Essen. . Wenn kleine Männer große Frauen lieben: In Jo Nesbøs Krimi-Verfilmung „Headhunters“ geht es um Macht, Geld und Kunstraub. Der brutale Thriller spart nicht an drastischen Szenen und absurden Wendungen.

Skandinavische Ermittler gehören ja eher zu den unauffälligen Vertretern ihrer Zunft. Man weiß zwar von ihrer unvernünftigen Lebensweise, der vermurksten Familiensituation und ein paar unorthodoxen Ermittlungsstrategien. Aber im großen und ganzen sind diese lebensverknautschten Kerle doch recht zahme Zeitgenossen. Harry Hole, der kantige Haudrauf-Ermittler des norwegischen Krimiautoren Jo Nesbø, ist da von anderem Kaliber. Und mancher wartet darauf, diese Type aus 60 Prozent Sarkasmus und 40 Prozent Jim Beam endlich mal als Helden aus Fleisch und Blut zu erleben.

Beim ersten Roman, den Nesbø jetzt zur Verfilmung frei gegeben hat, bleibt Hole indes noch außen vor. „Headhunters“ könnte der Auftakt einer Kino-Krimifolge sein, die weit mehr Blut und allerlei andere Körperflüssigkeiten auf die Leinwand schwemmt, als man das von Skandinavien-Krimis gewöhnt ist.

Tarantino des Nordens

Das unappetitliche Untertauchen im Plumpsklo ist da nur ein Beispiel für Nesbøs Hang zu drastischen Szenen. Auch ein aufgespießter Hund am Gabelstapler ist nicht jedermanns Sache. Dabei nimmt dieser rasant zugespitzte Norwegen-Krimi dort Fahrt auf, wo eigentlich nicht mal das Geld stinkt: In der Galerie der blonden Diana. Ihr Mann mit dem schönen Genre-Namen Roger Brown (Aksel Hennie) ist Headhunter von Beruf, auch wenn sein eigener Kopf recht tief sitzt, knapp bei 1,60. Nesbø erzählt auf rasante, bisweilen auch haarsträubend-brutale Weise, wozu ein kleiner Mann mit einer sehr großen, sehr schönen und sehr blonden Frau fähig ist.

Um ihr ein angemessenes Luxusleben zu finanzieren, vermittelt Brown nicht nur Spitzenkräfte. Er befragt sie in seinen Bewerbungsgesprächen auch gleich nach ihren Kunstvorlieben – und raubt sie dann aus. Als der ebenso smarte wie wohlhabende Clas Greve (Nikolaj Coster-Waldau) irgendwann auch zu Browns Kunden wird, glaubt der diebische Kopfjäger nicht nur einen echten Rubens am Haken zu haben – er entdeckt auch, dass Diana und Greve ein Verhältnis haben.

Von da an schlägt der Film mehr Haken als ein Hase auf der Flucht. Erstes Opfer wird Browns Spießgeselle Ove, sein Komplize beim Sicherheitsdienst. Danach sind Schuss- und Stechwunden nicht mehr zu zählen. Brown und Greve liefern sich eine atemberaubende Hetzjagd durch die norwegische Landschaft, bei der der blasse Brown ein nicht minder ausgeprägtes Talent zum Antihelden zeigt wie Harry Hole.

Regisseur Morten Tyldum ist ebenfalls nicht zimperlich bei der Wahl der Mittel und entwickelt als Tarantino des Nordens ähnliche lakonische Züge. Freunden gut ausgewogener Kinokost dürfte indes nicht nur der hohe Blutanteil auf den Magen schlagen, sondern auch das moralisch zweifelhafte Verzeih-mir-Finale.