Essen. Nominierungen und Dankesreden im Schweinsgalopp, nur unterbrochen von den schlechten Witzen des Moderatoren-Duos Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher – die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises hätte dieses Jahr besser hinter verschlossenen Türen stattgefunden anstatt in Sat1.
Die Gala zur Verleihung des Deutschen Fernsehpreises auf Sat1 hätte langatmiger kaum sein können. Die beiden Moderatoren Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher sorgten zwischen den einzelnen Preisübergaben für peinliche Momente. Dazu gab es von den Geehrten jede Menge Lob für ihre Fernsehsender. Fast war man als Zuschauer geneigt, in Gedenken an den großartigen Auftritt des verstorbenen Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki die Hände zu heben und zu sagen: „Ich sehe mir diesen Preis nicht an!“
Zwei Wochen lang haben Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher gemeinsam die Doku-Show „Promi Big Brother“ moderiert. Dort haben sie sich allabendlich mehr Mühe gegeben als beim Deutschen Fernsehpreis. Ihre Gags hatten sie dort wohl alle verbraucht. Übrig blieben nur die üblichen Zoten: Cindy witzelte über ihre Figur, Pocher nahm sein eigenes Privatleben auf die Schippe. Höhepunkt der Peinlichkeiten: Der Lügendetektor beim Interviewtermin zwang die beiden zur Ehrlichkeit. Ob es Scherz oder Ernst war, als Pocher sagte: „Letztendlich nehme ich alles, was kommt.“
Palina Rojinski beim Fernsehpreis in Tränen aus
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Zum Glück blieb nicht viel Zeit für solche Sketche. Denn es mussten insgesamt 18 Preise verteilt werden. Und das hieß: Nominierungen, Glückwünsche und Reden wie am Laufband. Ein paar interessante Momente entstanden dann aber doch. Etwa als Palina Rojinski in Tränen ausbricht. Die Tanz-Show „Got to Dance“, in der sie als Jurorin mitwirkte, wurde in der Kategorie „Beste Unterhaltung Show“ ausgezeichnet. Rojinski dankte vor allem den Teilnehmern für ihren Mut.
Damit traf sie den Nerv des Abends. So viele Mitwirkende haben im letzten Jahr Mut bewiesen, besonders viele Fernsehsender. Jede zweite Dankesrede endete mit den Worten „… und ich danke den Intendanten von Sender XY für ihren Mut.“ Offenbar waren die TV-Formate des vergangenen Jahres so bahnbrechend revolutionär, dass der Zuschauer zuhause sie fast nicht zu sehen bekommen hätte.
Doku-Show „Auf der Flucht – Das Experiment“ angesichts der Tragödie vor Lampedusa wieder aktuell
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Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Dokumentation „Auf der Flucht – Das Experiment“ hätten sich viele Zuschauer und Kritiker über mehr Feigheit beim ZDF gefreut. Die Sendung wurde in der Kategorie „Beste Unterhaltung Doku / Dokutainment“ ausgezeichnet. Ein paar semi-prominente Versuchskaninchen hatten die Aufgabe, den Weg vieler Flüchtlinge aus Afrika nachzustellen. Angesichts des Flüchtlingsdramas vor Lampedusa ein nur allzu aktuelles Thema. Die Macher der Dokumentation betonten, dass auf die Problematik aufmerksam gemacht werden müsse, egal in welcher Form. Kandidatin Mirja du Mont zeigte sich sehr betroffen: „Ich widme diese Reise 45 Millionen Menschen, die in diesem Moment auf der Flucht sind.“
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Sichtlich gerührt waren die Zuschauer im Saal von der Dankesrede von Leonard Carow, der den Förderpreis erhielt. Unscheinbar und Milchbubihaft wirkte der Nachwuchsschauspieler, er war der Jury aber wegen zwei Rollen im Gedächtnis geblieben: Im Tatort „Dinge, die noch zu tun sind“ spielte er einen Drogendealer, in „Und alle haben geschwiegen“ einen Jungen, der aus einem kirchlichen Waisenheim ausbricht. Zitternd bedankte er sich für den Preis: „Schön, dass es euch gefallen hat.“
Nach welchen Kriterien die Jury die Preise beim Deutschen Fernsehpreis 2013 verteilt hatte, manchmal war es nicht nachzuvollziehen. Gut ist letztlich aber, was gefällt. Deshalb durften die Zuschauer einen Preisträger selber wählen, und zwar den Publikumspreis “Beste Nachrichtensendung“. Der ging an das ZDF „heute-journal“ mit Klaus Kleber und Marietta Slomka, die es vorzogen, an diesem Abend zu arbeiten. Man kann es ihnen nicht verdenken.
Promis beim Fernsehpreis