Essen. . Das Kino ist längst nicht mehr nur ein Treffpunkt der Jugend. Längst haben vor allem Arthaus-Kinos entdeckt, dass auch „Best Ager“ wieder verstärkt Filme am richtigen Ort sehen wollen. Vor allem, wenn es um ihre Altersgenossen geht wie in „The Best Exotic Marigold Hotel“.

Wer im deutschen Fernsehgeschäft das bislang übliche Ehrensold-Alter erreicht hat, der heuert schon mal gerne auf einem Unterhaltungsdampfer wie dem „Traumschiff“ an, um zwischen Karibik-Insel und gepflegtem Captain’s-Dinner die letzten Luxusprobleme des Lebens zu erörtern.

Dass es auch ein bisschen unprätentiöser geht, anrührend und gefühlsecht, zeigt jetzt John Madden mit seinem vergnüglichen Selbstfindungstrip für Senioren: „The Best Exotic Marigold Hotel“ verbindet die Buntheit und Leichtigkeit von Bollywood auf wunderbare Weise mit den grauen Eminenzen des britischen Kinos.

Schmaler Pantoffelheld

Tom Wilkinson beispielsweise spielt hier sehr einfühlsam und subtil den alten Richter Graham, der als junger Mann in Indien eine Liebe zurückgelassen hat, für die er sich sein Leben lang schuldig gefühlt hat. Bill Nighys schmalem Pantoffelhelden Douglas hat die eisige Atmosphäre zwischen ihm und seiner grantigen Frau Jean scheinbar jedes Gramm Körperfett entzogen. Und dann ist da noch Judi Dench. Die Oscar-Preisträgerin, sonst die Chefin von James Bond, spielt in diesem Film eine Witwe, die zur ergrauten Berufseinsteigerin wird, nachdem ihr Mann sie mit einem Riesenschuldenberg zurückgelassen hat.

Dabei lernt man mit Evelyn auch gleich den Alltag eines indischen Call-Centers kennen. Was ein wenig an den letzt großen indischen Kinoerfolg „Slumdog Millionär“ erinnert, dessen Hauptdarsteller Dev Patel auch diesmal den quirligen Mittelpunkt in dieser Geschichte um Liebe und Tod, Starrsinn und Zuversicht bildet. Und die Erkenntnis, dass es für Veränderungen nie zu spät ist.

Abgeblätterter Zustand

Und so suchen ein paar wohlhabende Leute jenseits der Pensionsgrenze in Maddens heiter-hintergründigem Indien-Film das (Ur­laubs-) Glück und finden erst mal – eine ziemliche Bruchbude. Das „Best Exotic Marigold“ nämlich ist in einem abgeblätterten Zustand wie seine neuen Bewohner. Aber natürlich haben selbst die mürrischsten Gäste wie die hüftsteife Muriel (Maggie Smith) irgendwann wieder ein Lächeln auf dem Gesicht und dieser verlassene Hotel-Palast eine touristische Zukunft. Und wie Madden diesen Zustand schönster Ausgeglichenheit herstellt, ohne Armut, Slums, Klassenunterschied und die Wunden der britischen Kolonialherrschaft ganz auszublenden, das hat Charme und Geschick.

„The Best Exotic Marigold Hotel“, das ist in grauen Märztagen einfach Ayurveda für die Augen.