Ludwigshafen. . Ulrike Folkert ist Deutschlands dienstälteste „Tatort“-Kommissarin. Seit 25 Jahren amtiert sie als Lena Odenthal. Das wäre Anlass für eine knackige Jubiläumsfolge. Und der Titel „Zirkuskind“ gibt Anlass zur Hoffnung. Doch die ARD versemmelt’s.
Hereinspaziert: Im Zirkus geben sich derzeit die deutschen „Tatort“-Kommissare die Dompteurspeitsche in die Hand. Durfte vor kurzem erst LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) in gewohnt skurriler Manier unter den Stars der Manege einen Mörder überführen, so trifft nun die Ludwigshafener Kollegin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) im „Tatort: Zirkuskind“ (So., 20.15 Uhr, ARD) auf die magische, gelegentlich aber auch mörderische Welt der lustigen Clowns, mongolischen Steppenkamele und kühnen Akrobaten. Während Murot den wunderbaren Mikrokosmos voller Träume, Sehnsüchte und Illusionen fast übertrieben ausgekostet hat und sich von allen Krimi-Konventionen löste, verwehren Drehbuch und Regie Lena Odenthal Zutritt auf diese Spielwiese. Für die Kommissarin steht der nüchterne Fall im Vordergrund. Was erst einmal nicht schlecht sein muss.
Ein Familienzirkus, der Antiquitäten schmuggelt
TatortAls der kleine Familienzirkus Burani in Ludwigshafen Station macht, wird eines Morgens der Feuerschlucker des Ensembles tot in der Manege aufgefunden. Ein Verdächtiger gerät zunächst nicht ins Visier der Kriminalisten, wobei Odenthal einige Typen und Ungereimtheiten stutzig machen. Da wären zunächst der zwielichtige Robbi (sehenswert: Hanno Koffler), der Bruder des Ermordeten, die unterkühlte Zirkuschefin Louisiana oder auch deren hübsche, verschlossene Tochter Felicitas. Odenthal und Kompagnon Kopper (Andreas Hoppe) finden zudem heraus, dass der Zirkus zuletzt im Winterlager in Tunesien war und offenbar die Gunst der Stunde genutzt hatte zu schmuggeln: keine Drogen, sondern Antiquitäten, für die es einen Haufen Geld gibt …
Dem Odenthal-„Tatort“ fehlen nicht jene Momente, die aus einer schnöden Mord-Ermittlung einen Krimi machen. Was aber schmerzlich vermisst wird, sind ein großer Spannungsbogen und ein gewisses Tempo, die den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute mitnehmen.
Bloße Hintergrund-Kulisse
Folkerts und Kopper spielen ihr Pensum routiniert und solide, ja bisweilen gemächlich herunter, ohne ihrer eigentümlichen Beziehung neue Impulse hinzufügen zu können.
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Es gibt wieder den obligatorischen Spezial-Espresso für Lena, das gemeinsame Glas Wein am Abend, den Hinweis auf das ungesäuberte Katzenklo, und selbstverständlich wird auch Koppers Liebe zu alten italienischen Autos fotografisch erstklassig in Szene gesetzt. Alles gut, alles schon erzählt. Dabei böte die zirzensische Glitzerwelt jede Menge Variationsmöglichkeiten für einen stimmigen Kriminalfall, ohne gleich überhitzen zu müssen, wie Kollege Tukur es sehenden Auges tat.
Regisseur Till Endemann begnügt sich jedoch damit, Lena Odenthal in einer Szene bedeutungsschwanger über ein Drahtseil tanzen zu lassen. Applaus, Applaus! Und Vorhang zu! Der Zirkus bleibt somit bloß Hintergrund-Kulisse für einen Mordfall, der genauso gut in einem sozialen Brennpunkt hätte inszeniert werden können. Folkerts geht seit 1989 als Lena Odenthal auf Mörderjagd, sie ist damit die dienstälteste „Tatort“-Kommissarin. Zu ihrem Jubiläum hätte man ihr einen etwas bunteren, frischeren Blumenstrauß gewünscht.