Essen.. Daniel Radcliffes Schauspielerleben begann nicht erst mit Harry Potter, und es soll auch mit Joanne K. Rowlings Zauberschüler nicht enden. In dieser Woche kommt das mäßig gruselnde Drama „Die Frau in Schwarz“ in unsere Kinos.
Als Zehnjähriger spielte er 1999 den jungen David Copperfield für eine Charles Dickens-Verfilmung, als Leinwandsohn von Jamie Lee Curtis gab er im „Schneider von Panama“ sein Kinodebüt. Zur weltweiten Kultfigur wurde Daniel Radcliffe schließlich vor elf Jahren als Harry Potter – dessen Abenteuer auch ihm ein zweistelliges Millionenvermögen einbrachten. In seinem ersten Film nach Potter ist Radcliffe in „Die Frau in Schwarz“ als wackerer Anwalt zu erleben, der schauerliche Begegnungen mit Geistern bestehen muss. Dieter Oßwald sprach mit ihm.
Müssen Sie den Leute noch immer beweisen, dass Sie Daniel Radcliffe und nicht der ewige Harry Potter sind?
Radcliffe: Das passiert glücklicherweise immer weniger. Es hat mich zwar nie gestört, wenn mich die Leute auf der Straße mit Harry angesprochen haben. Es ist allerdings durchaus angenehm, dass die meisten Fans mittlerweile meinen richtigen Namen kennen.
War der Mega-Erfolg mit Potter Fluch oder Segen?
Ich bin sehr stolz auf Potter, das war meine Teenager-Zeit und es sind zehn grandiose Jahre für mich gewesen. Es gibt absolut keinen Grund, dass ich Potter den Rücken zukehre. Allerdings möchte ich den Zuschauern zeigen, dass ich diesen Beruf ernst nehme. Mein Ziel ist es, als Schauspieler besser zu werden und möglichst unterschiedliche Figuren zu spielen. Ich möchte mich nicht den Rest meines Lebens auf den „Harry Potter“-Lorbeeren ausruhen.
Eigentlich könnten Sie nach den Gagen für„Potter“ in Pension, was treibt Sie noch zur Arbeit?
Meine Motivation ist ganz einfach: Ich möchte beweisen, dass ich etwas kann. Geld hat für mich nie eine große Rolle gespielt. Jeder Zehnjähriger ist doch völlig aus dem Häuschen, wenn er 100 Pfund bekommt. Ich hatte nie eine richtige Vorstellung von der Höhe meiner Gagen. Aber natürlich gibt Geld einem das grandiose Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.
Ist der Preis des Ruhmes nicht der Verzicht auf ein normales Leben? Können Sie im Supermarkt noch einkaufen?
Auch wenn mir das kaum jemand glauben mag: Ich führe ein ziemlich normales Leben! Wenn ich eine Kapuze aufsetze oder auf den Boden blicke, beachtet mich kein Mensch, da kann ich ziemlich ungestört auch im Supermarkt ganz normal einkaufen.
Welche Rollen bekamen Sie nach Potter angeboten?
Ich bin sehr froh, dass man mir nicht nur Fantasy-Stoffe anbietet, sondern ganz unterschiedliche Rollen, sogar ein Killer war schon einmal im Angebot. Es hat sich vermutlich herumgesprochen, dass ich ein ziemlich seltsamer Typ bin, der auch die etwas merkwürdigeren Figuren verkörpern kann. Ich bin ja in der glücklichen Lage, dass ich nicht jeden Film machen muss, sondern mir aussuchen kann, was mir gefällt.
Gibt es einen Plan für Ihre Karriere?
Guten Geschmack bei der Filmauswahl zu zeigen, scheint mir keine schlechte Idee. Bei einem Brad Pitt-Film kann man fast immer sicher sein, dass er gut ist. Bei George Clooney ist es ganz genauso.
Auf der Bühne sind Sie in „Equus“ nackt aufgetreten, in einer US-Talkshow haben Sie sich das Hemd vom Leib gerissen – wie bewegt einen Briten zu so viel untypischer Freizügigkeit?
Von einem Trend zum Nacktsein würde ich noch nicht ganz sprechen, immerhin habe ich in meiner Karriere ja auch acht Kinderfilme gedreht (lacht). Aber wenn das Drehbuch eine Nacktszene verlangt, habe ich keine Probleme damit, mich auszuziehen.
In diesem Film spielen Sie einen jungen Vater – wäre das auch privat eine Rolle für Sie?
Für einen Vater fühle ich mich noch nicht ganz reif. Aber ich liebe Kinder über alles. Eines Tages möchte ich auf alle Fälle eine Familie gründen und viele, viele Kinder haben. Mein Sohn im Film war übrigens mein Patenkind, was die Arbeit natürlich ausgesprochen erleichtert hat, denn für einen Vierjährigen ist dieser ganze Rummel bei Dreharbeiten schon etwas verwirrend.
Sind Sie ein Fan von Horrorfilmen?
Klassische Geistergeschichten gefallen mir absolut. Um Spannung zu schaffen, muss es ja nicht immer möglichst blutig und brutal zugehen. Unser großes Vorbild bei den Dreharbeiten war „The Others“, dessen beklemmender Atmosphäre wir gerne nacheifern wollten. Als Kind war ich von „Dracula“ mit Christopher Lee absolut begeistert. Mein liebster Horrorfilm ist natürlich „Shining“ von Stanley Kubrick.
Wovor haben Sie im realen Leben Angst?
Als Kind hatte ich Angst vor der Dunkelheit. Heute habe ich Angst vor dem Versagen und auch vor dem Alter. Bislang war immer ich der Jüngste im Raum, heute sind Fußballspieler schon jünger als ich – das gibt mir schon etwas zu denken.