vollem Umfang zurückgewiesen.
Klare Kante gegen Wagner
Dr. Thomas Heidel von der renommierten Bonner Kanzlei Meilicke, Hoffmann & Partner ist als „Besonderer Vertreter“ vorgesehen. Für seinen Einsatz hatte sich die Hauptversammlung der Easy Software AG am 26. Juli mit einer mächtigen Mehrheit von 85,66 Prozent der Stimmanteile ausgesprochen. Der unter Beschuss stehende Aufsichtsratsvorsitzende Manfred A. Wagner, in Besitz von 27,4 Prozent der Easy-Aktien und damit deren größter Anteilseigner, war selbst nicht stimmberechtigt, weil sich etwaige Ansprüche auch gegen ihn richten könnten.
Der Pensionsfonds „Lupus alpha“ (Frankfurt) hatte Wagner und Vorstand in die Schusslinie der Hauptversammlung gebracht. Jener Minderheitsaktionär hat offensichtlich Zweifel daran, dass bei der Easy Software AG alles mit rechten Dingen zugeht. Im Blick hat er dabei insbesondere einen Softwareentwicklungsvertrag. Dieser steht laut Geschäftsbericht 2011 mit einem Schaden von 1,2 Mio. Euro zu Buche, weil die von der Easy bestellte Software von einer mittlerweile insolventen Firma, an der Wagner über eine seiner Firmen ehemals zu 57 Prozent beteiligt war, nicht fertiggestellt worden war.
Lupus alpha sieht hier Schadensersatzansprüche der Easy Software AG – unter anderem auch deshalb, weil die Software sehr wohl Marktreife erlangt habe und mittlerweile von einer anderen Firma der Wagner-Gruppe vertrieben werde. Lupus alpha sieht darüber hinausgehend Ersatzansprüche der Easy Software AG gegenüber drei weiteren Gesellschaften der Wagner-Gruppe. Sie sollen, so der Vorwurf, zu überhöhten Konditionen für Easy tätig gewesen sein.
Die Easy-Hauptversammlung bestellte den Besonderen Vertreter, der die Ansprüche außergerichtlich oder gerichtlich bis Ende Januar 2013 geltend machen soll, gleich neben einer Sonderprüfung mit. Jene externe Wirtschaftsprüferin soll Geschäfte der Easy AG mit ihr nahestehenden Personen aufspüren und untersuchen, insbesondere diejenigen mit Firmen aus dem Wagner-Komplex.
Auch der Bestellung einer Sonderprüferin hat auf der Hauptversammlung eine große Mehrheit der Aktionäre zugestimmt (84,77 %). Ein beachtliches Misstrauensvotum vor allem gegen den vom Oberhausener Schreibtisch agierenden Wagner.
Ex-Vorstand Neuhaus wehrt sich gegen den Vorwurf
Wie erwartet, hat Ex-Vorstand Neuhaus keine Entlastung erfahren. Er muss sich in absehbarer Zeit im Zusammenhang unter anderem mit besagtem Softwareentwicklungsvertrag vor der Essener Wirtschaftsstrafkammer gegen den Vorwurf der Untreue verteidigen. Eine Strafanzeige hatte dereinst pikanterweise Aufsichtsratschef Wagner initiiert. Nun sieht dieser sich in der Sache selbst mit Vorwürfen konfrontiert.
Die Hauptversammlung verweigerte auch ihm, zwei weiteren Aufsichtsräten und Vorstand Christian Nowottka die Entlastung für das Geschäftsjahr 2011. Laut Auskunft seiner Kanzlei ist Dr. Thomas Heidel als Besonderer Vertreter bereits damit beschäftigt, Informationen und Unterlagen aus dem Hause Easy Software anzufordern.
Besondere Vertreter sieht das Aktienrecht schon seit 1884 vor, praktische Bedeutung hat das Rechtsinstitut indes seit jüngerer Vergangenheit. Prominentester Fall, bei dem ein Besonderer Vertreter zum Einsatz gekommen ist, war die Hypo- und Vereinsbank AG. Auch hier wurde Fachanwalt Dr. Thomas Heidel als externe Instanz bestellt.
Derweil haben die Aktionäre der Easy Software AG das Übernahmeangebot des Wettbewerbers Allgeier SE nicht angenommen. Die Müchner Beratungs- und Servicegesellschaft für IT-Lösungen und IT-Dienstleistungen wollte mindestens 75 Prozent der Easy-Aktien zu einem Stückpreis von 4 Euro erwerben. Das Quorum von 75 Prozent wurde verfehlt, wohl auch, weil Kenner der Easy-Aktie deutlich höheres Potenzial beimessen.