Essen. . Joseph Kosminskis Science-Fiction-Film „Oblivion“ mit Tom Cruise erzählt von einer unbewohnbaren Erde, die von den Menschen verlassen wurde. Als Technikexperte Jack Harper kämpft Cruise um die Erinnerung an den Heimatplaneten: gut ausgedacht, aber mit zu vielen gelackten Bildern.

Manchmal gibt es schon seltsame Assoziationen. Wenn man jetzt Tom Cruise als Technikexperten Jack Harper in dem Science-Fiction-Film „Oblivion“ bei seiner Arbeit zuschaut, dann muss man unwillkürlich an den kleinen Roboter „Wall-E“ aus dem gleichnamigen Animationsfilm denken. Der zeigte eine verlassene Erde, deren Bevölkerung längst auf Raumschiffe im All evakuiert wurde, während daheim ein letzter Roboter unverdrossen dabei ist, den hinterlassenen Müll zu stapeln.

Auch Harper befindet sich allein mit Partnerin Victoria (Andrea Riseborough) auf einer entvölkerten Erde. Seine Aufgabe: defekte Überwachungsdrohnen zu reparieren und den störungsfreien Abtransport des lebenswichtigen Rohstoffs Wasser zu gewährleisten.

Außerirdische Invasoren machen die Welt platt

Dass auf der Erde so ziemlich alles in Schutt und Asche liegt, wird auf den Angriff außerirdischer Invasoren zurückgeführt. Die konnte man zwar unter Einsatz von umfangreichen Nuklearwaffen abwehren, Erde sowie Mond wurden dabei jedoch weitgehend zerstört. Die Menschheit hat sich inzwischen auf einen der Titan-Monde zurückgezogen, ist aber auf das Wasser von der Erde dringend angewiesen.

Dass Harper schon zu Beginn des Films von seltsamen Träumen heimgesucht wird, in denen er mit einer unbekannten Frau durch ein noch intaktes New York spaziert, gehört zu den Rätseln, die ein Science-Fiction-Film braucht, in dem alles ein wenig zu perfekt läuft.

Schöne Tage im Paradies

Sprechen kann Jack mit seiner Partnerin Victoria nicht darüber, denn die klammert sich verzweifelt an ihr Nichtwissen und begrüßt jeden Morgen als einen „weiteren schönen Tag im Paradies“. Einziger Kontakt zur Außenwelt ist der Skype-Chat mit Mission Control, wo eine betont höfliche Dame namens Sally (Melissa Leo) täglich nachfragt, ob man noch ein effektives Team sei.

Regisseur Joseph Kosminski hatte die Idee zu diesem Film bereits vor acht Jahren zu Papier gebracht. Er hoffte, daraus sein Kinodebüt entwickeln zu können und hielt die Zahl der Personen allein schon aus Kostengründen denkbar klein. Dann aber vertraute man ihm doch zunächst mit „Tron: Legacy“ die Fortsetzung eines Erfolgsfilms an – und nun stehen wir vor einem 120-Millionen-Dollar-Film, der fast wie ein Kammerspiel wirkt.

Zu dem bereits genannten Trio gesellt sich schließlich noch eine Frau namens Julia (Olga Kurylenko), die mit einer Raumkapsel vom Himmel fällt und die Jacks Leben grundlegend verändern wird. Später taucht auch noch ein seltsamer Fremder namens Beech (Morgan Freeman), über dessen Funktion hier aber im Interesse der Spannung nichts weiter gesagt werden sollte.

Am Himmel der zerfetzte Mond

Spielt „Tron: Legacy“ fast ausschließlich in virtuellen Computer-Welten und bleibt vor allem durch seine der 3D-Technik geschuldeten allzu düsteren Bilder in Erinnerung, so kann Kosminski sich in „Oblivion“ (Vergessenheit) erstmals an realen Außensets versuchen.

Der Look ist verblüffend: Die zerstörte Erde wird weniger durch Computerbilder generiert als durch sorgfältig ausgewählte Landschaften von Wüste bis Lavagestein. Im Meer ragen gigantische Anlagen in die Luft, die mit dem Ansaugen und der Zubereitung von Meerwasser betraut sind. Und am Himmel hängen noch die Überreste des Mondes.

Harper ist das „Old School“-Wesen

Auf der Erde, sagt Jack an einer Stelle, fühle er sich irgendwie noch immer Zuhause. Kein Wunder, denn unbemerkt von Victoria hat er tatsächlich einen noch grün bewaldeten Flecken inklusive Haus am See entdeckt, wo er auf seinen Inspektionstouren gelegentlich vorbeischaut.

Dann setzt er sich eine gefundene Baseballkappe auf und hört die Plattensammlung im Haus ab, noch auf Vinyl und entsprechend Oldie-trächtig. Harper ist trotz der ihm zur Verfügung stehenden Technik das einzige „Old School“-Wesen weit und breit. Vielleicht liegt es an den Träumen und den Erinnerungen, die sich immer stärker Bahn brechen.

Manchmal denkt man bei den makellosen Bildern dieses Films und ihrer klinischen Reinheit (auch bei der puppenhaften Partnerin Viktoria) tatsächlich an Räume, wie man sie aus Filmen von Stanley Kubrick kennt. Dort aber wirkten sie stets wie aufgeladen mit mysteriösen Geheimnissen („2001 – Odyssee im Weltraum“) oder als Visitenkarte ihrer Bewohner. In „Oblivion“ jedoch sind sie einfach nur keimfrei. Da freut man sich schon, wenn Tom Cruise endlich mal eine Schramme im Gesicht vorzeigen kann.

Wertung: Vier von fünf Sternen