Essen. . Bei „Fashion Hero“ bieten Jungdesigner ihre Entwürfe großen Modefirmen an. Pro Sieben verkauft ihnen gleich die ganze Sendung. Die Show mit Top-Model Claudia Schiffer ist eine Mischung aus Casting und Tele-Shopping und schafft noch ein zweites Kunststück: jedes Branchenklischee zu bedienen.
Um tollkühne Ankündigungen sind sie bei Pro Sieben nie verlegen. Schon gar nicht, wenn es um die Modebranche geht. Dann wird die Superlativkanone abgefeuert, bis auch der letzte Zweifel geplättet ist, dass hier Fernsehgeschichte geschrieben wird. Man kennt das aus „Germany's Next Topmodel“.
„Fashion Hero“, die neuste Show von der (Kleider-)Stange des Senders, toppt in der Beziehung selbst den Klum-Standard. „Die besten Modedesigner gibt es nicht in New York oder Paris, sondern bei Pro Sieben“, verkündet ein Sprecher am Anfang der Sendung. Weiter geht’s: „Sie sind die Kreativsten“, „Sie leben für Mode“ und, besonders schön: „mithilfe ihrer Vorstellungskraft wird aus einem bisschen Stoff einzigartige Fashion.“
"Fashion Hero" ist Dauerwerbesendung mit B-Klasse-Besetzung
Wer sind diese Übermenschen? Es sind junge Designer auf der Suche nach Startkapital. Nun könnte Pro Sieben dem kreativen Nachwuchs bei "Fashion Hero" natürlich Geld geben. Viel billiger ist es aber, sich das Ganze sponsern zu lassen. Also sitzen drei Endabnehmer in der Jury, die ihre jeweiligen Firmen im Stile einer Dauerwerbesendung anpreisen. Das wäre vielleicht OK, wenn die Vertriebler von Chanel oder Prada stammten. Leider hat es bei dieser Sendung nur für Karstadt, S. Oliver und einen Online-Versand namens „Asos“ gereicht.
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Der mangelnde Glamour seiner Kaufhauskette hält den Karstadt-Mann nicht davon ab, sich wie Peter Scholl-Latour beim Syrien-Talk aufzuführen. „Ich brauche Ruhe!“, mahnt er mehrfach an. Dann kritzelt er bedeutungschwanger in seinem „berühmten“ Notizblock herum – als hätte irgendein Zuschauer jemals von der Schreibunterlage, oder ihrem Besitzer, gehört. Ansonsten gibt sich der glatzköpfige Schweizer wortkarg und stirnrunzelnd. Es ist ein tougher Job da draußen, aber einer muss ihn machen.
Leider nehmen sich viele der "Fashion Hero"-Kandidaten kaum weniger ernst. „Ich hasse den Stillstand“, tönt Jungspund Rayan. „Meine letzte Niederlage ist lange her“, gibt Konkurrent Marcel zu Protokoll. Designerin Doris ist „superperfektionistisch“ und kann „im Umgangston noch wachsen“, sprich: freundlicher werden.
Claudia Schiffer ist 40
"Sexy is my middle name"
Bei einer Sendung im Modemilieu dürfen die Exzentriker nicht fehlen. Vorhang auf für Sascha Lilic: Monokelträger, Schwarzfetischist und katzenstreichelnder Endgegner in einem nie gedrehten Bond-Film der 60er Jahre. Angeblich hat Lilic als Stylist viele internationale Stars beraten, weshalb er gerne ins Englische fällt. „'Sexy' is my middle name“ lässt Lilic wissen. „Das ist geiles Customizing“ jubelt er an anderer Stelle. Hätte Lilic ein Tattoo auf der Stirn – es würde lauten: „Bitte sprechen Sie mich auf meinen Job in der Modebranche an.“
Leider ist die einzige Komik in der Sendung "Fashion Hero" die unfreiwillige. Etwa, wenn die Entwürfe der Kandidaten per Einblendung gelobt werden („Teardrop-Opening: schmeichelt kleinem Busen“). Oder wenn Co-Jurorin Uta Huesch die tiefe Einsicht weitergibt, dass Haute Couture nicht für den Alltag gedacht ist. Auf einer Pariser Modenschau habe sie neulich eine Ritterrüstung erspäht. Sowas von unpraktisch. „Du musst auch hinter deinem Kind herrennen können – das geht in einer Rüstung nicht!“
Claudia Schiffer, Co-Jurorin und vermeintlicher Star der Sendung "Fashion Hero", bleibt derweil völlig blass. Aber was soll sie machen? Über das Weiterkommen der Kandidaten entscheidet das Trio aus der freien Wirtschaft. „Der Einkäufer bin ich!“, stellt der Mann von Karstadt klar. Wahrscheinlich meint er den Einkauf der Sendung.