Essen. Die Witwe des Vizekönigs herrschte nicht einmal einen Monat lang, sorgte aber für ein bemerkenswertes Kapitel der sizilianischen Geschichte. Andrea Camilleris „Revolution des Mondes“ erzählt von Elenora di Mora, der ersten Regentin auf der italienischen Insel – ein Roman über das 17. Jahrhundert mit praller Fabulierlust.

Andrea Camilleri, der große, wunderbare Geschichtenerzähler aus Sizilien, ist wieder in die Vergangenheit seiner Heimat hinabgestiegen und hat eine Episode zutage gefördert, deren Charakter zwischen Tragikomödie, absurdem Theater und mittelalterlichem Krimi anzusiedeln ist: „Die Revolution des Mondes“.

Palermo im Jahr 1677. In Sizilien herrschen die Spanier. Als Vize-König Don Angel de Guzmàn – schwer geschlagen von einer rätselhaften Krankheit, die ihn zu einem monströsen Fleischberg werden lässt – während einer Sitzung des Königlichen Rates stirbt, nutzen die Räte die Gunst der Stunde. Sie ignorieren den Tod Guzmàns und beschließen eilig allerlei Gesetze und Erlässe, die ihnen Macht und Geld sichern. Das Schweigen des Vize-Königs, der tot auf seinem Thron sitzt, nehmen sie als Zustimmung. Womit die Räte nicht gerechnet haben: Die Witwe Guzmàns, Elenora di Mora, reißt die Macht an sich und setzt dem schamlosen Treiben der hohen Herren ein Ende.

27 Tage lang räumte sie auf

Basierend auf einer historischen Begebenheit malt Camilleri mit unbändiger Lust am Fabulieren ein Bild vom Palermo des 17. Jahrhunderts, in dem die weltlichen und kirchlichen Herrscher ungeniert das Volk ausbeuten, um selbst ein ausschweifendes Lotterleben zu genießen. Korruption und Prostitution, Diebstahl und Mord sind an der Tagesordnung – bis die Königs-Witwe beginnt, aufzuräumen.

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27 Tage dauerte diese erste Regentschaft einer Frau über Sizilien. Ein knapper Monat, in dem Eleonora die Männer das Fürchten lehrte, bevor der König in Spanien dem Drängen der Ratsherren nachgab und einen neuen Statthalter nach Sizilien schickte. Historisch betrachtet blieb die weibliche Herrschaft über einen korrupten Männerclub nur eine Episode. Aber wer will, kann in Zeiten der Frauenquote Elenora di Mora als Urahnin der Powerfrauen von heute sehen.

Andrea Camilleri: Die Revolution des Mondes. Roman. Verlag Nagel & Kimche, 281 S., 16,90 €.