Essen. . Bei manchen Bestsellern wundert man sich schon, warum ihre Verfilmung so lange auf sich warten lässt. Bei Wladimir Kaminers „Russendisko“ dauerte es immerhin elf Jahre. Ob diese lange Zeit sich auf die Qualität des Films niedergeschlagen hat, ist allerdings zweifelhaft.
Seit rund zwei Jahrzehnten erfreuen sich Spaßromane auf der Grundlage eigener Beobachtungen und Erfahrungen, manchmal auch Überlegungen großer Beliebtheit. Viele solcher sogenannten Kultbestseller sind schon verfilmt worden, nur Wladimir Kaminers „Russendisko“ hing rund elf Jahre in der Warteschleife.
Dann aber wurde es 2011 ernst. Befeuert vom Erfolg des Roadmovies „Friendship!“ ging Drehbuchautor Oliver Ziegenbalg eine Fassung fürs Kino an, übernahm bei der Verfilmung auch selbst die Regie und holte sich für die Hauptrollen seine beiden „Friend-ship!“-Stars Matthias Schweighöfer und Friedrich Mücke. Jetzt ist der Film da und er ist nicht halb so lustig oder temporeich, wie es der launige Trailer verspricht.
Die Gunst der Stunde
Die Story ist weitgehend wiedererkennbar. Im Juni 1990 herrscht innenpolitisches Tauwetter in der Sowjetunion. Drei junge Männer ergreifen die Gunst der Stunde und beantragen als Russen jüdischer Herkunft humanitäres Asyl für eine Ausreise nach Ost-Berlin. Andrej (Christian Friedel) will schnell zu Geld kommen und vertickert am Bahnhof Getränke und Zigaretten. Mischa (Friedrich Mücke) spielt Gitarre und arbeitet an einer Musikerkarriere. Wladimir (Matthias Schweighöfer) genießt fürs erste das bunte Treiben in der Künstlerszene und verknallt sich in Olga (Peri Baumeister).
In Berlin ist die Mauer gefallen, das Klima ist aufgekratzt, die Stadt atmet Feierstimmung. Wladimirs Mentalität kommt das entgegen, er organisiert eine Party im Zeichen von Polka, Punk und Wodka. Die russische Seele findet ein neues Zuhause in der Russendisko.
Zeitgeschichte aus der Mikroperspektive
Über eine Million Leser ergötzten sich schon an diesem Stück Zeitgeschichte aus der Mikroperspektive. Ob alles genau so gewesen ist, spielt keine Rolle, wenn Blickwinkel und Wortwitz zu sicherer Balance finden. Wie kann es da sein, dass sich nun, im Film, so wenig davon vermittelt und kaum einmal ein Funken von der Leinwand überspringt? Ein Grund dafür ist die sprunghafte Erzählweise. Es gibt eben keinen geschlossenen Handlungsbogen, innerhalb dessen sich Dinge entwickeln. Es gibt Episödchen und Sketche, die wie Perlen an der Schnur aufgereiht sind. Manche zünden aus sich heraus, zu viele aber eben nicht.
Eine Spur zu unbedarft
Und dann ist da dieses Jungmännertrio, das immer eine Spur zu unbedarft, zu gut gelaunt durch die Szenen trudelt. Es ist auf Dauer einfach ermüdend zuzuschauen, wie andere Leute ständig ihren Spaß haben, man selber aber auf dem Trockenen sitzt. Sollte aber beim Erlös der Kinokarte ein Wodka inklusive ausgegeben werden, könnte das die Sache noch einmal entscheidend drehen.