Bremen/Essen. . Sabine Postel und Oliver Mommsen sind die Gesichter des Bremer „Tatort“. Und es gibt einen, der sie immer öfter perfekt in Szene setzt: Florian Baxmeyer. Der gebürtige Essener zählt zu einer ganz besonderen Gilde seiner Branche: Er besitzt einen eigenen Oscar.
Zur Riege der Bremer „Tatort-Regisseure gehört, kaum bekannt, ein deutscher Oscar-Preisträger: Florian Baxmeyer. Der gebürtige Essener drehte auch den jüngsten „Tatort“ (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr) mit Sabine Postel und Oliver Mommsen. Jürgen Overkott sprach mit dem Regisseur.
Wenn ich Wikipedia glauben darf, gehören Sie zu den wenigen deutschsprachigen Oscar-Preisträgern.
Florian Baxmeyer: Es stimmt, dass ich für meinen Abschlussfilm „Die rote Jacke“ den Studenten-Oskar gewonnen habe. Im Jahr darauf war der Film für den „richtigen“ Oscar in der Kategorie Kurzfilm nominiert, gewonnen haben wir ihn leider nicht.
Und Florian ging nach Hollywood
Aber Sie waren bei der Gala in Los Angeles. Welche Erinnerungen sind geblieben?
Baxmeyer: Das war das Jahr, in dem „Der Herr der Ringe“ groß abgeräumt hat, Johnny Depp war nominiert für „Fluch der Karibik“, erster Teil. Es war toll, die Leute alle mal live und in Farbe zu sehen.
Haben Sie mit einem großen Hollywood-Stars Tuchfühlung aufnehmen können?
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Baxmeyer: Ich leider nicht, aber mein Kameramann. Wir hatten zwei Tickets für den anschließenden Governor’s Ball, und die haben wir ausgelost. Ich saß am Kurzfilmtisch, hinten in der Ecke, und mein Kameramann war mit der Managerin von Prince ins Gespräch gekommen, und der hatte einen Tisch ganz vorn. Prince selbst ist aber gar nicht gekommen, aber mein Kameramann hat von seiner Managerin ein Ticket bekommen, und so saß er zwischen Johnny Depp, seiner Mutter und seiner (Ex-Frau) Vanessa Paradis, vorn bei der Band.
Wie wurden Sie wahrgenommen?
Baxmeyer: Von der amerikanischen Presse natürlich nicht so, aber ProSieben stand am roten Teppich.
Die Magie der „Drei ???“
War die Oscar-Nominierung ein Karriereschub?
Baxmeyer: Das war sehr hilfreich.
Ihre Filmografie lässt sich auf die Formel bringen: „Die drei ???“ und „Tatort“. Gibt es da eine Schnittmenge?
Baxmeyer: Schon. Es sind beides Krimis. Und dann gibt es noch etwas: Beide sind für die Deutschen eine Art Heiligtum, egal wie alt die Zuschauer sind. Ich habe aber auch ganz andere Filme gedreht. Im Herbst lief zum Beispiel mein Alzheimer Drama „Stiller Abschied“.
Sind Sie mit den „Drei ???“ aufgewachsen?
Baxmeyer: Ich habe die Cassetten rauf- und runtergehört. Ich mache das aber nicht so, wie manche meiner erwachsenen Freunde, dass ich Cassetten immer noch zum Einschlafen höre.
Haben Sie die Cassetten noch?
Baxmeyer: Einen Teil haben mein Bruder und ich auf dem Flohmarkt verkauft, ein Teil ist noch bei meinen Eltern in Kettwig.
„Die drei ???“ sind für Sie eher Vergangenheit, der „Tatort“ ist Zukunft. Und der „Tatort“ scheint im Augenblick nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Warum?
„Große künstlerische Freiheit“
Baxmeyer: Richtig erklären kann ich das nicht. Vielleicht so: Der „Tatort“ ist inzwischen so sehr Teil des Wochenablaufs geworden, dass viele die Krimis gemeinsam gucken. Selbst wenn man den „Tatort“ nicht mag, ist er am nächsten Tag Gesprächsthema. Für mich ist toll, dass ich beim „Tatort“ eine große künstlerische Freiheit habe.
Wo sehen Sie den „Tatort“?
Baxmeyer: Manchmal sehe ich ihn zuhause, manchmal in der Mediathek. Der „Tatort“ gehört zu meinen Hausaufgaben.
Kann man als Filmschaffender unbefangen Fernsehen gucken?
Baxmeyer: Wenn der Film gut ist, auf jeden Fallund wenn der Film funktioniert. Wenn man aber über die Machart nachdenkt, dann stimmt irgendetwas nicht.
Die Tatort-Kommissare
„Ich traue den Netzwerken nicht“
Wie gehen Sie mit Reaktionen auf Ihre Filme um?
Baxmeyer: Ich beschäftige mich schon damit, zum Beispiel was in den Internetforen darüber geschrieben wird. Man muss natürlich unterscheiden. Es gibt gelegentlich sehr euphorische und sehr abwertende Reaktionen, man muss dann sich für sich eine Schnittmenge bilden. Die Reaktionen sind insofern wichtig, weil man, im Gegensatz zum Kino, keinen großen Saal hat und nicht spürt, wie die Leute auf den Film reagieren.
Viele Zuschauer nutzen Twitter, um spontan auf Szenen zu reagieren. Nehmen Sie das wahr, antworten Sie vielleicht sogar?
Baxmeyer: Ich bin ein Verweigerer von sozialen Netzwerken. Ich erhalte ein Transkript vom Sender, ja. Aber ich beteilige mich nicht daran. Ich traue den Netzwerken nicht.
Was macht Sie so skeptisch?
Baxmeyer: Facebook beispielsweise, bietet jedem seine Bühne, und dann werden Sachen gepostet wie „Bin zurück vom Sport, brauche erst mal einen Kaffee“. Ich weiß nicht, ob ich das wissen muss, und ich möchte auch gar nicht immer für alle erreichbar sein. Wenn ich einen kleinen Film gemacht hätte, den ich promoten müsste, würde ich Facebook nutzen. Aber nicht, um der Welt mein Privatleben zum Geschenk zu machen, und ich möchte auch das der anderen nicht kennen.